Atlan 16 - Monolith 06 - Sprung ins Jenseits
zuversichtlichen Antwort weniger optimistisch entgegen als er. Der General hatte die Fäden seines über Jahre hinweg aufgezogenen Netzes lange unbemerkt in Händen gehalten. Der Umstand, dass er nun aufgeflogen und auf dem Rückzug war, machte ihn so gefährlich wie ein in die Enge getriebenes Tier. Ich rechnete daher mit heftigem Widerstand und machte mir Sorgen um Santjun.
Naileth Simmers ging es nicht anders, gleichwohl sie bestrebt war, sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen. Vor mir konnte sie sie nicht verbergen, dazu hatte ich in Jahrtausenden zu viele zwischenmenschliche Bande kennen gelernt. Die emotionale Bindung, die zwischen der ehemaligen Kommandantin der IMASO und Santjun entstanden war, stärkte ihn und hielt ihn aufrecht. Ich gönnte ihm die persönliche Nähe der Raumfahrerin von Herzen.
Es ist eine zum Scheitern verurteilte Liebe. Beide sind sich dessen bewusst , erinnerte mich der Extrasinn.
Du hast schon mehr Feingefühl bewiesen , hielt ich ihm entgegen.
Und du mehr Sinn für die Realität, zumal vor einem bevorstehenden Kampfeinsatz.
»Ich hoffe, der General hat Antworten auf unsere Fragen.« Naileth Simmers' grün-braune Augen strahlten. Der dunkle Teint der Frau aus dem System von DeKamps Stern kontrastierte mit dem Blond ihres kurzen, gewellten Haars. Simmers fieberte dem Einsatz entgegen, weil sie sich von der Gefangennahme Dermit Dawsons Informationen versprach, mit denen sich Santjuns Zustand beeinflussen ließ.
»Zunächst einmal müssen wir ihn in die Finger bekommen«, brummte Santjun. Sein Wesen hatte sich verändert. Es war düsterer geworden. Wie weit würde er gehen, um seine Verwandlung aufzuhalten, wie viel Moral über Bord werfen? Trotz seines Zustands stellte ich seine Loyalität zur USO nicht in Frage. Er war und blieb einer der Guten .
»Hältst du durch, Major?«, raunte ich ihm leise zu, um ihn vor unseren Begleitern nicht in Verlegenheit zu bringen.
»Du etwa nicht, Lordadmiral?«, gab er ungehalten zurück, wobei er akribisch seine Ausrüstung überprüfte.
Ich konnte seine Missstimmung verstehen. Er fühlte sich einsatzbereit, doch ich war für die Mission und die an ihr beteiligten Männer verantwortlich. Mit dem Ausfall Santjuns in einem entscheidenden Augenblick war keinem von uns gedient. Andererseits hatte ich seinem Einsatz zugestimmt. Zweifel hätte ich vorab vorbringen müssen, nicht jetzt. Er nickte, als erriete er meine Gedanken. Ich konnte in seinen Augen lesen, dass er bereit war. Er würde den Einsatz nicht in Gefahr bringen. Damit war das Thema für mich erledigt.
Mit einem sanften Ruck kam der Schweber zum Stehen.
Ich sprang ins Freie und sah mich in der Glassitfassade eines zweigeschossigen Gebäudes gespiegelt, das in dem umgebenden flachen Häusermeer nicht auffiel. Beim Anblick meines Spiegelbilds fiel mir auf, dass die Vitalenergiekopplung auch bei mir äußerliche Spuren hinterließ. Meine Wangen kamen mir etwas schmaler vor als gewöhnlich, und meine Hautfarbe wies einen fahlen Stich auf. Hatten nicht sogar meine weißen Haare einen stumpfen Einschlag bekommen?
Unsinn! , monierte der Extrasinn. Konzentriere dich auf deine Aufgabe.
Unter normalen Umständen hätte es einer solchen Zurechtweisung niemals bedurft, was belegte, dass die Umstände, bedingt durch meinen körperlichen Zustand, eben keineswegs normal waren. Gedankenschnell überzeugte ich mich davon, dass sich keine Menschen in unmittelbarer Nähe aufhielten.
Ein paar Roboter schwärmten aus, um das Gelände vorsichtshalber zu sichern. Unter den anliegenden Gebäuden waren keine Straßencafés, Restaurants oder sonstige öffentliche Einrichtungen, doch jederzeit konnten Bewohner aus einem der Häuser treten. Die Maschinen waren programmiert, sie zu ihrer eigenen Sicherheit sanft aber bestimmt von der Straße zu schaffen.
Santjun hielt sich an meiner Seite, Simmers folgte ihm dichtauf, und Gucky hetzte auf seinen kurzen Beinen hinter uns her. Ich konnte nur hoffen, dass er Recht behielt und Dawson die zweite Etappe seiner Flucht noch nicht bewältigt hatte. Die Agenten der SolAb schwärmten aus und verteilten sich, unterstützt von den Kampfrobotern, um das Gebäude herum. Vor mir lag der Zugang, eine schwere Doppelflügeltür aus Metallplastik. Durch Spionsonden wussten wir, dass sie der einzige oberirdische Zugang war.
»Verschlossen und positronisch gesichert!«, rief mir ein stämmig gebauter, schwarzhaariger Raumsoldat mit Captain-Abzeichen und dem
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