Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atme nicht

Atme nicht

Titel: Atme nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer R. Hubbard
Vom Netzwerk:
zwischen uns war, reichte, dass nicht auch sie das Verlangen hatte, mehr daraus zu machen. Aber gestern hatte sie die Grenze zwischen uns festgelegt und das würde ich respektieren. Diesmal war ich derjenige, der sagte: »Ich muss Schluss machen.«
    »Gute Nacht, Ryan«, erwiderte sie.
    Als ich auflegte, kam mir das Klicken vor wie das Zerreißen eines Fadens.
    Am nächsten Morgen lag mir all das noch im Magen wie eine unverdaute Mahlzeit. Trotzdem stand ich auf und ignorierte das Völlegefühl in meinem Innern.
    Im Moment war ich einfach nicht in der Lage, mir Gedanken über meine Mutter, Jake, Val oder sonst jemand zu machen. Ich würde joggen gehen, und nach dem Lunch hatte ich eine Verabredung, um mit einem Toten zu sprechen.

16
    Nicki erwartete mich an der Auffahrt. Sie trug eine Kostümjacke mit einem dazu passenden Rock und hatte sich das Haar zu einem Knoten hochgesteckt. Mir lag schon auf der Zunge zu sagen: »Du bist ja aufgestylt wie meine Mutter«, aber das verkniff ich mir. Stattdessen fragte ich: »Warum hast du dich denn so angezogen?«
    »Weil ich älter aussehen will. Das letzte Medium hat mich nicht respektiert, weil sie mich für ein Kind gehalten hat.«
    Ich warf einen Blick auf den Truck, anschließend auf meine Jeans und mein T-Shirt. Der Truck und ich passten in keiner Weise zum Image – ganz abgesehen davon, dass auch Nicki nicht hundertprozentig überzeugend wirkte. »Aber … ich finde, du hast es übertrieben. Dadurch siehst du noch jünger aus.«
    Sie funkelte mich wütend an, öffnete die Tür des Trucks und machte sich daran, alte Plastikbecher und Einwickelpapier aus dem Wagen zu werfen. Ich trat hinter sie und zog ihr die Spange aus dem Haar.
    »Hey!« Ihre Hände fuhren zum Kopf, während ihre Locken nach unten fielen und sich um ihren Hals ringelten.
    »So siehst du viel besser aus. Auch älter, falls es dir darauf ankommt.«
    Sie spähte in den Seitenspiegel. »Na ja, kann schon sein.« Sie zeigte rüber zur Beifahrertür. »Geh du auf die andere Seite und hol dort den Müll raus. Einfach nicht zu fassen, wie viel Mist Matt hier in nur zwei Tagen hinterlassen hat.«
    Nachdem wir im Wagen aufgeräumt hatten, fuhren wir los. »Wo geht’s denn hin?«, fragte ich, als Nicki zum Highway abbog.
    »Nach Harrisville.« Sie gab mir einen Zettel. »Lies mir die Wegbeschreibung vor, sobald wir bei der Ausfahrt 23 sind.«
    Am Fenster zog eine endlose Kette von Tankstellen und Minimärkten vorbei. Ich verbrachte die Fahrt weitgehend damit, mir wieder und wieder die Szene in Vals Zimmer in Erinnerung zu rufen, vor allem den Teil, als sie vor mir zurückgewichen war. Vielleicht wollte ich die Szene dadurch entschärfen, wollte zu einem Punkt gelangen, wo das Ganze nicht mehr schmerzte, doch nach einer Weile stellte ich fest, dass mir das nicht gelang. Als ich es satthatte, mich damit zu quälen, dachte ich daran, was ich mit meiner Mutter im Diner erlebt hatte. Nun ja, ich verstand es durchaus, mir einen vergnüglichen Tag zu machen.
    Und dann fragte ich mich: Was spricht eigentlich dagegen, dass wir uns einen vergnüglichen Tag machen? Die Sonne schien, Nicki und ich hatten den Truck, niemand wusste, wo wir waren.
    »Heute ist es viel zu heiß«, sagte ich. »Lass uns doch lieber zum Strand fahren!« Das Meer war in drei Stunden zu erreichen. Natürlich hätte mir klar sein müssen, dass Nicki sich durch nichts von ihrer großen übersinnlichen Mission abbringen lassen würde. Trotzdem stellte ich mir vor, wie wir weit von hier entfernt unsere Zehen in nassen Sand gruben und dem Rauschen der Wellen zuhörten.
    »Zum Strand! Wie kommst du denn jetzt darauf?«
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich weil es so heiß ist.«
    »Das ist es jeden Tag. Deshalb nennt man diese Jahreszeit Sommer .« Sie leckte sich über die Lippen. »Ich hoffe wirklich, dass dieses Medium was von ihrer Sache versteht.«
    »Erwarte nicht zu viel.«
    »Hör mal, Ryan, irgendwas muss an diesem übersinnlichen Zeug doch dran sein, oder?«
    »Und warum?«
    »Weil viele Leute daran glauben und übernatürliche Erlebnisse haben. Die können sich schließlich nicht alle irren.«
    »Doch, können sie.«
    Sie stieß laut den Atem aus. »Warum bist du dann überhaupt mitgekommen?«
    »Weil ich finde, dass du das nicht allein machen solltest.«
    Einen Kilometer lang huschten Fast-Food-Restaurants, Banken und Tankstellen am Fenster vorbei. »Glaubst du denn an gar nichts?«, fragte Nicki nach einer Weile. »Ich meine an Dinge, die man

Weitere Kostenlose Bücher