Atomvulkan Golkonda
(wiederum) auf der Venus kein Wasser gibt, wie kann man sich dann vorstellen, dass es dort auch nur Kletten und Ameisen gibt, da doch das Leben bekanntlich auf Wasser und Proteinen beruht? Viertens: Warum sollte man meinen, dass der Himmel auf der Venus schwarz und die Dämmerung rot aussieht? (Obwohl der arme Hades auch mit schwarzer Dämmerung bei weißem Himmel genug hätte.) Erkläre mir das alles bitte ausführlich, denn der Titel ›Das Land der Purpurwolken‹ gefällt mir zwar sehr, doch die Änderung meiner Konzeption von der Venus zieht recht gravierende Folgen nach sich, insonderheit die Änderung oder gar Streichung von Stellen in meinem Roman, die mir Mühe gemacht haben und mich gar beeindruckend deuchen.
Das ist anscheinend das erste Mal, dass wörtlich »Das Land der Purpurwolken« erwähnt wird. Arkadi denkt aktiv über dieses Thema nach, und Boris hilft ihm, so gut er kann – er liefert die »wissenschaftlich-technische Grundlage«.
23. 2. 53, Brief von Arkadi:
Der Plan meiner literarischen Tätigkeit (für 1953): 1. »DasLand der heißen Wolken« – Roman. 2. »Rumata und Yume« – Roman. ... Mit dem »Land« hätte ich längst begonnen, aber Du glänzt nicht durch Aufmerksamkeit: Wo bleiben die Angaben [über schweres und überschweres Wasser]? Außerdem muss ich wissen, ob die Temperatur zu dem für [Wasserstoff] kritischen Zeitpunkt im Gebiet der Proto-Venus wesentlich höher war als im Gebiet der Proto-Erde. ... Aber die Idee wächst und gedeiht. »Chius versus Linda« soll doch ins Dasein treten. Was den »Rumata« angeht – vorerst nur Skizzen. Es wird etwas in der Art von »Tarzans Sohn« {6} , aber ich werde es trotzdem schreiben.
In Klammern will ich anmerken, dass der Roman »Rumata und Yume« denn doch nie geschrieben wurde. Ich habe auch keine Skizzen gesehen. Vermutlich kam Arkadi nicht damit zurande. Was indes den Atomvulkan angeht, war doch ein gewisser – und wesentlicher! – Fortschritt zu beobachten.
Hier ist ein Auszug aus einem Brief Arkadis vom 5. 3. 53:
Wenn Du ein Gespräch unter Männern willst – dann lass uns reden. Vor allem über meine literarischen Talente. Die übertreibst Du gar zu sehr. Natürlich, theoretisch kann man sich eine Art Science-Fiction-Version von »Fern von Moskau« {7} vorstellen, wo wir anstelle des Bauleiters einen militärisch-administrativen Diktator der Sowjetischen Venus-Territorien haben, anstelle des Adun das Ufer der Purpurwolken, anstelle der Erdölinsel Taissin die Urangolkonda, anstelle der Erdölleitung irgendetwas, das Uran fördert und zur Erde schafft ... Viermal habe ich versucht, so ein Buch zu beginnen, ich habe sogar schon ganze anderthalb Kapitel geschrieben ... Und jedes Mal bin ich stecken geblieben und habe die Feder verzweifelt hingeworfen. Es liegt nicht daran, dass ich mir die Menschen unter solchen Bedingungen nicht vorstellen könnte, ihren Alltag, ihre Sitten, wie sie trinken, ihre kleinen Streitereien und großen Freuden – wenigstens was das betrifft, hast Du Dich zum Glück nicht geirrt, ich brauchte nur die Menschen zu schildern, die jetzt um mich herum sind. Das Problem ist viel gravierender und einfacher – mir fehlt jede technische Vorbereitung, ich habe nicht die mindeste Ahnung von den möglichen Formen der Produktion oder eben Förderung von Uran, von den möglichen Organisationsformen nicht nur solch eines phantastischen, sondern sogar eines gewöhnlichen Betriebs, wie sich die Rolle eines Ingenieurs von der eines Meisters oder Technikers unterscheidet usw., usf. Meine vollständige Unbildung in diesem Lebensbereich hat es mir unmöglich gemacht, allen meinen großen und kleinen Konflikten einen Hintergrund zu geben, und so sind die Ärmsten hilflos in der Leere hängen geblieben. Deshalb muss ich meine komplette Niederlage an der Front des »Ufers der Purpurwolken« eingestehen. Du musst zugeben, wo soll da irgendein Realismus herkommen, wenn ich dem Roman nichts auch nur annähernd Reales zugrunde legen kann? Darum habe ich die Aufgabe eingeengt und einfach eine Erzählung vom Untergang einer der ersten Expeditionen auf einen unbekannten Planeten geschrieben – die Venus vermeide ich, weil es dort wegen Deiner Sande und des Wassermangels keinen Spielraum gibt. Eine Erzählung in der Art von Londons ›Der Rote‹ {8} – das letzte Stückchen vom Schicksal eines Mannes, der einsam stirbt.
Hier ist von der bereits erwähnten Geschichte ›Die Ersten‹ die Rede. Ich weiß noch, dass sie auf
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