Atlan TH 0003 – Der Katzer
die ganze SOL in Sicherheit zu bringen«, rief der High Sideryt, »oder alle an Bord dieses Schiffes gehen einer ungewissen Zukunft entgegen. Dazu zählen auch die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft. Eine andere Alternative gibt es für mich nicht. Ich hoffe, wir haben uns verstanden.«
Homer Gerigk presste die Lippen zusammen, bis sie nur noch einen schmalen Strich bildeten. Die dunkelbraunen Flecken in seinem Gesicht, die aussahen, als rührten sie von Verbrennungen her, färbten sich rot. Sie waren die Folge der häufigen E-kick-Bestrahlung.
»So abwegig ist das gar nicht, was Homer vorschlägt«, meldete sich Curie van Herling zu Wort. »Man müsste das Vorhaben allerdings leicht modifizieren und etliche Dutzend Beiboote, 100-m-Kreuzer und was wir sonst noch haben, ausschleusen.«
»Was willst du damit erreichen?«, fragte der High Sideryt.
»Die Boote könnten versuchen, die Raumkugel aufzusprengen, die uns umgibt und die wir nicht verlassen können. Irgendeine energetische Barriere muss schließlich vorhanden sein, auch wenn wir sie nicht anmessen können.«
»Einige Dutzend ...?«, fragte Chart Deccon scharf.
Curie van Herling nickte.
»Ob mehr oder weniger, was spielt das für eine Rolle? Wir verfügen über ausreichend große Einsatzreserven.«
»Sicher«, sagte der High Sideryt leise. »Und wer, verdammt, soll die Kreuzer fliegen? Du vielleicht – und die anderen Magniden? Fürwahr, eine brillante Idee.« Zum ersten Mal seit Langem sah er die Frau nach Worten ringen. Sie begriff, welchen Fehler sie begangen hatte. Material gab es zur Genüge, nur keine Menschen, die damit umgehen konnten.
»Deinen Zynismus kannst du dir sparen«, fauchte Curie. »Wir haben Roboter, die lediglich programmiert zu werden brauchen, und dann ...«
»... tun sie alles, was wir von ihnen verlangen«, beendete Chart Deccon ihren Satz. Er, der sonst keine Gefühle zu kennen schien, lächelte plötzlich. Aber es war ein eisiges Lächeln. Curie van Herling schluckte krampfhaft.
»Und wer ...«, fragte der Bruder ohne Wertigkeit lauernd, »... wird die Roboter wohl programmieren?«
»Bit natürlich!«, antwortete Arjana Joester.
Lyta Kunduran blickte unsicher in die Runde. Sie schien etwas sagen zu wollen, fand aber offenbar nicht den Mut dazu. Überraschenderweise wich sie dem High Sideryt jedoch nicht aus, als dieser sie unverwandt ansah.
»Angenommen, wir starten die Hälfte aller Korvetten und der Leichten Kreuzer der Planetenklasse, das sind jeweils fünfzig Schiffe aus beiden SOL-Zellen. Um voll manövrierfähig zu sein, benötigen diese eine Besatzungsstärke von mindestens zwanzig, besser sechzig Mann, insgesamt also eine Gesamtzahl von ... viertausend.
Nehmen wir weiter an, beim Einsatz von Robotern und wenn die Aktionen auf das Nötigste beschränkt werden, genüge ein Viertel dieser Zahl, so bleiben immerhin tausend Blechkameraden, die für ihre neue Aufgabe vorzubereiten sind. Was glaubst du, Lyta, wie viel Zeit du dafür benötigen würdest?«
»Das hängt von den zur Verfügung stehenden Daten ab«, antwortete die Positronikspezialistin. »Wahrscheinlich werden wir Mausefalle-Sieben jedoch wesentlich früher erreichen.«
»SENECA kann dir behilflich sein«, platzte Gallatan Herts unvermittelt heraus.
Dem High Sideryt fiel auf, dass die Diskussion überwiegend von den Traditionalisten unter den Magniden bestritten wurde. Fühlten diese sich unbewusst doch schuldig an der augenblicklichen Situation? Sie waren sechs, bekamen aber nie die Oberhand, weil Deccon stets auf Ausgewogenheit achtete. Insgeheim sympathisierte er mit den Fortschrittlichen, die der SOL und den in ihr lebenden Menschen endlich ein Ziel und eine Aufgabe geben wollten. Sie glaubten erkannt zu haben, dass die Gleichgültigkeit und das In-den-Tag-Hineinleben über kurz oder lang ins Verderben führen würden.
Bit lachte hell auf, als Herts sie triumphierend anstarrte.
»Du meine Güte«, sagte sie. »Von Positroniken verstehe ich wohl etwas mehr als du. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint es mir völlig unmöglich, SENECA mit solchen Dingen zu behelligen. Es könnte durchaus geschehen, dass eine solche Maßnahme den endgültigen Kollaps des Bordrechners auslöst.«
»Aber sicher bist du dir nicht«, hakte Herts nach.
Lyta zögerte.
»Wenn du glaubst, es besser zu können als ich, tu dir keinen Zwang an. Die Verantwortung liegt dann aber einzig und allein bei dir.« Sie wandte sich an Chart Deccon. »Der High Sideryt wird sich an
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