Atlantis in London
Thelma ist auch dafür. Ich habe ihr die Organisation überlassen.«
»Thelma«, wiederholte Ken, wobei sich sein Blick veränderte. »Ich weiß nicht so recht.«
Seine Frau spielte mit der Kaffeetasse. »Wieso? Hast du etwas gegen sie?«
»Nein, im Prinzip nicht.« Er tupfte seine Lippen ab. »Aber in der letzten Zeit kommt sie mir verändert vor«
»Wie willst du das wissen, Ken? Du siehst sie doch kaum. Abends mal, das ist auch alles.«
»Das hat mir gereicht.«
»Ich verstehe dich noch immer nicht.«
»Du weißt selbst, Betty, dass ich ein Feeling für Veränderungen habe. Wir feiern Mikes Geburtstag heute nach. Vor zwei Tagen wurde er sechs Jahre alt. Da habe ich gesehen, dass sich Thelma ihm gegenüber anders verhielt.«
»Wie denn?«
»Das ist schwer zu sagen. Sie schaute ihn… ja«, sagte er nach einer Nachdenkpause. »Sie schaute ihn so seltsam an.«
Betty musste lachen. »Jetzt machst du dir aber selbst etwas vor, mein Lieber.«
»Nein, auf keinen Fall. Sie hatte einen anderen Ausdruck in ihre Augen bekommen.«
»Da bist du sicher?«
»Ja.«
»Wie denn?« Betty konnte den Spott in der Stimme nicht unterdrücken. Diesmal glaubte sie ihrem Mann nicht.
Bevor er eine Antwort gab, schaute er in den großen Wohnraum hinein. Dort war niemand zu sehen. »Der Ausdruck ihrer Augen ist kälter geworden, Betty. Das musst du mir einfach glauben. Ich habe davor einen regelrechten Horror bekommen. Es lief mir kalt den Rücken hinab, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Nein.« Betty war immer für klare Verhältnisse.
Er hob die Schultern. »Vielleicht habe ich mich auch geirrt, aber von ihr strahlte eine Kälte ab, die mich erschreckte. Du solltest darauf achten, Darling.«
»Das will ich gern tun.«
»Danke.« Er stand auf und nahm sein Jackett von der Rückenlehne, wo er es hingehängt hatte.
Betty schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn, etwas dagegen zu sprechen. Sie hielt auch den Mund, als sich ihr Gatte zu ihr herabbeugte, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu hauchen. »Bis heute Nachmittag, Betty. Und grüße bitte unseren Sohn von mir.«
»Werde ich machen. Sei du aber pünktlich.«
»Ich tue mein Bestes.«
Er ging. Betty schaute ihrem Mann nach, wie er den großen Wohnraum durchquerte. Er hatte noch immer diesen leicht federnden Gang, den sie von früher her kannte. Als die Tür ins Schloss fiel, seufzte sie auf und griff zu den Zigaretten. Nach dem Frühstück musste sie immer rauchen, und sie wusste auch, dass es ihr Mann nicht gern sah, aber dieses Vergnügen ließ sie sich nicht nehmen.
Sie schaut ein den weiten Garten, der wunderschön aussah und schon einem kleinen Park glich. Zwei Gärtner hielten ihn in Ordnung. Einer von ihnen diente Betty auch als Fahrer. Jetzt, im März, würden die Männer wieder alle Hände voll zu tun haben, um die Spuren des Winters zu verdecken. Sie freute sich schon auf die Zeit, wenn wieder alles grün war und sich die Blütenpracht verteilte.
Ein Teil der Feier würde sich im Garten abspielen. Ein kleines Karussell war bestellt, eine Hopswiese aus Schaumstoff, Tische und Stühle würden geliefert werden, und ein Zauberer war ebenso engagiert worden wie ein Clown.
Ein etwas verlorenes Lächeln umschmeichelte die Lippen der Frau, denn sie dachte daran, wie bei ihr früher ein Kindergeburtstag gefeiert wurde. Da war es auch lustig zugegangen, aber ohne diesen immensen Aufwand. Irgendwo fand sie es nicht richtig. Aber sie hatten sich nun einmal in die Rolle hineindrängen lassen, aus der sie nicht mehr herauskamen, denn es gehörte in gewissen Kreisen einfach dazu, die Feste auf eine derartige Weise zu feiern.
Gut war das nicht.
Sie goss sich Kaffee nach. Mike schlief noch. Er sollte auch weiterhin in seinem Bett bleiben, noch konnte er länger schlafen. Wenn er erst einmal in der Schule war, dann ging dies nicht mehr. Sie drückte ihre Zigarette aus. Die Stille gefiel ihr plötzlich nicht. Es war alles wunderbar, auch der Wintergarten konnte sich sehen lassen, dennoch fehlte ihr an diesem Morgen etwas. In dieser Pracht fühlte sie sich unwohl.
Bald würde Thelma erscheinen und mit ihr über den Tag reden. Komisch, was ihr Mann nur gegen das Kindermädchen hatte. Auf sie hatte die Zwanzigjährige einen völlig normalen Eindruck gemacht. Dass sich in ihren Augen etwas verändert hätte, das konnte sie nun wirklich nicht behaupten. Manchmal sah Ken auch Geister.
Obwohl - das musste sie auch zugeben - er einen gewissen Blick für Menschen besaß.
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