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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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phantastisches Getränk aus mindestens zehn verschiedenen Fruchtsäften. Ein weiches mattes Licht erhellte die Messe. Alles war stabil, anheimelnd, friedlich, und Bykow dachte wohl zum hundertsten Male daran, wie wenig doch dieses Bild zu der Vorstellung passte, dass sie in einem Metallkasten lebten, der mit unheimlicher Geschwindigkeit Millionen von Kilometern schwarzer Leere verschluckte.
    »Was überlegst du, Alexej?«
    Bykow lächelte schuldbewusst.
    »Weißt du, man hat so seine Gedanken. Da sitzen wir nun hier, trinken Kaffee und Tee ... Ich habe mir alles ganz anders vorgestellt ...«
    »Wie hast du’s dir denn vorgestellt?« Johannytsch tat erstaunt. »Ach, wohl so, wie es in den Büchern steht? In Zeitungsartikeln?«
    »Und wennschon ...«
    Jurkowski sagte geschraubt: »Die kühnen Raumfahrer überwinden mannhaft alle Schwierigkeiten des gefahrvollen Fluges, indem sie tapfer allen Fährnissen entgegenschreiten.«
    »Ja ... So ähnlich. Und außerdem hatte ich mit der Schwerelosigkeit gerechnet und war auf allerlei neue Eindrücke gefasst.«
    »Ach, du lieber Gott!«
    »Nein, nein, ich weiß – auf einem Schiff, das sich mit ständiger Beschleunigung vorwärtsbewegt, ist die Schwerelosigkeit undenkbar. Und dennoch bin ich enttäuscht.«
    Bogdan und Dauge lachten.
    »Glauben Sie mir, Alexej Petrowitsch«, sagte Jurkowski ernst, »ohne Schwerelosigkeit ist es viel bequemer. Sie haben Glück gehabt. Ich erinnere mich, vor etwa sechs Jahren machten wir eine Fahrt zum Mond, und mit uns flog, wohlgemerkt ebenfalls zum ersten Mal, ein gewisser Spezialist – allerdings kein Wüstenexperte, sondern ein Selenograph. Lange Jahre hatte er den Mond studiert, hatte über ihn geschrieben und debattiert, aber er war noch nie dort gewesen, er fürchtete sich vor dem Flug. Ja, so ist es manchmal im Leben ...«
    »Du meinst wohl Gluskin?«, fragte Dauge.
    »Ganz recht, den meine ich.« Jurkowski lächelte. »Also, wir starten. Fliegen. Haben den Reaktor abgeschaltet, die Passagiere aus den Gegendruckkammern gelassen. Alles war für sie überaus interessant – die Schwerelosigkeit, die neuen Eindrücke und so weiter. Dieser Gluskin freut sich auch, freilich, ein wenig blass sah er aus. Etwa zwei Stunden später kommt er zu mir und fragt: ›Wo ist hier die Toilette, Genosse?‹ Und ich, stellt euch vor, denke gar nicht daran, dass er ein Neuling ist. ›Gehen Sie‹, sage ich, ›den Korridor entlang, die letzte Tür rechts.‹ Und weiter habe ich ihm nichts erklärt. Dann ist er gegangen, der Ärmste.«
    Dauge, Bogdan und sogar Jermakow lächelten bereits. Bykow hörte mit finster zusammengezogenen Brauen zu.
    »Also, er schloss sich ein, wie es sich gehört«, fuhr Jurkowski fort. »Es vergehen zehn Minuten, eine Viertelstunde – er kommt nicht! Dann erscheint er – nass von oben bis unten, schimpft wie ein Rohrspatz, ganze Wolken von Wasserblasen schweben um ihn her ... Wir stoben auseinander, um uns zu verstecken, und schalteten auf volle Kraft die Ventilatoren ein. Mit Müh und Not kriegten wir den Korridor sauber. Unser Selenograph fluchte zum Gotterbarmen! Ich werde jetzt noch rot, wenn ich daran denke. Wir hatten doch auch Frauen an Bord. Sehen Sie, Alexej Petrowitsch – solche Dinge kann zuweilen die Schwerelosigkeit anrichten!«, schloss Jurkowski triumphierend.
    »Ja, im Allgemeinen ist die Schwerelosigkeit ein zweifelhaftes Vergnügen«, bestätigte Dauge, als das Lachen verstimmt war. »Bis man gelernt hat, sich richtig zu benehmen, muss man sich gehörig abplagen ...«
    »Ich erinnere mich«, sagte Bogdan, »wie ein Kamerad ...«
    »Warten Sie mal«, unterbrach ihn Jermakow.
    Von oben ertönte ein feiner, kaum hörbarer an- und abschwellender Ton, gleich dem Summen einer Mücke im Lagerzelt. Bykow sah, wie aus Jermakows versteinertem Gesicht alle Farbe wich, wie Dauge plötzlich kreidebleich wurde, Spizyn die Augen weit aufriss und an Jurkowskis Kinnladen die Muskeln zuckten. Alle blickten über seinen, Bykows, Kopf hinweg nach oben. Er wandte sich um. An der ledergepolsterten Wand gleich unter der Decke brannte pulsierend ein rotes Lämpchen, ein Indikator. Jemand fluchte heftig und sprang auf. Klickend fiel ein Glas um, über die Tischdecke breitete sich ein purpurner Fleck aus. Im selben Augenblick erfüllte ein ohrenbetäubendes Klingeln den Raum. Die Wände, die Gesichter, die Hände, die weiße Tischdecke – alles erglänzte in einem unheildrohenden roten Schein.
    »Strahlung!«, brüllte eine Stimme

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