Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
Monaten gemeinsam mit Darko Loevej, Monique Morizur und vier weiteren Männern zum Wrack des Explorers zurückgekehrt, um dort nach eventuell verwertbaren Dingen zu suchen. Man hatte ein paar Werkzeuge, Decken, Verbandsmaterial und sogar einen kleinen Vorrat Medikamente gefunden. Die meisten Bereiche des Schiffes waren jedoch nach wie vor unzugänglich und höchstens mit schwerem Bergungsgerät freizulegen oder nur unter größten Gefahren zu betreten.
Der Kommandant ließ es sich nicht nehmen, die Namen der seit ihrer Abreise verstorbenen Kameraden in die bekannte Felswand zu brennen. Fast eine halbe Stunde stand er danach im strömenden Regen und betrachtete die steinerne Liste. Es war nur ein schwacher Trost, doch immerhin hatten diese Frauen und Männer ihr Leben nicht umsonst verloren. Als er sich schließlich umdrehen und zu den anderen zurückgehen wollte, stellte er überrascht fest, dass Darko, Monique und die vier übrigen Männer die ganze Zeit hinter ihm ausgeharrt hatten, aufrecht, stumm, mit ernster Miene und den Blick gleichsam auf die Felswand gerichtet.
Adrian nickte ihnen zu, und der Stolz, den er in diesem Moment empfand, heilte viele der Wunden, die der verlustreiche Kampf ums Überleben in den vergangenen Monaten geschlagen hatte. Die Terraner auf Interlude hatten sich ihre Chance verdient. Jeder einzelne von ihnen. Und er, Adrian Deubtar, würde dafür sorgen, dass sie sie auch weiterhin bekamen.
Der Nachmittag dehnte sich endlos. Er konnte sich auf nichts konzentrieren und immer wieder zog es ihn zur Hütte des Doktors hinüber. Erst als ihn Elvia entnervt anschrie und ihm unmissverständlich klar machte, dass er sie mit seiner Unrast in den Wahnsinn trieb, gesellte er sich zu Lukas Bonfeld-Heroe und bat um eine Zigarette.
»Ich weiß«, sagte er zu seinem ehemaligen Funkoffizier. »Die Tradition verlangt es eigentlich, dass der werdende Vater die Kippen verteilt, aber wenn ich mich nicht irgendwie beschäftige …«
Lukas nickte nur. Kurz darauf hockten die beiden Männer nebeneinander vor dem Haus des Fremdrassenpsychologen und pafften graublauen Rauch in die Luft. Lukas Bonfeld-Heroe hatte in den letzten Monaten so ziemlich alles, was im weiteren Umkreis wuchs, auf seine mögliche Eignung als Tabak überprüft. In seiner Hütte roch es meist streng nach Moder und verbranntem Laub und einige seiner Nachbarn hatten sich bereits mehrfach bei Adrian über den Gestank beschwert, der immer dann durch die Siedlung zog, wenn er wieder einmal eine neue Mischung ausprobierte.
»Habt ihr schon einen Namen?«, fragte Lukas nach einer Weile.
»Miriam, wenn es ein Mädchen wird«, antwortete Adrian. »Bei einem Jungen sind wir uns noch nicht einig. Ich bevorzuge Samuel, Elvia ist für Benjamin.«
Die nächsten Minuten verbrachten sie schweigend. Die Zigarette schmeckte gar nicht einmal so übel, wie Adrian zugeben musste. Er wusste natürlich, dass Lukas seine Erzeugnisse bei den anderen Siedlern gegen Dinge des täglichen Bedarfs eintauschte, aber da er sich dadurch nicht wirklich bereicherte, sondern sich lediglich das Leben ein wenig leichter machte und Doc Robertson die Tabakwaren allenfalls als mild berauschend einstufte, duldete der Kommandant diese Geschäfte. Es gehörte zu den notwendigen Eigenschaften eines guten Anführers, nicht nur alles zu wissen, was innerhalb einer Gruppe vorging, sondern auch, dieses Wissen ab und an für sich zu behalten.
Dann sah er Monique. Die Chefwissenschaftlerin eilte mit schnellen Schritten auf ihn zu. Die Ärmel ihrer an Dutzenden von Stellen geflickten Kombination wiesen dunkle Blutflecken auf und ihr blasses, erschöpft wirkendes Gesicht mit den geröteten Augen ließ nichts Gutes erahnen. Adrian warf die halb aufgerauchte Zigarette achtlos auf den Boden und erhob sich.
»Beeil dich«, sagte Monique heiser. »Es gibt Komplikationen.«
Ohne sich weiter um die Frau zu kümmern, rannte er los. Ihm war, als hätte sich ein stählerner Panzer um seinen Brustkorb geschlossen, der sich immer weiter verengte. Sein Herz raste. Vor ihm tauchte die Hütte des Doktors auf. Einige andere Überlebende hatten sich bereits davor versammelt; sie wichen respektvoll zur Seite.
Adrian stieß die aus grob behauenen Brettern bestehende Tür so hart auf, dass sie gegen die Innenwand schlug. Die Pritsche, auf der Elvia lag, war von einem Vorhang aus dünner Folie umgeben. Dahinter machte der Kommandant undeutliche Bewegung aus. Ein großer Schatten – Dr. Hektor Robertson
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