Atlan 12 - Monolith 02 - Todeszone Zartiryt
möchte Sie alle bitten, aufmerksam zuzuhören. Die Offiziere und ich haben nach reiflicher Überlegung und Abwägung aller Alternativen eine schwerwiegende Entscheidung getroffen. In exakt dreißig Minuten beginnen wir mit der Evakuierung der IMASO. Jedes Besatzungsmitglied wird sich nach Beendigung dieser Durchsage sofort bei seinem direkten Vorgesetzten melden. Von ihm wird jeder Einzelne von Ihnen die genaue Zeit und den Ort der Ausschleusung erfahren. Finden Sie sich dort pünktlich und in voller Kampfmontur ein. Eventuelle Verzögerungen sind unverzüglich zu melden. Die Notstromversorgung der Raumanzüge verschafft uns ein Handlungsfenster von fünf bis zehn Stunden. Es ist unsere Absicht, vor Ende dieser Frist in die subplanetaren Anlagen Zartiryts einzudringen und dort nach Räumen zu suchen, die noch über eine intakte Luftversorgung verfügen. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Räume existieren, ist nach Meinung unserer Experten hoch. Bitte bewahren Sie die Ruhe, halten Sie sich an die Anweisungen und helfen Sie den Kameraden, die Unterstützung brauchen. Wir werden das gemeinsam durchstehen! Ab sofort herrscht Rotalarm. Ich wiederhole: Ab sofort herrscht Rotalarm! Naileth Simmers Ende.«
Marcus Merten wälzte sich stöhnend von seiner Koje. So ging es also zu Ende. Jedem, der die Schmerzen noch ignorieren und seinen Verstand benutzen konnte, musste klar sein, dass die Evakuierung einer Kapitulation gleichkam. Selbst wenn es dort unten Kavernen mit Atemluft geben sollte, so war die Chance, sie zu finden, geradezu verschwindend gering. Da die Ortung nach wie vor nicht funktionierte, musste man auf gut Glück suchen, und in fünf bis zehn Stunden würde man lediglich einen Bruchteil des existierenden Areals abdecken können. Nach Marcus Mertens Einschätzung hatte Naileth Simmers soeben das Todesurteil über die 150 Frauen und Männer an Bord der IMASO gesprochen.
Der Techniker wählte die Frequenz von Milton Elks. Diesmal bekam er sofort eine Verbindung.
»Merten«, raunzte der Marsianer. »Untere Polschleuse. Sektor 3. 12:22 Uhr Bordzeit. Bewegen Sie Ihren faulen Arsch, Mann!«
»Ich liebe Sie auch, Sir«, sagte Marcus laut und schaltete ab. Unvermittelt musste er kichern. Wenn die Gewissheit des nahen Todes ein Gutes hatte, dann war das sicherlich der Umstand, dass man sich um die Folgen seiner letzten Handlungen keine Gedanken mehr machen musste.
Marcus Merten brauchte fast fünf Minuten, bis er den Kampfanzug aus dem Wandschrank gezerrt und sich hineingezwängt hatte. Routinemäßig überprüfte er die Funktionstüchtigkeit der Systeme, die ausnahmslos im Bereitschaftsmodus liefen. Als er die Kabine verlassen wollte, kam es zur nächsten Transition, doch diesmal spürte Marcus keinen Schmerz. Fassungslos starrte er auf die schwach glimmende Helmanzeige, auf der soeben die letzten Klarmeldungen des positronischen Standardprüfberichts eingeblendet wurden. Er fühlte sich, als hätte ihm gerade jemand einen Eimer Eiswasser über den nackten Körper gekippt.
»Oh, mein Gott!«, entfuhr es ihm.
Es war geschehen. Spät zwar, aber immerhin. Marcus Merten wusste plötzlich, warum die IMASO alle zwei Minuten und 36 Sekunden von einer uralten Transmitterfalle der Lemurer erfasst und abgestrahlt wurde. Es war so unglaublich einfach, so lächerlich banal, und wie so viele Male zuvor fragte er sich, warum er die Zusammenhänge nicht schon früher erkannt hatte.
Ohne eine weitere Sekunde zu zögern, trat Marcus mit der Zentrale in Verbindung. Naileth Simmers meldete sich persönlich. Ihre Stimme klang verärgert. Dennoch nahm Sie sich die Zeit, den Anruf entgegenzunehmen. Sie wusste, dass es in dieser Situation niemand wagen würde, sie wegen einer Nichtigkeit zu belästigen.
»Wir müssen die Evakuierung sofort abbrechen, Madam!«, rief Marcus Merten aufgeregt. »Wir dürfen die IMASO auf gar keinen Fall verlassen. Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich beschwöre Sie, mir zu glauben. Ich kann alles erklären. Zwei Minuten und 36 Sekunden, Sir! Die Lösung lag die ganze Zeit direkt vor uns, und wir waren auf beiden Augen blind!«
Kapitel 23
Atlan
»Was ist das?«
Ich machte zwei Schritte in die Halle hinein und drehte mich dann langsam im Kreis. Das etwa hundert mal hundert Meter durchmessende Areal wurde von mehreren grauschwarzen Quadern beherrscht, zwischen denen sich armdicke, silberne Kabel spannten. Über die Decke zog sich ein Labyrinth von Verstrebungen, das wie ein antikes
Weitere Kostenlose Bücher