Atlan 16 - Monolith 06 - Sprung ins Jenseits
Gedanke durch den Kopf, der ihn gleich darauf erschütterte. Bei allem, was er unternahm, ging es um das ewige Leben, und diese Zielsetzung vertrug sich nicht mit der Vorstellung an einen Massenmord.
Unterwegs hatte Malcher mehrmals den Eindruck, verfolgt zu werden, doch er entdeckte keinen konkreten Hinweis darauf, dass er nicht lediglich einer Täuschung erlag. In einer dicht besiedelten Stadt wie Chonosso-Chan kam es ständig zu Kontakten, die man falsch interpretieren konnte, besonders wenn man Ungemach erwartete und sich einredete, dass es in der Nähe lauerte. Malchers Verunsicherung wuchs, und die drohende Gefahr durch den Besuch des terranischen Staatsmarschalls schwebte wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf. Malcher kontaktierte Trecht. »Gibt es Neuigkeiten über Reginald Bull?«
»Der Staatsmarschall ist vor einer Stunde mit einem Leichten Kreuzer gelandet«, eröffnete der gebückt gehende Alte, der wie andere der Cardmanosch in seinen Diensten stand. »Allein und ohne Eskorte.«
»Wieso wurde ich darüber nicht unterrichtet?«
»Ich hatte noch keine Gelegenheit, es Ihnen mitzuteilen. Der Chanmeister hat die Cardmanosch und die Chanbrüder unterrichtet. Er soll seine Verwunderung darüber geäußert haben, dass Sie nicht zu erreichen waren.«
Das verkomplizierte die ohnehin heikle Lage. »Wann will Tro Schikel Bull empfangen?«
»Erst morgen. Er hat ihm ausrichten lassen, er sei derzeit nicht zu sprechen.«
Eine Geduldsprobe als Zeichen der Macht des Chanmeisters. Malcher hatte keine andere Handlungsweise erwartet. Er hielt sie für kindisch, doch sie verschaffte ihm Zeit. »Ich nehme an, es wurde nicht über mich gesprochen?«
»Nein, Herr. Wenn Sie etwas gegen Bull unternehmen wollen, sollte das rasch geschehen. Ich habe Kontakt zu zuverlässigen Assassinen, die vor hochrangigen Zielpersonen nicht zurückschrecken.«
Fassungslos schüttelte Malcher den Kopf. »Du sprichst von einem Attentat auf den Vize-Administrator des Solaren Imperiums? Hier auf Chonosso? Bist du wahnsinnig geworden?« Er konnte nicht glauben, dass Trecht ihm diesen Vorschlag unterbreitete. »Wir würden in ein Wespennest stechen. Stieße Bull etwas zu, würde Rhodan jede diplomatische Rücksichtnahme aufgeben. Innerhalb kürzester Zeit wäre Chonosso von terranischen Schlachtschiffen besetzt. Bull kam allein und ohne Eskorte? Du täuscht dich gewaltig, mein Lieber. Er ist allein gelandet, weil er die Regeln der Diplomatie beherrscht, aber ich garantiere dir, dass nicht weit weg eine schlagkräftige Flotte zu Bulls Unterstützung bereitsteht und nur auf ein Fingerschnippen des Staatsmarschalls wartet. Damit nicht genug. Für die Dummheit eines Attentats, dessen Folgen für Chonosso nicht abzusehen sind, würde der Chanmeister die Verantwortlichen, also uns, persönlich exekutieren.«
»Das … habe ich nicht bedacht«, krächzte Trecht.
Nein , dachte Malcher ernüchtert. Deshalb wirst du auch niemals eine Organisation wie die Silberherren leiten. »Ich bin auf dem Weg zu Tro Schikel. Informiere ihn über meine kurzfristige Ankunft und teile ihm mit, ich hätte wichtige Informationen von einem Agenten auf Terra erhalten.«
Er unterbrach die Verbindung, änderte den Kurs Richtung Stadtzentrum und flog hinauf zum Plateau auf dem Tafelberg.
Eine ganze Phalanx unsichtbarer Sicherheitseinrichtungen hatte Malcher durchleuchtet, ohne etwas Verdächtiges zu entdecken. Sein Silbermetall und die Veränderungen seiner Haut waren kein Grund, Alarm auszulösen oder ihn gleich zu paralysieren. Die Organisation der Silberherren war auf Chonosso nicht einmal dem Chanmeister bekannt. Unangefochten betrat Malcher die Halle der Erhabenheit , deren ganze Einrichtung aus einem ovalen Tisch bestand, an dessen Längsseiten je vier Sitzgelegenheiten eingearbeitet waren. Am jenseitigen Kopfende bildete eine weitere Sitzmulde den Platz, an dem der Chanmeister bei Vollversammlungen den Vorsitz führte.
Tro Schikel stand mit dem Rücken zu einem Fenster und sah dem Besucher entgegen. Er war nur wenig kleiner als Malcher und von wuchtiger, untersetzter Statur. Lange, wallende Haare umrahmten ein im Gegensatz zu seiner Körperfülle asketisch wirkendes Gesicht und fielen bis über die Schultern. Er trug einen geschlossenen Umhang, der bis zu den Füßen reichte. Gerüchten zufolge versteckte er darunter ein umfangreiches Waffenarsenal.
»Ich habe versucht, dich zu erreichen, Chanbruder«, empfing er den Besucher anstelle einer
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