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Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage

Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage

Titel: Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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warnen und einen Langzeitplan gegen die drohende Antriebslosigkeit zu entwickeln.
    Forschungsstätten und Denkwerke entstanden allerorten auf dem Planeten. Plump und ungefüge wirkten sie; grob zusammengehämmert und ohne jeglichen Pomp ausgestattet. Plätze, an denen man nichts anderes tat, als zu diskutieren und zu denken.
    Der Rektoride Zimbulian betrat seine liebste Wirkungsstätte, den Großen Lehrsaal. Eine große Schar wissenshungriger Schüler blickte ihm erwartungsvoll entgegen. Ihnen allen war höchstes Interesse an seinen Ausführungen ins Gesicht geschrieben.
    »Ich grüße euch«, sagte Zimbulian in die Runde, während er möglichst würdevoll zum Podest in der Mitte schritt. Er wusste, dass er eine beeindruckende, gut tragende Stimme besaß, die jedermann augenblicklich in ihren Bann zog. Im täglichen Kampf um die Wissenserziehung der Jungen war sie seine beste Waffe.
    Kampf … Dieses Wort besaß einen archaischen Beigeschmack. Die Zeiten persönlicher Auseinandersetzungen oder Kriege waren längst vorbei. Sie lebten bestenfalls als Theoreme oder schlechte Erinnerungen, als Muster ohne Wert, in ihren Erinnerungen fort.
    »Wir sind das Volk «, fuhr Zimbulian schließlich fort. »Überheblichkeit ist nicht angebracht; dennoch verfügen wir über Gaben, die uns über alle anderen Wesen unseres Heimatplaneten erheben. Und diese stecken hier drinnen.« Mit dem Arm deutete er auf seinen Kopf. »Scharfsinn. Soziales Bewusstsein. Glaube an die eigene Stärke. Emotionelle und rationale Intelligenz. Das alles besitzen wir im Übermaß.«
    Der Rektoride sah sich im Saal um. Die Sitztreppen boten keinerlei Komfort, aber niemand der mehr als zweihundert Anwesenden schien sich daran zu stören.
    »Es muss einen besonderen Auslöser für unsere Bewusstseinswerdung gegeben haben. Sie überkam uns plötzlich, überfallartig, grundlos. Den Philosophen und Evolutionswissenschaftlern zufolge hätte sie schleichend und in mehreren kleinen Schüben geschehen müssen.« Zimbulian seufzte. »Ein Geheimnis umgibt also unser Leben. Eines, das wir wahrscheinlich niemals lösen werden können. Aber« – er hob den Kopf und sah mehrere seiner neuen Schüler bedeutungsvoll an – »wir sind in der Lage, die Zukunft unserer Existenz zu extrapolieren. Einerseits hat uns ein unbekannter Schöpfer die Gabe verweigert, kraft unserer Hände Schönes und Wertvolles zu schaffen. Wir versagen dabei, viele unserer Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Doch andererseits können wir uns auf einen alten Lehrsatz verlassen, der da lautet: Die wahren Abenteuer sind im Kopf.«
    Zimbulian trank in kleinen Schlückchen vom bereitstehenden Wasser. Bedauernd blickte er die klobige Tasse an. Sie war schief und eckig getöpfert.
    »Unsere Hinfälligkeiten werden es wohl niemals erlauben, dass wir unsere Heimat verlassen und ins All hinaus reisen. Dies mag bedauernswert erscheinen, aber wir müssen uns darauf einstellen. Bestandteil des Lehrplans für Erstjährler wird es daher sein, die theoretischen Möglichkeiten bemannter Raumfahrt durchzudiskutieren.«
    Lautes Raunen ging durchs Publikum. Man hatte geahnt, dass er, der Rektoride, heute ein sensationelles Programm veröffentlichen würde. Aber mit dem Gedankenkonstrukt einer Reise ins Schwarze Nichts hatte wohl niemand gerechnet.
    »Die Bandbreite der angebotenen Kurse reicht von der Angewandten Mathematik über Statistik, Statik, Soziales, Werks- und Materiallehre, Ballistik, Antriebstechniken und fünfzehn weitere Bereiche. Ich bin mir sicher, dass für jeden von euch etwas dabei sein wird. Ab dem dritten Lehrjahr besteht die Möglichkeit, sich ein anderes Fachthema auszusuchen und Basiswissen anzuhäufen, das einem weiteren Studiumsleben dienlich sein wird. Parallel dazu wird die Möglichkeit angeboten, sich in nexialistischer Tradition einer Zusammenführung aller Raumfahrtskurse zu widmen. Ich bin mir sicher, dass der eine oder andere besonderes Interesse an einer derartigen Aufgabe findet.« Ein letztes Mal drehte sich Zimbulian im Kreis, betrachtete zufrieden die jungen Männer und Frauen. Dann sah er zum Fenster hinaus, auf den nahe gelegenen See, und lächelte glücklich. »Ich freue mich, euch an meiner Wissensuniversität begrüßen zu dürfen. Ich bitte euch, jegliche Gelegenheit zu nutzen und gegen die dröge Teilnahmslosigkeit anzukämpfen, die in jedem von uns steckt. Das Volk kann lediglich überleben, wenn es eine Aufgabe besitzt. Vergesst das bitte niemals …«

 
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