Atomgewicht 500
nicht erwähnt. Das gab wieder neue Rätsel auf und entsprach damit durchaus den Absichten, die der Urheber der anonymen Mitteilung verfolgte.
Lange hatte Tom White hin und her probiert, Entwürfe gemacht und wieder zerrissen, bis er zu der auf den ersten Blick ziemlich läppisch erscheinenden Fassung kam, die Clayton jetzt Kopfzerbrechen verursachte. Peinlich hatte er sich dabei gehütet, seine Mitteilung etwa so zu formulieren, daß sie als eine unmittelbare Antwort auf die von Chelmesford und Clayton in ihren Besprechungen aufgeworfenen Fragen gelten konnte, denn deutlich sah er die Gefahr, die darin für ihn lag.
Ein leiser Verdacht nur, daß irgendein Unbefugter die Gespräche im Zimmer des Präsidenten belauschte, und der Sicherheitsdienst der United wäre sofort in Tätigkeit getreten und hätte wohl recht schnell die geheime Telephonanläge entdeckt. Das durfte aber nicht sein, und deshalb stand nichts von einem nächtlichen Experiment, von Schillinger und von dem dritten Mann in dem Brief. Wie das Machwerk eines mißgünstigen Angestellten las es sich, der dem Laboratoriumsdiener eins auswischen wollte, aber dennoch verfehlte es seinen eigentlichen Zweck nicht, denn Clayton gewann die Überzeugung, daß hier ein brauchbarer Hinweis vorlag, dem man nachgehen mußte.
Noch überlegte er, welche Stelle des Werkes er mit der weiteren Verfolgung der Angelegenheit beauftragen solle, als der Fernsprecher sich meldete. Der Anruf kam aus der Anmeldung. Mr. Jefferson war eben aus Salisbury angekommen und bat um eine Rücksprache.
„Er soll kommen!” rief Clayton in den Apparat und legte den Brief Tom Whites in seinen Schreibtischkasten. Die Unterbrechung war ihm im Augenblick nicht unwillkommen, denn der Fall McGan mußte noch gründlich überlegt werden.
Wenn die Sache nicht von Anfang an richtig angefaßt wurde, konnte viel dabei verdorben werden. Mit Erwartung sah er dem Besuch Jeffersons entgegen. Vielleicht hatte der gepfefferte Brief, den er ihm hatte schreiben lassen, den Agenten doch zu energischem Tun aufgerüttelt, und er konnte endlich wieder Erfolge melden. Aber war es nötig, daß er deshalb die lange Reise von Salisbury nach Detroit unternahm? Es mußte doch wohl etwas Besonderes sein, das ihn dazu veranlaßte.
Ein Klopfen an der Tür. „Come in!” rief Clayton, und Jefferson trat ins Zimmer. In der Linken trug er einen kleinen Handkoffer, mit der Rechten drückte er einen runden, in Papier gehüllten Gegenstand an die Brust.
„Hallo, Jefferson!” fragte Clayton verwundert. „Sie kommen ja an wie ein Handlungsreisender. Wollen Sie mir was verkaufen oder Bericht erstatten?”
„Bericht erstatten, Herr Direktor”, erwiderte Jefferson, während er den Koffer auf den Fußboden setzte, das in Papier gehüllte runde Etwas auf den Tisch stellte und nun auch endlich Gelegenheit fand, den Hut abzunehmen.
„Ich habe Ihnen etwas aus Salisbury mitgebracht, Mr. Clayton”, fuhr er fort, „ich glaube, es wird Sie interessieren.”
Während er es sagte, entfernte er das Papier, und eine Wasserflasche kam zum Vorschein, die er dem Direktor hinschob.
„Was soll das?” fragte Clayton befremdet.
„Wasser aus dem Laboratorium des Doktor Wandel, Mr. Clayton. Ein recht merkwürdiges Wasser.”
Als Jefferson den Namen des Doktors nannte, horchte Clayton auf.
„Von Doktor Wandel? Ah, das ist interessant!” Er griff nach der Flasche, um sie näher zu sich heranzuziehen, zog aber die Hand schnell zurück.
„Pfui Teufel, Jefferson! Das Zeug ist heiß. Beinahe hätte ich mich verbrannt.”
„Das ist ja das Merkwürdige daran, Mr. Clayton, weswegen ich es Ihnen mitgebracht habe. Es entwickelt unablässig ganz hübsche Wärmemengen. In dem Gefäß läßt sich's zur Not noch halten, aber aus Doktor Wandels Laboratorium habe ich es in einer Thermosflasche geholt, das hätte ums Haar ein Malheur und eine Entdeckung gegeben.”
Jefferson hielt es für überflüssig, die Mitwirkung von Mrs. Boyne bei der Beschaffung dieser Probe zu erwähnen, und schilderte Clayton die Dinge, die sich dabei zugetragen hatten, so, als ob sie ihm selber zugestoßen wären, wobei er nicht mit Worten sparte, um sie kräftig auszumalen.
„Das hier ist die Flasche, in die ich es zuerst füllte”, sagte er und holte die Thermosflasche aus seinem Koffer. „Sie werden gleich sehen, Mr. Clayton, wie der Stoff sich darin benimmt.”
Noch während er das sagte, goß er das Wasser in das Thermosgefäß über, und in Kürze
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