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Atlantis

Titel: Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einem, wie ich fand, extrem geräuschvollen »Nickerchen« zurückzogen.
    Ich hatte immer noch das Gefühl, dass ich den Rückstand aufholen konnte - ich wusste es sogar -, aber ich wusste auch, dass ich es nicht allein schaffen würde. Auch nicht mit Nate. Ich musste mich mit jemandem zusammentun,
der die selbstmörderische Anziehungskraft dieses Aufenthaltsraums im zweiten Stock kannte und wusste, wie das Blut in Wallung geriet, wenn einer anfing, Pik zu spielen, um die Schlampe hervorzulocken. Mit jemandem, der die primitive Freude kannte, die man empfand, wenn es einem gelungen war, Ronnie la femme noire aufs Auge zu drücken.
    Es würde Skip sein müssen, dachte ich. Selbst wenn Carol zurückkommen sollte, würde sie niemals imstande sein, dasselbe Verständnis dafür aufzubringen. Es mussten Skip und ich sein, und wir mussten aus dem tiefen Wasser heraus zum Ufer schwimmen. Wenn wir zusammenhielten, dachte ich, würden wir’s beide durchziehen können. Nicht dass ich mich groß um ihn kümmerte. Zugegeben, das klingt mies, aber es ist die Wahrheit. Bis zum Samstag der Thanksgiving-Ferien hatte ich mein Innerstes gründlich erforscht und erkannt, dass ich mir in erster Linie Sorgen um mich selbst machte, in erster Linie nach Nummer 6 Ausschau hielt. Wenn Skip mich benutzen wollte, war das in Ordnung. Ich wollte ihn nämlich unbedingt benutzen.
    Am Samstagmittag hatte ich in Geologie genug gelesen, um zu wissen, dass ich bei einigen Sachen Hilfe brauchte, und zwar schnell. Es gab nur noch zwei weitere große Prüfungsphasen im Semester; eine Runde von Vorprüfungen und dann die Abschlussprüfungen. Ich würde in beiden wirklich gut abschneiden müssen, wenn ich meine Stipendien behalten wollte.
    Dave und Katie fuhren am Samstagabend gegen sieben; sie zankten sich immer noch (aber inzwischen gutmütiger) über das Haus, das sie in Pownal kaufen wollten. Ich setzte mich an den Küchentisch und fing an, in meinem Soziologiebuch
etwas zum Thema »Sanktionen gegen Outgroups« zu lesen. Es schien darauf hinauszulaufen, dass noch die letzten Armleuchter jemanden brauchen, den sie anpissen können. Ein deprimierender Gedanke.
    Irgendwann merkte ich, dass ich nicht allein war. Ich blickte auf und sah meine Mutter in ihrem alten rosaroten Hausmantel dastehen; sie hatte Pond’s Cold Cream aufgetragen, und ihr Gesicht sah gespenstisch aus. Ich war nicht überrascht, dass ich sie nicht gehört hatte; nach fünfundzwanzig Jahren im selben kleinen Haus wusste sie, wo all die knarrenden und ächzenden Stellen waren. Ich dachte, dass sie mir jetzt endlich ihre Fragen zu Annmarie stellen wollte, aber wie sich herausstellte, interessierte sie mein Liebesleben nicht die Bohne.
    »In wie großen Schwierigkeiten steckst du, Peter?«, fragte sie.
    Ich überlegte mir an die hundert verschiedene Antworten, dann entschied ich mich für die Wahrheit. »Ich weiß es nicht, ehrlich.«
    »Ist es etwas Bestimmtes?«
    Diesmal sagte ich nicht die Wahrheit, und im Rückblick wird mir klar, wie aufschlussreich diese Lüge war: Irgendetwas in mir, das mit meinen besten Interessen nichts am Hut hatte, aber sehr mächtig war, behielt sich immer noch das Recht vor, mich zur Klippe zu schleifen … und über den Rand hinweg.
    Ja, Mama, der Aufenthaltsraum im zweiten Stock ist das Problem, die Karten sind das Problem - jedes Mal sage ich mir, nur ein paar Runden, und wenn ich dann auf die Uhr schaue, ist es Viertel vor zwölf, und ich bin zu müde, um zu lernen. Verdammt, zu aufgedreht, um zu lernen. In diesem
Herbst habe ich nichts weiter getan, als Hearts zu spielen, und das Einzige, was ich wirklich geschafft habe, ist, meine Jungfräulichkeit zu verlieren.
    Wenn ich wenigstens den ersten Teil davon hätte sagen können, dann wäre es so gewesen, glaube ich, als hätte ich Rumpelstilzchens Namen erraten und laut ausgesprochen. Aber ich sagte nichts dergleichen. Ich erklärte ihr, es liege nur am Tempo auf dem College; ich müsse neu definieren, was Lernen heiße, und mir ein paar neue Gewohnheiten zulegen. Aber ich würde es schaffen. Ich sei mir sicher, dass ich es schaffen würde.
    Sie blieb noch einen Moment stehen, die Arme verschränkt, die Hände tief in den Ärmeln des Hausmantels - sie hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem chinesischen Mandarin, wenn sie so dastand -, dann sagte sie: »Ich werde dich immer lieb haben, Pete. Und dein Vater auch. Er sagt es nicht, aber er fühlt es. Wir fühlen es beide. Das weißt du.«
    »Ja«, sagte

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