Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
in die Seite und schleuderte sie quer durch den Raum.
»Beeilen Sie sich, Atlan!«, hörte ich Shareen von jenseits des Durchgangs.
Ich wollte Trilith zu Hilfe eilen, aber das war gar nicht nötig. Sie stand längst wieder.
»Trilith!«, rief ich. »Hier her!«
»Wohin so schnell, Lordadmiral?«, knurrte es neben mir. Die Pranke von Moltek Zess legte sich schwer auf meine Schulter. Dort blieb sie allerdings nur eine Sekunde.
Das ausdruckslose Gesicht Waheijathius tauchte direkt neben dem entschlossen wirkenden Ertruser auf. Die langen, flachen Arme des Sujadin schlangen sich wie Gummischnüre um den ausladenden Oberkörper des Hünen und rissen ihn von mir weg. Die von der GAHENTEPE erzeugten Pseudokörper mussten ganz erstaunliche Kräfte besitzen.
Währenddessen kümmerte sich Gasuijamuo um die übrigen vier Deubtars, die aufgrund der räumlichen Enge ohnehin nur eingeschränkt agieren konnten. Trilith huschte an mir vorbei und verschwand in dem von Shareen freigelegten Stollen. Ich beeilte mich, ihr zu folgen. Hinter mir ertönten lautes Poltern und Schmerzensschreie.
Zu dritt hetzten wir durch den relativ schmalen Tunnel. Shareen hatte eine Fackel angezündet und lief voraus. Nach etwa hundert Metern öffnete sich der Stollen in eine kleine Höhle, von der drei weitere Gänge abzweigten. Wir nahmen den mittleren. Ich drehte mich kurz um und erkannte, dass die Sujadin inzwischen aufgeschlossen hatten. Von Moltek Zess und seinen Kumpanen war dagegen nichts zu sehen. Hoffentlich waren Waheijathiu und Gasuijamuo nicht allzu übel mit ihnen umgesprungen.
Dank meines fotografischen Gedächtnisses und der Hinweise des Extrasinns merkte ich schnell, dass wir uns nicht nur vom Hauptschacht der Mine weg bewegten, sondern auch in die Tiefe strebten. Ich zog das Tempo an, quetschte mich an Trilith vorbei und setzte mich direkt hinter die Terranerin.
»Wohin bringen Sie uns?«
»Ins Archiv«, antwortete Shareen Deubtar ohne sich umzudrehen. Ich wartete darauf, dass sie eine weitere Erklärung abgab, doch die kam nicht. Für einen Moment war ich versucht, nachzufragen, verzichtete dann aber darauf.
Shareen lotste uns zwanzig Minuten durch einen wahren Irrgarten von Gängen und Höhlen. Zweimal mussten wir breite Felsspalten überwinden und uns – nur von mit Stahlhaken in den Stein geschlagenen Seilen unterstützt – über schmale Vorsprünge hangeln. Schließlich betraten wir eine Kaverne, deren Wände sich zehn Meter über uns zu einer Kuppel schlossen. Von irgendwoher hörte ich das Plätschern von Wasser. Es war selbst für meine Begriffe unerträglich heiß und schwül. Die Luft war verbraucht und stickig.
Die Terranerin entzündete drei weitere Fackeln, die in metallenen Halterungen steckten. Mit einem Mal lag die gesamte Höhle hell erleuchtet vor mir. Ich war einigermaßen sprachlos, denn das, was ich da so unvermittelt vor mir sah, hätte ich hier unten niemals erwartet.
Auf mehreren Regalen lagen Ausrüstungsgegenstände wie Chronometer, mobile Batterien, Messgeräte, Funkempfänger, Vibratormesser, ja sogar zwei Handstrahler und eine Fusionsgranate. Sämtlichen Stücken sah man ihr hohes Alter und die durch die feuchtwarme Lagerung entstandenen Schäden deutlich an. Auf dem Boden standen zwei große Holzkisten unbekannten Inhalts.
»Das Archiv«, sagte Shareen. »Hier deponieren die Deubtars alles, was von ihrer Vergangenheit übrig geblieben ist. Die meisten Objekte stammen noch aus der EX-856. Obwohl sie längst nicht mehr funktionierten, konnten sich die Überlebenden nicht überwinden, sie zu entsorgen. Sie wurden in Kisten und Regale gelegt und haben die Zeit überdauert. Weiter hinten liegen die Reste von wissenschaftlichen Unterlagen, Tagebüchern und anderen Aufzeichnungen, die die Bewohner von Deubtar Valley in rund fünfzig Jahren angefertigt haben. Allerdings ist wegen des Klimas hier unten schon viel davon verrottet.«
»Ihre historischen Wurzeln in allen Ehren, Ms. Deubtar«, sagte ich, »aber ich fürchte, wir haben im Moment andere Sorgen.«
»Darko Loevej und Monique Morizur haben sich damals geirrt«, fuhr die Terranerin ungerührt fort. »Sie glaubten, dass sich der Effekt, den das Arrachieda auf ihre Technik hatte, nicht mehr rückgängig machen ließe.«
»Soll das etwa heißen«, stieß ich hervor, »dass das ganze Zeug hier noch funktioniert?«
»Nein«, erstickte Shareen meine kurzeitig aufgekommene Hoffnung. »Allerdings kommt es mit der Zeit zu einer leichten Erholung.
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