Atlan 06 - Rudyn 03 - Acht Tage Ewigkeit
Vielleicht zehn, zwölf Siedlungen.«
»Wer sind diese Leute?«
Patty seufzte. »Schwer zu sagen. Ich war nur einmal bei ihnen. Die einen meinen, es sind hauptsächlich an der Union Gescheiterte. Menschen, die selbst das einfachste Leben außerhalb jeglicher Zivilisation dem uniformen Gehorsam in den Städten vorziehen. Sie halten sich aus allem raus, interessieren sich einen feuchten Kehricht für die Scheiß-Politik. Berg-Rudyner eben. Die anderen sagen, es sind allesamt Aussteiger, Systemverweigerer, Glaubenseiferer, Sich-selbst-Suchende und andere Arbeitsscheue. Da Artur bei ihnen lebt, neige ich zur letzteren Ansicht.« Sie lachte auf »Das würde glatt zu ihm passen. Den ganzen Tag faul in einer Hängematte liegen, dieses Haidumkraut rauchen und den Generalkalfaktor einen guten Mann sein lassen.«
Meinen Glückwunsch! , mäkelte der Extrasinn. Du bist auf dem Weg zur hiesigen Hippie-Kolonie. Denke daran, dir eine Blume ins Haar zu stecken.
Der Grundgedanke der terranischen Hippie-Bewegung war Frieden , versetzte ich. Frieden und Freiheit. Nicht das Schlechteste, was Rudyn derzeit passieren könnte.
Aber das Unwahrscheinlichste, das passieren wird.
Trilith und Oderich mussten sich die hinteren Sitze teilen. Neife benötigte den meisten Platz und erhielt den vorderen Beifahrersessel. Patty instruierte mich in der Handhabung der Steuerelemente. Ungewohnt waren allein die unförmigen Jetbooster und der vergleichsweise schwach ausgelegte Antigrav, der auch die Andruckneutralisatoren speiste. Extreme Manöver würden deutlich zu spüren sein. In Bodennähe verzichtete der Schweber auf die Booster und nutzte ein Prallfeldkissen. Die maximale Operationshöhe betrug 9000 Meter.
Bis da hinunter mussten wir.
Patty nestelte an ihrem Hals und förderte eine Kette mit einer Medaille zutage. Sie reichte sie mir und trug mir auf, sie Artur zu zeigen. Und ihn dabei an Perendez IV zu erinnern. Die Plakette war ein Verdienstabzeichen 1. Klasse für besondere Einsätze der Unionsflotte. Ich legte mir die Kette um den Hals. Die Medaille klimperte am Gehäuse des Zellaktivators, den ich wieder an mich genommen hatte.
»Danke – für alles«, sagte ich. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie Ihre Hilfe nicht zu bereuen brauchen.«
»Tritt ihnen einfach in den Arsch.« Sie winkte und schloss die Tür des Schwebers. Sie sagte noch etwas, ich las es von ihren Lippen ab. Ich komme schon klar. Dann drehte sie sich um und verließ die Schleusenkammer.
Minuten später meldete sie sich per Interkom aus der Pilotenkanzel.
»Seid ihr soweit? Schweber, bitte TORB.«
»Treibstoff, Oxygen, Radio, Batterie … okay«, las ich ab.
»Bitte ABBA.«
»Andruckabsorber, Booster, Bremsumkehr, Antigrav … okay.«
»Noch etwa zwei Minuten«, kam es zurück. »Wir unterschreiten gerade die Fünfzehn-Kilometer-Marke. Ich simuliere ab jetzt sporadischen Prallschirmausfall. – He, Leute, das da kommt gerade rein.«
Sie schaltete um. Ihr Mondgesicht verschwand. Dafür erschien ein mir unbekannter Mann im TriVid-Monitor, offenbar der Kommentator einer Nachrichtensendung.
Ein Ruck traf den Frachter. Wir wurden gehörig durchgeschüttelt. Patty hatte den Prallschirm desaktiviert. Ich schaltete die energetischen Gurtfelder der Sitze ein. Wir wurden sanft in die Konturschalen gepresst.
»… noch immer ist im Regierungsviertel die Ruhe nicht wieder eingekehrt. Schwerbewaffnete Soldaten patrouillieren, weite Bereiche des OPRALS sind abgesperrt. Alles wartet auf die Rückkehr geordneter Verhältnisse. Die verhafteten Kalfaktoren hoffen, so sagte ein Sprecher Ponter Nastases, auf einen gewaltsamen Befreiungsversuch der Neife Varidis nahestehenden Terrorgruppe ARM, des so genannten Anti-Reaktionären Machtmonopols. Natürlich ist diese irrwitzige Hoffnung ein Ausdruck tiefgreifender Verzweiflung, nach dem gescheiterten Putsch der ehemaligen Geheimdienstchefin doch noch irgendwo einen Silberstreif am Horizont zu erblicken.«
Das Schütteln hörte schlagartig auf. Offenbar »funktionierte« der Prallschirm wieder – für den Moment.
»… doch es bestehe keinerlei Anlass mehr zur Sorge, ließ der Kalfaktor für Wissenschaften verlauten. Seine ihm treuen Kollegen, sowohl er als auch die gut geschulten Kräfte des Wissenschaftlichen Überwachungskorps haben die Lage unter Kontrolle. Neife Varidis ist ohne jeden Zweifel tot. Die von ihr geleiteten Terrorzellen sind entweder ausgeschaltet oder identifiziert; mit weiteren, zeitnahen Verhaftungen ist daher
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