Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators
recht hast, Lordadmiral«, sagte Trilith. »Allerdings kümmert es mich wenig, was in zehn oder zwanzig Jahren sein wird.«
»Das ist mir bewusst«, nickte ich. »Aber hast du dir schon einmal überlegt, was geschieht, wenn du das Geheimnis, das deinen Ursprung umgibt, entschlüsselt hast? Was machst du, wenn dir das, was du letztlich bist, nicht gefällt? Du wurdest ausgebildet, um zu kämpfen und zu töten. Man hat dich darauf trainiert, Schmerzen zu ertragen, und du bist bereit, jegliche Skrupel außer acht zu lassen, wenn es der Erreichung deiner Ziele dient. Du bist nicht fähig, dich in eine Gemeinschaft einzufügen. Wer immer dich geschaffen hat, Trilith, er hat dich systematisch und bewusst zu einer Einzelgängerin gemacht. Es ist nicht einmal auszuschließen, dass auch die Eroberung des Zellaktivators Teil des großen Plans war. Ich zweifle nicht daran, dass du irgendwann erfahren wirst, wer du bist und was man von dir erwartet, aber ich bin mir sicher, dass es dich nicht glücklich machen wird.«
»Und was soll ich deiner Meinung nach tun, Arkonide?« Die Frau machte zwei Schritte rückwärts und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich bin, wie ich bin. Damit muss ich leben. Welche Pläne ich auch immer für die Zukunft schmiede: Solange ich nicht weiß, wer mir das alles angetan hat und warum, sind sie nichts weiter als Wunschträume.«
Ich trat wieder an Trilith heran und nahm ihre Hände. Sie ließ es geschehen.
»Akzeptiert«, sagte ich leise. »Aber die Freunde, die du morgen brauchst, kannst du nicht früh genug finden. Ich habe es dir schon damals gesagt, Trilith: Ich kann dir helfen, und das einzige, was ich dafür haben will, ist ein kleines bisschen Aufrichtigkeit. Meiner Meinung nach machst du damit ein verdammt gutes Geschäft.«
Sie sah mich für einige Sekunden an. Dann entzog sie mir ihre Hände und lehnte sich gegen die Steuerkonsole.
»Du bist wirklich gut«, sagte sie lächelnd. »Kein Wunder, dass dir der Ruf eines Herzensbrechers vorauseilt. Ich gebe zu, dass es mich schon reizen würde herauszufinden, inwieweit sich all die Geschichten, die man sich über deine Fähigkeiten als Liebhaber erzählt, an der Realität messen lassen. Was meinst du: Wollen mir miteinander schlafen? Wer weiß, wenn du gut genug bist, erfährst du womöglich, was du wissen willst …«
Gib es auf , wisperte der Extrasinn. Die Mauern, die Trilith um sich herum errichtet hat, sind zu stark und zu hoch. Selbst ein Dickschädel wie du wird es nicht schaffen, sie einzurennen.
»Vielleicht später«, erwiderte ich trocken. »Zeit genug haben wir ja, nicht wahr?«
In meiner Kabine – es war dieselbe, die ich bereits bei meinem ersten Besuch an Bord der GAHENTEPE belegt hatte – ließ ich mich auf das unbequeme Lager fallen und schloss für einen Moment die Augen. Wie schon damals, als Trilith und ich den Sphärendreher TRADIUM verfolgt hatten, blieb mir wieder einmal nichts anderes übrig als zu warten. Das fiel mir hier besonders schwer, denn der Diskusraumer hielt keinerlei adäquate Zerstreuung bereit. Es gab weder ein TriVid-Programm noch Lesespulen oder anderweitige Medien zur Unterhaltung.
Ich atmete tief und gleichmäßig ein und wieder aus, versenkte mich langsam in eine der klassischen Dagor-Übungen, die entsprechend geschulte Angehörige meines Volkes bereits seit Jahrtausenden praktizierten. Mein Lehrmeister Fartuloon war ein Dagor-Hochmeister, ein so genannter Thi-Laktrote gewesen und hatte mich nach der Ermordung meiner Eltern in die Geheimnisse dieser uralten Philosophie und Kampftechnik eingeführt.
Wollte man es schlicht ausdrücken, so war Dagor – wie so viele andere Lehren auch – nur der Versuch, die Harmonie zwischen Körper und Geist herzustellen. Was einfach klang, fiel in der Realität jedoch schwer. Es genügte keineswegs, ein paar Atemtechniken zu erlernen und diese anzuwenden. Dagor war eines Geisteshaltung, eine Art zu denken, die man sich in vielen Jahren harten Trainings zu eigen machen musste. Wirklich erlernen konnte man das Dagor lediglich als Hertaso – Adept und Anfänger. Nach Bestehen der Meisterprüfung reichte das nicht mehr aus. Ab dann musste man Dagor erspüren , es leben und atmen, und das schafften nicht viele.
Wenn du deine ersten Schritte im Dagor tust , hatte mir Fartuloon vor langer Zeit einmal erklärt, ist alles fremd und mühevoll und unerklärlich. Wenn du es zum Meister gebracht hast, ist alles vertraut und einfach und einleuchtend.
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