Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit
zurück und ließ das Wasser in die inneren Augenwinkel fließen.
Neife stöhnte und erwachte davon.
Sie wollte auffahren. Ich drückte sie auf die Unterlage zurück. Mehrfach musste ich sie ansprechen, bis sie mich verstand. »Ich weiß, das ist unangenehm, aber tun Sie bitte, was ich sage. Bitte bewegen Sie Ihre Augen unablässig, solange ich das Wasser über Ihr Gesicht fließen lasse. Ja, genau so ist es richtig.« Ich sah, wie schwer es ihr fiel, doch sie verdrehte ihre Augen hin und her, während ich die Spülung wenigstens zehn Minuten lang fortsetzte. Danach entfernte ich meine Uniformjacke und behandelte in gleicher Weise ihren verätzten Oberkörper.
Patty Ochomsova füllte die Flasche zwischendurch immer wieder neu.
Dann reichte sie mir das Medpack aus der Pilotenkanzel. Es war nur für absolute Notfälle gedacht und enthielt einen Hochdruckinjektor, eine Gewebesprühpistole, ein paar Medikamente und antiseptische Verbände herkömmlicher Form. Ich trug einen Belag aus Neutro-Biomolplast an den verätzten Hautpartien auf; der aus lebendem Gewebe bestehende Gelfilm war mit säureneutralisierenden Substanzen angereichert und beugte zugleich Infektionen vor. Die Augen erhielten weiche Kompressen. Ich fand ein Breitbandmedikament, das kreislaufstabilisierend und zudem schmerzstillend wirkte. Ich erklärte Neife, was ich tat und dass sie nicht erschrecken möge. Sie nickte, tastete, durch die Kompressen blind, nach meiner Hand und drückte sie. Ich nahm den Zellaktivator erneut ab und legte ihn Neife auf die Brust. Anschließend entfaltete ich eine Securdecke aus dünner Metallfolie und deckte Neife damit zu. Mehr gab das Notfall-Medpack nicht mehr her. Dann nahm ich den Injektor zur Hand. Während die Hochdruckspritze zischte, suchte ich den Blick Museks.
»Was ist mit Ihnen? Haben Sie starke Schmerzen?«
Der persönliche Berater winkte ab. »Ich halte es schon noch aus, bis wir in Genzez sind.« Sein gequältes Lächeln sprach seinen Worten Hohn.
Ich atmete tief ein, füllte die Hochdruckkammer neu und verabreichte auch ihm eine Dosis des Medikaments. »Ich fürchte, das wird ein Problem, Mr. Musek. Glauben Sie, man wird Sie einfach so in Genzez aussteigen und in das nächste Hospital spazieren lassen?«
Er sah mir erschrocken in die Augen. Doch schon im nächsten Moment fasste er sich. »Sie haben Recht, Koramal. Ich … ich werde mich wohl erst noch an unseren neuen Status als Flüchtlinge gewöhnen müssen.« Er sah die Pilotin an. »Kann ich bitte ein Glas Wasser bekommen?«
Patty Ochomsova stemmte die Hände in die gut gepolsterten Hüften. »Ja klar, und das Buffet eröffnet um neun.« Dennoch nahm sie eines der Gläser, füllte es und reichte es dem schwarzhaarigen Mann. Als sie sich aufrichtete, sah sie uns alle der Reihe nach an.
»So, Leute, jetzt macht mal halblang, ja? Kann mir erst mal einer erklären, was eigentlich abgeht bei eurer Party?«
Trilith nahm schweigend ihren Posten an der Wand wieder ein. Sie kratzte sich hingebungsvoll unterhalb des linken Kniegelenks und ignorierte die Pilotin. Musek und ich wechselten hingegen einen Blick des Einverständnisses.
»Ms. Ochomsova, wir sind in einer mehr als nur misslichen Lage«, begann ich. »Sie wissen, wir sind auf der Flucht. Wie Sie schon richtig erkannt haben, haben wir – nun ja, gewisse Differenzen mit dem Kalfaktor Ponter Nastase. Ich darf Ihnen versichern: Sie und Ihr Schiff waren unsere letzte Rettung. Nur aufgrund eines glücklichen Ausfalls einiger Vitalscanner haben wir Zuflucht in Ihrem Segment-Container finden können – und das buchstäblich im letzten Moment.
Andernfalls wären wir längst verhaftet oder, sehr viel wahrscheinlicher, tot. Haben Sie mitbekommen, was in der ZUIM unmittelbar vor Ihrem Start geschehen ist?«
»Mitty schickte eine Nachricht«, antwortete die Pilotin dumpf »Ich sah Nastases Bonzenansprache. Die Die-Varidis-ist-an-allem-schuld-Version. Die eine Krähe hackt der anderen gerade beide Augen aus, was?«
»Ein leider nur zu sehr die wahren Zustände treffendes Bild, Ms. Ochomsova«, ließ Musek sich aus seinem Sessel vernehmen. »Die Krähe mit den ausgehackten Augen befindet sich gegenwärtig in Ihrem Quartier. Ich bin Oderich Musek, der persönliche Berater der Kalfaktorin für Aufklärung.«
»Das ist Neife Varidis?«, entfuhr es Patty. »Die Kalfaktorin? Ohne Scheiß?«
»Ich bedauere sehr, dass wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten, Ms. Ochomsova.« Musek neigte den Kopf und bat allein
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