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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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hundert Jahren ganz und gar aufgehört haben wird zu existieren. Hast du wirklich noch nichts von ihm gehört?«, wandte sich Jurkowski wieder an Bogdan.
    Dieser schüttelte den Kopf.
    »Dann hör zu, was Fedja uns im vergangenen Jahr erzählt hat, und du wirst blamiert sein, bereite dich darauf vor. Fedja hat nämlich an der zweiten Expedition zum Weiyang teilgenommen. Und weißt du, was er sagte? ›In dieser kurzen Entfernung von der Sonne‹, sagte er, mussten wir uns auf allerlei Überraschungen gefasst machen, die das mächtige Gravitationsfeld für uns bereithalten konnte.‹ Und es gab Überraschungen, und sie hätten der Expedition beinahe das Leben gekostet! So ist das ...«
    »Schon gut. Erzähle weiter.«
    »Hör zu. Lu Shi’er war es nicht gelungen, nahe an dieses Planetchen heranzukommen, doch seine Bahn hatte er ziemlich genau berechnet. Und nun kommt die erste Überraschung: Unsere Leute fanden den Planeten gar nicht an der Stelle vor, wo er nach den Berechnungen Lu Shi’ers hätte sein müssen!«
    »Lu hatte sich eben geirrt«, brummte Bogdan.
    »Möglich. Damit das Raumschiff nicht verbrannte, war es mit einem Spiegelschirm ausgestattet. Anfangs ging alles gut. Man fand den Planeten und strebte in seinen Schatten. Er ist sehr klein – ein eiförmiger Klumpen kristallinischen Eisens von einigen Dutzend Kilometer Durchmesser. Er dreht sich rasch und kommt nicht zum Abkühlen. Aber die Expedition hoffte, ihre Beobachtungen dennoch durchführen zu können, nämlich von der Schattenseite aus. Ja, Pustekuchen ...« Jurkowski machte eine effektvolle Pause und blickte Spizyn triumphierend an. »Je mehr sich das Raumschiff der Sonne näherte, um so stärker machten sich neue, höchst seltsame Erscheinungen bemerkbar. Die Sonne wechselte die Farbe, sie verdüsterte sich und wurde rot. Ihre sichtbaren Ausmaße nahmen bedeutend schneller zu, als dies nach den perspektivischen Gesetzen möglich ist. Schließlich ...« Jurkowski warf erneut einen triumphierenden Blick auf Spizyn, »schließlich begann sie gleichzeitig von allen Seiten zu wärmen und zu leuchten! Es gab keinen Schatten. Fjodor sagte, es sei furchtbar gewesen. Das Raumschiff berührte fast die glühende Oberfläche des Weiyang, aber nirgends war Schatten. Die Sonne, gewaltig, unerträglich heiß, schien das Schiff umzingelt zu haben. Auch dort, wo sie gar nicht sein sollte, auf der entgegengesetzten Seite, leuchtete sengend ein blutroter Fleck und verdeckte den ganzen Himmel ...«
    »Ein Trugbild«, meinte Bogdan unsicher.
    »Ein Trugbild in der Leere? Ein Trugbild, das brennt und Ströme von Protonen aussendet? Nun gut, nehmen wir es an. Aber dass die gyroskopischen Bordgeräte versagten und sämtliche Chronometer, darunter auch gewöhnliche Armbanduhren, genau um dreiundzwanzig Minuten zurückblieben, wie es sich nach der Rückkehr herausstellte – ist das etwa auch ein Trugbild?«
    Bogdan schwieg.
    »Womit ist denn das alles zu erklären?«, konnte sich Bykow nicht enthalten zu fragen.
    »Selbstverständlich damit, dass die Gravitation in einer solchen Sonnennähe die ›Absolutwerte‹ des Raumes und der Zeit verändert und entstellt. Hier bleibt dir nur ein Trost ...« Jurkowski streckte Bogdan theatralisch die Hand entgegen. »Alle diese Erscheinungen sind nicht einmal mit der Einsteinschen Theorie zu erklären. Auf jeden Fall zeigen sie aber: Der Raum ist nicht einfach nur Raum, wie du vor einer halben Stunde so leichtfertig behauptet hast. Das beweist Fjodors weißes Haar. Erst nach dem fünften oder sechsten Versuch gelang es ihm, das Raumschiff aus dem Bereich des Weiyang fortzusteuern.«
    Jurkowski verstummte und begann, pfeifend in der Messe auf und ab zu gehen. Bykow dachte angestrengt über den Sinn der seltsamen Worte nach: »Die Gravitation hat Zeit und Raum verändert.« Gerade wollte er eine Frage stellen, als Dauge, der schon seit geraumer Weile mit ironischen Blicken Jurkowski verfolgte, der Diskussion ein Ende bereitete: »Genug geschwätzt! Wladimir!«, sagte er. »Deck den Tisch und ruf Anatoli Borissowitsch. Es ist Zeit zum Abendessen.«

    Nach dem Abendessen blieben alle am Tisch, außer Krutikow, der Wachdienst hatte. Jermakow, ein wenig schläfrig, doch wie immer glatt gekämmt und gestrafft, saß bei einer Tasse Kaffee und nahm ab und zu mit Wohlbehagen einen Schluck zu sich. Bogdan und Jurkowski erzählten sich halblaut amüsante Begebenheiten aus ihrer Studentenzeit. Dauge mixte ernst und konzentriert ein

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