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Atomgewicht 500

Atomgewicht 500

Titel: Atomgewicht 500 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Paket zurück, band es an einen Draht und versenkte es kurzerhand neben einem Brückenpfeiler in den Kanal.
    Auf seine Frage hatte Schillinger damals nur eine knappe Antwort von dem Doktor bekommen. „Es sind die strahlenden Kristalle, lieber Schillinger, die wir neulich zusammen in Detroit fabriziert haben”, hatte er gesagt, „das Zeug muß dauernd gekühlt werden. Auf die Reise möchte ich es jetzt nicht mitnehmen. Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich es vorläufig bei Ihnen ins Wasser stecke? Später, wenn in Salisbury alles in Ordnung ist, werde ich's mir gelegentlich mal holen.”
    Lachend hatte Schillinger ihm damals den Vorschlag gemacht, das Päckchen doch lieber in einen Dampfkessel des Werkes zu stecken, wo die Wärme gleich nützliche Verwendung finden könne, aber der Doktor war auf den Scherz nicht eingegangen. Jetzt, wo er sich das alles noch einmal vergegenwärtigte, kamen Schillinger auch wieder die Worte in die Erinnerung, mit denen Dr. Wandel den Vorschlag damals ablehnte.
    „Später vielleicht, mein lieber Schillinger”, hatte er gemeint, „wenn wir erst etwas weiter sind; heute könnte das Experiment Ihrem Kessel vielleicht übel bekommen. Vorläufig liegt die Geschichte besser im Kanal.”
    „Bei Gott, der Doktor hat recht!” Unwillkürlich sprach. Schillinger laut aus, was ihn in diesem Augenblick bewegte. Kein Dampfkessel der Welt, und wäre es der beste und festeste, hätte diesem plötzlichen riesenhaften Dampfausbruch widerstehen können. Zerfetzt und zerrissen wären seine stählernen Wände in alle Winde verstreut worden.
    Aber konnte Dr. Wandel einen derartig jähen Energieausbruch voraussehen? Wußte er damals schon um die unheimlichen Eigenschaften seiner strahlenden Kristalle? Lag von Anfang an ein tieferer Sinn in den scheinbar ganz unverfänglichen Worten, die er damals sprach? Das waren Fragen, die Joe Schillinger beschäftigten, während er sich dem Werk näherte.
    Schon auf halbem Wege traf er auf Gruppen seiner Werkleute. Durch das unerklärliche Naturereignis erschreckt und verstört, hatten sie ihre Arbeitsplätze verlassen, besprachen es unter sich und bestürmten jetzt auch ihn mit Fragen. Was er wirklich wußte, mochte er ihnen nicht sagen. So äußerte er sich nur sehr unbestimmt über einen Dampfausbruch vulkanischer Art, der schon wieder vorüber wäre, und ermahnte die Leute, wieder an ihre Arbeit zu gehen.
    Seine Worte hatten auch den gewünschten Erfolg, aber er vermochte es nicht zu verhindern, daß das Telephon in Betrieb genommen wurde. Mehr als einen im Werk drängte es, Freunden und Bekannten in Detroit von dem aufregenden Vorkommnis Mitteilung zu machen, und es lag im Lauf der Dinge, daß unter denen, die vom Saint-Clair-See her angerufen wurden, sich auch Vertreter der Presse befanden.
    Zu jeder andern Zeit wäre die Nachricht für die Redaktionen in Detroit ein Schlager ersten Ranges gewesen und dementsprechend aufgenommen worden. Heute erregte sie jedoch nur verhältnismäßig geringes Interesse, denn ein anderes, wichtigeres Ereignis nahm im Augenblick die öffentliche Meinung von Detroit in Anspruch, das Großfeuer in den Werken der United Chemical.
    *
    Mit dem verhältnismäßig harmlosen Brand auf dem Schreibtisch Claytons begann es, der den Direktor veranlaßte, aus seinem Zimmer zu eilen und den Feuermelder in Bewegung zu setzen. Er stand noch auf dem Korridor und beobachtete besorgt, wie immer dichterer Qualm aus der Tür seines Zimmers drang, als auch in dem hinteren Teil des Werkes, wo Professor Melton seine Abteilung hatte, die Alarmsirenen aufheulten.
    Mit einer unheimlichen Pünktlichkeit explodierten die Kristalle Dr. Wandels, wo immer sie sich auch befinden mochten. Genau zu der gleichen Minute, in der die Erdhalde in Salisbury aufglühte und der Stichkanal am Saint-Clair-See ins Kochen geriet, erfolgten auch an zwei Stellen in der Abteilung Melton gewaltige Ausbrüche atomarer Energie.
    Zu dieser Zeit waren Professor Melton und Phil Wilkin in der großen Halle dabei, einen neuen Versuch mit dem Autoklav zu machen. Unzufrieden mit der immer geringer werdenden Ausbeute hatte der Professor sich zu dem Entschluß aufgerafft, mit den Drücken und Temperaturen ein kräftiges Stück weiterzugehen. Auf seine Anweisung mußte Wilkin immer stärkeren Strom in die Dammgrube geben. Tom White hatte die Pumpenanlage zu bedienen.
    Da sah Professor Melton, daß die Zeiger der Druckmesser plötzlich sprunghaft in die Höhe gingen. Er glaubte, daß

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