Atlan 03 - Lepso 03 - Befreiung in Camouflage
…«
»Ja?«
»Es wäre äußerst schlecht für meinen Ruf, würde ich auf eine Belohnung verzichten. Mein Erster Wesir besitzt eine sehr gute Spürnase, wie du weißt. Er meinte, du würdest dich aus Dankbarkeit meinen Mitarbeitern und mir gegenüber in großem Rahmen erkenntlich erweisen.«
»Nochmals schöne Grüße an Kampt Ruyten. Ihr beide seid in der Tat ein feines Pärchen.« Ich mochte den Kerl, der ein gutes Geschäft im wahrsten Sinne des Wortes erschnüffeln konnte. Doch hier und jetzt würde mir seine Fähigkeit teuer zu stehen kommen.
»Was willst du mir also anbieten?«, bohrte Tipa Riordan nach.
Ich errichtete ein Schallfeld, das den Rest der Besatzung von meiner Unterhaltung ausschloss. »Du hast Ruhe vor jeglicher Verfolgung während der nächsten zehn Jahre, vorausgesetzt, du bedienst dich bei deinen Raubüberfällen nicht an terranischen Einrichtungen oder jenen der USO.«
»Weiter?«
»Ich stelle dich und deine … Piraten für alle Untaten der Vergangenheit straffrei. Intergalaktische Gerichtshöfe mögen das zwar anders beurteilen – aber für die Agenten der USO sind deine Unterlagen von nun an weiß wie die Unschuld, die du nicht mehr besitzt.«
»Bis jetzt habe ich bloß Angebote vernommen, die ohnehin erst zählen, wenn man mich erwischt – und damit ist nicht zu rechnen. Willst du nicht noch etwas drauflegen, was mein Herz wirklich erfreut?«
»Geld?«, fragte ich zähneknirschend. »Güter? Logistische Unterstützung bei der Aufbesserung deiner maroden Piratenschiffe?«
»Vielleicht ein bisschen von alledem«, gab Tipa Riordan lächelnd zur Antwort. Sie fläzte sich in ein Sofa und überkreuzte ihre dürren Beine. »Lass uns noch ein wenig ins Detail gehen …«
Wir näherten uns mit aller gebotenen Vorsicht jenen Koordinaten, die wir aus den Unterlagen der da Tromin transkribiert hatten. Hier musste sich Camouflage befinden. Meine Augen tränten, mein Herz schlug schneller als gewohnt.
Soeben war der 3. Mai 3102 angebrochen. Bislang hatte ich jeglichen Gedanken, dass wir zu spät kommen könnten, weit von mir geschoben. Doch nun, im Moment der Wahrheit, packten mich Ängste. Ängste, einen falschen Weg genommen zu haben.
Artemio Hoffins besaß einen Vorsprung von nahezu zwei Monaten. Am 7. März des Jahres hatte er aufgrund meiner Unvorsichtigkeit das letzte Tyarez-Schiff auf Lepso ausfindig gemacht und war mit Opryn da Onur in Richtung Camouflage aufgebrochen. Meine Karten waren denkbar schlecht – und dennoch wollte ich mich von den aufkeimenden Gefühlen der Resignation unter keinen Umständen verunsichern lassen.
»Ich habe nichts in der passiven Ortung«, sagte Zippo Gull nach geraumer Zeit. »Abgesehen von einem Asteroidenschwarm, dessen größtes Exemplar kaum mehr als fünfzig Meter misst, ist der Raum hier so leer wie mein Konto.« Er nahm den Daten-Kopfhörer ab und sah mich ausdruckslos an.
»Wie sieht es im Inneren des Schwarms aus? Hält sich Camouflage vielleicht dort verborgen?«
»Nein. Die Asteroiden treiben wild durcheinander und beeinflussen sich in ihren Schwerefeldern gegenseitig. Dort ist mit Sicherheit kein Platz für ein einigermaßen großes Objekt.«
Wir befanden uns in einer sternenarmen Region im Einflussbereich des Solaren Imperiums. Die nächstgelegene Sonne stand knapp eineinhalb Lichtjahre entfernt, die Dichte an Himmelskörpern war bemerkenswert gering. Nirgendwo waren Besonderheiten zu orten. Keine Schwarzen Löcher, keine Pulsare, keine Mehrfachsternsysteme. Möglicherweise hatte dieser Aspekt die Tyarez zur Auswahl ihres Rückzugsgebiets bewogen.
Die Distanz zur Erde betrug 13.486 Lichtjahre. In einer relativen Nähe von 99 Lichtjahren befand sich das Baddon-System, dessen lebensfreundlicher Planet Stiftermann III seit mehreren Jahrzehnten zu einem Stützpunkt der Solaren Flotte ausgebaut wurde. Auch die Arkoniden unterhielten nahe der Riesensonne Cyreia einen kleinen Beobachtungsposten, während sich weder Dabrifa noch Blues noch Zentralgalaktische Union um diesen Bereich der Milchstraße scherten.
Wo aber versteckte sich »Camouflage«?
Die Bezeichnung, höchstwahrscheinlich eine Übersetzung aus der Tyarez-Sprache, wies überdeutlich auf Tarnung und Täuschung hin. Die Hautgeschöpfe mussten in dieser Beziehung meisterliche Eigenschaften entwickelt haben. Ihre letztmalige Erwähnung in den Geschichtsbüchern der Milchstraße datierte schließlich mehrere Jahrhunderte zurück. Seitdem hatten sie als verschollen
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