Atlan TH 0010 – Das Gesetz der Erbauer
offenbar nicht, die Fassung zu bewahren. Er stand nur da und neigte den Kopf abwechselnd zur einen und zur anderen Seite. Weicos dagegen begriff schneller, was das alles bedeutete. Er robbte hinter die Theke und stellte sich dem dort hantierenden Solaner in den Weg. »Hallo, Cölgk«, begrüßte er ihn. »Wie ich sehe, hat deine bekannte Geschäftstüchtigkeit auch auf Osath nicht gelitten.«
»Dieses Haus wurde angeboten, und ich habe es genommen«, erklärte Cölgk ruhig. »Ich hatte einfach Glück. Im Keller befinden sich riesige Lager unterschiedlichster Getränke und Speisen. Das bewog mich dazu, hier eine Gaststätte einzurichten. Sie soll zu einem Treffpunkt und zu einem Zentrum der Geselligkeit werden.«
»Hast du die Getränke, die du ausschenkst, einer Prüfung unterzogen?«, wollte Weicos wissen. »Ich glaube, dass die meisten deiner Gäste nicht mehr im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind.«
»Das ist völlig normal«, winkte Cölgk ab. »Das Zeug wirkt wie Alkohol. Ich halte das nicht für tragisch. Die Leute wissen, wann sie aufhören müssen, und wenn nicht, werde ich sie daran erinnern.«
»Das meinte ich nicht.« Weicos schüttelte den Kopf. »Ich wollte wissen, ob du dir darüber Klarheit verschafft hast, welche Substanzen sonst noch in den Getränken enthalten sind.«
»Warum sollte ich?«
»Du bist ein Narr, Cölgk! Abgesehen davon, dass Alkohol eines der gefährlichsten Gifte ist, die die Menschheit kennt, könnten in deinen Funden unbekannte Wirkstoffe stecken, die die Gesundheit von Solanern schädigen. Niemand von uns weiß etwas über den Metabolismus jener, die das Zeug einst hergestellt haben. Er kann von unserem grundsätzlich verschieden sein, und was ihnen nicht schadet, kann einen Solaner umbringen!«
Der Unterkiefer in Cölgks knochigem Gesicht war herabgesackt, die Augen hatten sich entsetzt geweitet. Er stand da wie jemand, der plötzlich erkannte, dass er einen gewaltigen Fehler gemacht hatte.
»Daran habe ich nicht gedacht«, stieß er hervor und schüttelte fassungslos den Kopf. »Bei allem, was mir lieb ist: In meiner Begeisterung habe ich das einfach übersehen!«
Dann kam Leben in den hageren Mann. In einer Hand hielt er ein Serviertablett, das er jetzt achtlos beiseitelegte. Mit zwei Schritten umrundete er Weicos und steuerte auf die ersten Tische zu, wo seine Gäste fröhlich zechten und größtenteils bereits ziemlich abgefüllt waren.
»Schluss für heute!«, rief der selbst ernannte Schenkwirt, wobei es ihm mühelos gelang, den Lärm, den die anderen veranstalteten, zu übertönen. »Das reicht! Trinkt eure Gläser aus und geht nach Hause!«
»Das kannu ... kannsu ... kannstu doch nicht machen, Cölgk«, lallte jemand empört und schwenkte einen leeren Becher. »Erst lädst du uns ein, damit wir die Umstellungen leichter verkraften, und dann schickst du uns weg. So geht es nicht! Ich verlange Nachschub!«
»Nichts da! Es gibt nichts mehr! Die Bar ist geschlossen!«
»Hört euch das an!« Der Sprecher stieg umständlich über die Sitzbank und ging auf Cölgk zu. »Du glaubst wohl, du bist hier der Chef vom Verein. Du hast hier keinem was zu sagen. Du nicht, sondern der da!« Er deutete auf Weicos, der hinter der Theke hervorgekrochen war und nun neben Frakell stand.
»Das hier ist mein Haus«, stieß Cölgk hervor. »Ich wohne hier seit heute, und wenn ich sage, ihr sollt verschwinden, dann habt ihr euch gefälligst danach zu richten!«
»Langsam, Freundchen, langsam!« Der widerspenstige Zecher hob abwehrend die schwieligen Hände. Mit dem Kopf wies er zur Seite. »Was sagst du dazu, Weicos?«
»Was soll ich sagen? Cölgk hat recht. Es ist sein Heim, also gelten seine Regeln.«
Im Raum war es plötzlich bedenklich still geworden. Alle Anwesenden verfolgten den Wortwechsel voller Spannung. Ein Streit lag in der Luft.
Der Mann mit dem leeren Becher machte einen Schritt zur Seite – auf einmal wirkte er unbeholfen und tapsig, als habe er seinen Körper nicht mehr vollständig unter Kontrolle. In den schmalen Augen flackerte es.
»Seine Regeln ...?«, wiederholte er ungläubig. »Hör mir zu, Weicos! Dass überhaupt ein Solaner dazu bereit war, sich auf Osath niederzulassen, ist hauptsächlich deiner Überredungskunst zuzuschreiben. Und nun stellst du dich hin und hast nichts Besseres zu tun, als uns schon den ersten Abend zu verleiden ...«
Weicos blickte an ihm hoch und verzog die Mundwinkel. Der andere schwankte. Das Gesicht des Mannes war verzerrt,
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