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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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glaube, in ein, zwei Jahren werden wir voller Verachtung auf die heutigen Kisten mit Impulsantrieb herabblicken und ganz zur Photonentechnik übergehen.«
    Pjotr Wassiljewitsch wiegte zweifelnd den Kopf. »Jungs, ihr habt selber gesagt, dass die erste Chius verbrannt ist.«
    »Na und? Und wie viele Raketen sind in den letzten zwanzig Jahren verbrannt?«
    »Aber warum ausgerechnet bei so einem ernsten Unternehmen, wie ihr es vorhabt, ein Risiko eingehen?« Pjotr Wassiljewitsch drückte wütend einen Zigarettenstummel im Aschenbecher aus. »Soll doch eure Chius die normalen Tests durchlaufen, Probeflüge innerhalb der Mondbahn absolvieren, und dann kann man ...«
    »Bei solcher Denkweise würden wir immer noch auf der Erde hocken und uns vor dem Sprung fürchten«, sagte der Dicke vorwurfsvoll. »Ohne Risiko erreicht man überhaupt nichts.«
    »Das denkst du doch nicht wirklich, Petja, ich kenne dich doch«, sagte der »Fant« sanft. »Du bist einfach schrecklich müde, und Gerschensons Tod hat dir zugesetzt. Und du würdest so etwas niemals sagen, wenn du selbst an unserer Expedition teilnehmen würdest, nicht wahr?«
    Pjotr Wassiljewitsch zuckte mit den Schultern und wandte sich ab. Der »Fant« schaute über den Tisch hinweg. Für einen Moment traf sein Blick auf den von Alexej Petrowitsch. Und sofort verschwand der sanfte Ausdruck aus seinem Gesicht. Er wurde wieder so abschätzig und herablassend wie am Fahrstuhl. Er beugte sich zu Grischa hinab, sagte halblaut etwas, und beide schauten zu Alexej Petrowitsch hin. Zweifellos wäre der Hauptmann rot geworden, wenn er es gekonnt hätte. Und er wurde es auch – innerlich. Aber die Farbe seines sonnenverbrannten Gesichts änderte sich natürlich nicht.
    »Was denn, lassen sie jetzt jeden x-Beliebigen in unsere Kantine?«, sagte der »Fant« laut, an den Dicken gewandt. Der blickte verwirrt um sich.
    Grischa legte dem »Fant« die Hand auf die Schulter und sagte versöhnlich: »Lass gut sein, Sascha.«
    Alexej Petrowitsch stand auf, legte Geld auf den Tisch und bewegte sich zum Ausgang, bemüht, möglichst langsam zu gehen und sich nichts anmerken zu lassen. Schimpfen oder einfach grob antworten wollte er nicht, dergleichen konnte er auch nicht besonders gut. An der Theke der Kantine blieb er stehen, um Zigaretten zu kaufen, und hörte den »Fant« laut zu jemandem sagen: »Nein, es ist nicht egal. Die haben hier nichts verloren, haben nicht herumzulaufen, zu lauschen und vor Rührung zu sabbern, um es hernach ihren Bekannten zu erzählen. Alle diese Journalisten, Delegationen, müßigen Militärs sollen sich fernhalten von unseren Kümmernissen und Freuden. Man darf ihnen nicht erlauben, ihre schmutzigen Finger in unsere Seelen zu stecken. Wir sind wir, und fertig. Im Grunde können wir ja nur hier offen über alles reden. Und Fremde haben ihre Nasen nicht in unsere Seelen und unsere Gräber zu stecken!«
    Als er die Kantine verließ, schaute Alexej Petrowitsch auf die Uhr. Bis drei blieb noch eine halbe Stunde. Er hielt den ersten Vorübergehenden an und fragte nach dem Lesesaal. Er musste etwas über die Venus erfahren. Ein Flug zur Venus war sicherlich nicht weniger ehrenvoll als zu irgendeiner Golkonda. Und später – später würde er diesem »Fant« von gleich zu gleich gegenübertreten und ihm die Meinung sagen.

BORIS STRUGATZKI
    Kommentar
    Ohne Arkadis phantastische Energie, ohne seinen verzweifelten Drang, etwas zu erreichen, sich durchzusetzen, etwas zu werden , hätte es die Brüder Strugatzki niemals gegeben. Denn ich war damals träge, dem Philosophieren zugeneigt und gleichgültig gegenüber jeglicher Art von Erfolg, ausgenommen vielleicht in der Astronomie, für die ich aber auch nicht besonders entflammt war. Von jemandem (vielleicht sogar von Arkadi) hatte ich in ganz jungen Jahren die alte Redensart gehört: »Lieber gehen als laufen, lieber stehen als gehen, lieber sitzen als stehen, lieber liegen als sitzen, lieber schlafen als liegen ...«, und sie hatte bei mir eine unbeschreibliche Begeisterung ausgelöst. (Das letzte Glied der Kette, »... lieber sterben als schlafen«, hatte ich allerdings im jugendlichen Überschwang komplett ignoriert.) Arkadi hingegen war damals hartnäckig, unglaublich leistungsfähig und fleißig und fürchtete keine Arbeit auf der Welt. Sicherlich kam ihm nach der Armee das Zivilleben wie die Verkörperung grenzenloser Freiheiten und ungeahnter Möglichkeiten vor.
    (Später ging das alles vorüber und kehrte sich um.

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