Atlan TH 0004 – Logbuch der SOL
sollte, wandte sie sich ab und ging zu ihren Artgenossen zurück, die in einer Gruppe beisammenstanden.
Makos Naratnam lächelte still vor sich hin. Außer bei den führenden Mitgliedern der Arge SOL schien der eigensinnige Chemiker nirgendwo sonderlich beliebt zu sein. Lefton wusste das, aber er gehörte zu der Sorte Menschen, die sich aus der Abneigung anderer nicht viel machten. Die Tatsache, dass Cleton Weisel ihn zum Chef dieses Unternehmens ernannt hatte, war ihm Selbstbestätigung genug.
»Was ist jetzt?«, unterbrach der Pilot der Space-Jet Makos' Gedankengang. »Gehen wir näher heran?«
»Natürlich«, bestimmte Lefton. Noch immer gab er sich so gelassen, als befänden sie sich auf einem Spazierflug. »Wir wollen den Meteoriten schließlich nicht nur beobachten, sondern auf ihm landen.«
Makos fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, als sich das diskusförmige Raumschiff dem Trümmerstück weiter näherte. Er war Spezialist für fünf- und mehrdimensionale Strahlungsarten, und er wusste nur zu genau, wie leicht die Emissionen, die bereits an Bord der SOL gemessen worden waren, Steuerung und Antrieb der Space-Jet beeinflussen konnten.
»Wir sollten vorsichtiger zu Werke gehen«, mahnte er. »Es ist nicht im Sinn der Sache, dass wir leichtfertig unser Leben aufs Spiel setzen.«
Der Pilot warf dem Kommandanten einen fragenden Blick zu, doch der schüttelte den Kopf.
»Vor allem sollten wir nicht übertreiben«, wischte er die Warnung zur Seite. »Wir alle stecken in Raumanzügen – außer unseren Buhrlofreunden natürlich – und sind hinreichend geschützt. Wir behalten Kurs und Geschwindigkeit bei!«
Seine Begründung weckte abermals den Zorn bei Lynka Woortz. Die junge Buhrlofrau fuhr ruckartig herum und starrte den Chemiker feindselig an.
»Was hast du eben gesagt?«, stieß sie hervor. »Habe ich richtig verstanden, dass dir eine Gefährdung nichts ausmacht, weil du einen Raumanzug trägst? Wie sollen wir Buhrlos uns vor Verletzungen schützen, wenn wirklich etwas passiert?«
»Vor allem habe ich gesagt, wir sollten nicht übertreiben«, antwortete Lefton. »Es wird nichts passieren.«
»Und wenn doch?«, rief Lynka aufgebracht. »Wenn durch deine Leichtfertigkeit die Jet beschädigt wird und abstürzt?«
»Du malst den Teufel an die Wand«, hielt der Chemiker ihr vor. Um seine Lippen spielte ein überlegenes Lächeln. »Außerdem haben deine Freunde und du gewusst, worauf ihr euch einlasst. Ihr seid freiwillig an Bord – vergiss das nicht.«
Es war allgemein bekannt, dass Lefton Hellst für die Gläsernen nicht viel übrig hatte. Nach seiner Anschauung waren sie Missgeburten. Es war eine elitäre, geradezu beleidigende Denkweise, die die wenigsten Solaner teilten. Dass er allerdings so weit gehen würde, damit hatte wohl niemand gerechnet.
Lynka Woortz brachte zunächst keinen Ton heraus. Sie stand nur da und sah den Chemiker an, aber Makos konnte beobachten, wie sie immer heftiger atmete und sich ihre Hände zu Fäusten ballten. Dann, nach einigen Sekunden, während derer sich die Spannung stetig weiter auflud, schüttelte sie wild den Kopf und stürzte nach vorn.
»Ich reiße ihm diesen verdammten Raumanzug vom Leib!«, schrie sie voller Hass. »Er ist schließlich auch freiwillig hier!«
Bevor jemand reagieren konnte, hatte sie den Kommandanten erreicht und hieb mit den Fäusten auf ihn ein.
Unwillkürlich zögerte Makos, in den Kampf einzugreifen. Wahrscheinlich lag es daran, dass er dem Chemiker die Abfuhr insgeheim gönnte. Auch der Pilot konnte dem Bedrängten nicht sofort helfen, weil er die Steuerung nicht vernachlässigen durfte.
Es waren zwei Buhrlos, die den Tätlichkeiten ein Ende setzten. Nachdem sie den ersten Schock wegen der gewaltsamen Reaktion ihrer Artgenossin überwunden hatten, sprangen sie blitzschnell nach vorn und packten Lynka, wo sie sie gerade zu fassen bekamen. Gewaltsam zerrten sie die Frau zurück. Schreiend wehrte sie sich und versuchte der Umklammerung zu entkommen, doch die Männer hatten sie sicher im Griff.
Lefton Hellst hob leise stöhnend den Kopf. Sein Gesicht war verzerrt – weniger vor Schmerz denn vor Wut. Der kurze Blick aus halb geöffneten Lidern, den er dem Strahlungsspezialisten zuwarf, ging diesem durch Mark und Bein. Seine Bewegungen wirkten drohend und gefährlich, als er sich langsam erhob und den Buhrlos zuwandte.
Makos schwenkte seinen Kontursessel herum und versuchte sich auf die Messinstrumente zu konzentrieren. Er wusste, dass
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