Atmen – ein lebendiges Geschehen (Gralsverlag Ratgeber)
Berücksichtigung des Ausatems. Wenn ich etwas Schweres hebe oder etwas von mir werfe, begleitet der Ausatem die Bewegung, die mit dem Ausatem verbundene Atemkraft unterstützt die körperliche Aktivität. Sie werden merken, daß Sie auf diese Weise weniger außer Atem geraten, die körperliche Ausdauer verbessert sich.
Umgekehrt wirkt auch die Atembewegung auf die äußere Bewegung. Das Gestalten der Atembewegung nach außen durch Bewegungen, die getragen sind vom Atem, ist ein wunderschöner Anblick. Eine Art Tanz kann daraus entstehen. In all unseren Bewegungen erkennen wir den Atem als Mittler, unser Gleichgewicht zu finden. Jemand, der auf einem Bein steht zum Beispiel, beginnt sofort hin- und herzuwackeln, sobald er den Atem anhält. Erst vom Atem durchpulste Bewegung befindet sich im Gleichgewicht.
Nicht umsonst liegen Gleichgewichtsorgan und Atemzentrum in unserem Körper in unmittelbarer Nähe zueinander.
Noch eine andere Gesetzmäßigkeit durchzieht das Wechselspiel zwischen Atem und äußerer Bewegung: Je feiner die äußere Bewegung, um so tiefer reicht die Wirkung, die lebendige Anregung nach innen; je gröber die äußere Bewegung, um so stärker bleibt die Wirkung in der äußeren Muskulatur haften.
Das hängt mit der Tätigkeit des Kleinhirns zusammen. Hier bedarf es einer kurzen Erklärung der Begriffe Kleinhirn, besser gesagt Hinterhirn, und Großhirn, auch Vorderhirn genannt, in der ich mich wieder auf die Gralsbotschaft beziehen möchte:
„Dem Vorderhirn fällt alle Arbeit des Verstandes zu für äußere Betätigung im gröbsten Stofflichen, also in der Materie, dem Hinterhirn jedoch das Aufnehmen und Weitergeben zur Verarbeitung der Eindrücke von oben, die leichter, lichter sind als grobe Stofflichkeit.
Dieses zu Nutzen der Menschen gegebene harmonische Zusammenwirken der beiden Gehirne wurde durch einseitige Hingebung des Menschen zu nur irdischem, also grobstofflichem Wirken gestört und mit der Zeit ganz unterbunden, förmlich abgeschnürt, weil das Vorderhirn durch allzu rege Beschäftigung mit der Zeit zu groß sich entwickeln mußte im Verhältnis zu dem vernachlässigten Hinterhirn, was dadurch immer mehr empfangsunfähig wurde und geschwächt.“ (Vortrag „Erstarrung“)
Die feineren Bewegungen und deren Zusammenspiel werden vom Kleinhirn aus gesteuert und erreichen uns auf der Empfindungsebene.
Eine kleine Gegenüberstellung, die die Pädagogin Gisela Reiners aus ihrer langjährigen praktischen Erfahrung entwickelt hat, soll die unterschiedlichen Funktionen von Großhirn und Kleinhirn im Hinblick auf Bewegungsabläufe verdeutlichen:
Großhirn
– motorisches System –
Kleinhirn
(auch Empfindungs- oder Bildhirn)
1. grobe Regulierung
• erstes Ingangsetzen der Muskelgruppen
• Ansatz in den Extremitäten
1 . feine Regulierung
• Ganzheitlichkeit
• Ansatz aus der Leibesmitte, Rumpf
2. die Bewegung ist abrupt, stoßhaft, stets in Gefahr der übermäßigen Beschleunigung
2. die Bewegung ist abgerundet, harmonisiert
3. die Impulse sind punktuell auf ein Ziel gerichtet
3. die Impulse sind auf die Umwelt abgestimmt
4. die Muskulatur ist ständig in Spannung oder fällt plötzlich ab, ist ermüdbar
4. die Muskulatur befindet sich in einem Wechsel zwischen Spannung und Lösung, ist regenerationsfähig
5. Bewegungsverlauf: kurze geradlinige Wege, Stöße der Schwerkraft folgend
5. Bewegungsverlauf: die Schwerkraft benützend, Schwung, schwingen, fliegen
6. Leistung: erste Verankerung im Leiblichen. Gefahr bei Überbetonung: Verengung, Verarmung des Raumempfindens, Zeitenge, Taktbetonung in kurzer Folge, Krampf
6. Leistung: Einstimmung in Raum und Zeit, Möglichkeiten zum Gestalten in Rhythmus und Dynamik, Gleichgewicht, Koordination aller Einzelbewegungen zu einem persönlich geprägten Ganzen
Übung „Die kleinen Schritte“:
Zur Vorbereitung stellen Sie sich etwas breiter hin als gewöhnlich. Sie verlagern Ihr Gewicht auf einen Fuß und geben dabei im Knie nach, während der Oberkörper gerade bleibt. Der Einatem erfolgt spontan (wenn man ihn nicht durch Denken behindert), während der Ausatemphase richten Sie sich bis zur Senkrechten wieder auf. Das Gewicht verlagert sich dabei wieder in die Mitte. Sie warten die Atempause ab und vollziehen dasselbe zur anderen Seite, bis Sie allmählich wieder eine echte Übereinstimmung zwischen der Bewegung und Ihrem Atemrhythmus gefunden haben.
Dann nehmen Sie beide Füße ganz dicht zusammen, so daß Ihnen nur eine recht kleine Basis
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