Atlan 16 - Monolith 06 - Sprung ins Jenseits
gehen würde. Der Chanmeister verabscheute das Imperium – und doch empfing er den Staatsmarschall zu Gesprächen, was Malcher bis zu der entsprechenden Meldung für unmöglich gehalten hätte.
Malcher steuerte den Gleiter an der Flanke des Tafelbergs hinab, um den sich als konzentrische Ringe die Stadtbezirke abzeichneten, die im Laufe der Besiedelung und der einzelnen Phasen der Stadterweiterung entstanden waren. Gleich um den Berg herum gruppierten sich hoch aufragende Wohn- und Geschäftsgebäude zu Clustern von acht bis zwölf Türmen. Der sich dahinter anschließende Häuserring war weniger hoch, und so setzte sich die Bauweise nach außen hin weiter fort bis zu flachen, eingeschossigen Bungalows, die von einem zwei Kilometer breiten Waldstreifen eingefasst wurden. Eine Schneise im Süden verband die Stadt mit dem Raumhafen. Über dem militärischen Bereich erhoben sich die Polkuppeln mächtiger Schlachtschiffe.
Ein Lichtreflex, der durch die Glassitkanzel des Gleiters huschte, machte Malcher aufmerksam. Für einen Moment glaubte er einen Schatten zu sehen, der ihm folgte. Dann war er wieder verschwunden. Malcher drehte sich im Pilotensitz um und hielt Ausschau nach einem weiteren Fahrzeug, ohne einen Verfolger zu entdecken. Die Ortung half ihm nicht weiter. Von der Stadt, die nun direkt vor ihm lag, und den unzähligen Verkehrsteilnehmern prasselte ein Hagel von Emissionen auf die Instrumente ein und überdeckte die Energiesignatur eines einzelnen Gefährts …
… das er sich vermutlich nur eingebildet hatte.
Begann er Gespenster zu sehen? Die drohenden Anzeichen einer Revolution, die er bei seinen Anhängern an Bord der TRAUM DER EWIGKEIT erlebt hatte, verunsicherten ihn stärker, als er sich eingestehen wollte.
Er dirigierte den Gleiter in einen Verkehrsstrom und folgte dem Leitsystem zu einem Stadtbezirk, dessen Häuser aus Fertigmodulen bestanden. Er war vor zweihundert Jahren entstanden und hatte sich bis heute kaum verändert. Trotz des Aufschwungs und der wirtschaftlichen Prosperität gab es auf Chonosso Außenseiter wie auf jeder anderen Welt, Gestrandete, Spieler und Glückritter, Terraner und Angehörige anderer Völker, denen Glück und Erfolg nicht hold waren oder die sich mit wenig begnügten. Sie fristeten ein Schattendasein unter den wachsamen Augen der Bruderschaft, das niemanden störte, solange diese Außenseiter unter sich blieben, und das taten sie.
Keiner von Malchers Chanbrüdern wäre auf die Idee gekommen, dass es hier einen getarnten Stützpunkt der Silberherren gab, der als Kontaktstelle diente. Von ihm aus wurden Informationen übermittelt und Befehle weitergegeben. Über das Stadtgebiet von Chonosso-Chan wie über den ganzen Planeten verteilt, gab es ein Dutzend ähnlicher Einrichtungen.
Malcher parkte den Gleiter einen Häuserblock entfernt, lief durch eine heruntergekommene Seitenstraße und gelangte über den Zugang eines Nachbargrundstücks in den Stützpunkt, in dem mehrere Silberherren tätig waren.
Er achtete genau darauf, wie die Reaktion auf seinen unangekündigten Besuch ausfiel. Besonders herzlich war der Empfang nicht, doch auch nicht ablehnend. Malcher gab sich arglos und führte ein paar zwanglose Gespräche, die ihn ratlos zurückließen. Es gelang ihm nicht festzustellen, ob die Silberherren des Stützpunkts ihm weiterhin loyal ergeben waren oder ob sie seinen Führungsanspruch in Frage stellten. Natürlich hatten sie von den Ereignissen auf Thanaton gehört und mitbekommen, dass kein Zugriff mehr auf neues Silbermetall bestand. Aus ihren daraus resultierenden Sorgen Untreue abzuleiten wäre ein Fehler gewesen.
Malcher verabschiedete sich, ging zurück zu seinem Gleiter und steuerte einen anderen Stützpunkt an. Dort fielen seine Erkenntnisse ähnlich dürftig aus. Es gab ein paar kritische Anmerkungen, von denen er nicht wusste, wie er sie einschätzen sollte. Einerseits durfte er Nichtigkeiten nicht überbewerten, andererseits lieferten unterschwellige Sympathie- oder Antipathiebekundungen tendenzielle Hinweise auf die Einstellung der Silberherren ihrem Chef gegenüber.
Nachmittags flog er drei weitere Ziele an, und nach den Inspektionen war er so schlau wie bei seinem Aufbruch nach Chonosso-Chan. Keiner seiner Anhänger stellte sich offen gegen ihn. Es hatte den Anschein, dass alle Unzufriedenen auf die TRAUM DER EWIGKEIT gegangen waren. Vielleicht sollte er das Schiff am Grund des Meeres fluten und dem Spuk ein Ende bereiten, ging ihm ein aberwitziger
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