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Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition)

Titel: Attack Unsichtbarer Feind: Ein neuer Fall für Special Agent Pendergast (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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mit Karteikarten versehen.
    »Wir haben etwa hundertdreißig sterbliche Überreste hier«, sagte Chief Morris. »Und an die hundert Grabsteine. Die übrigen … wir wissen nicht, wo sie sind. Möglicherweise hatten sie Holzkreuze, vielleicht sind einige Grabsteine auch verloren gegangen oder wurden gestohlen.«
    »Hat man irgendwelche Opfer des Bären identifiziert?«
    »Kein einziges. Das hier sind traditionelle Grabsteine – Name, Lebensdaten und manchmal ein Satz aus der Bibel oder ein gängiger frommer Grabspruch. Die Todesursache wird in der Regel nicht auf Grabsteinen vermerkt, und von einem Grizzly gefressen zu werden ist wohl kaum etwas, an das man erinnert werden möchte.«
    Corrie nickte. Es spielte eigentlich keine Rolle – sie hatte in alten Artikeln der Lokalblätter nachgeforscht und bereits eine Liste der Opfer zusammengestellt.
    »Wäre es möglich, einen der Deckel anzuheben?«, fragte sie.
    »Ich sehe nicht, warum nicht.« Chief Morris legte die Hand auf den Griff am nächststehenden Sarg.
    »Warten Sie, ich habe hier eine Liste.« Corrie kramte in ihrer Aktentasche und zog die entsprechende Mappe hervor. »Suchen wir nach einem der Opfer.«
    »Gut.«
    Einige Minuten lang gingen sie zwischen den Särgen herum, bis Corrie einen fand, der einem Namen auf ihrer Liste entsprach: Emmett Bowdree. »Den hier, bitte.«
    Morris packte den Griff und hob den Deckel vorsichtig an.
    Zum Vorschein kamen die Überreste eines vermoderten Kiefernsargs mit einem Skelett darin. Der Deckel war zerfallen und lag in Stücken um das Skelett herum und darauf. Gespannt blickte Corrie in den Sarg. Die Knochen beider Arme und eines Beins lagen auf der Seite; der Schädel war zertrümmert; der Brustkorb aufgerissen, und beide Oberschenkelknochen waren entzweigebrochen, zermalmt von einem mächtigen Kiefer, zweifellos, um ans Knochenmark heranzukommen. Während ihres Studiums am John Jay hatte Corrie zahlreiche Skelette untersucht, die Spuren perimortaler Gewaltanwendung aufwiesen, aber nichts –
nichts,
was dem hier gleichkam.
    »Jesus Christus, der Bär hat den Mann wirklich übel zugerichtet«, murmelte Morris.
    »Das können Sie laut sagen.«
    Während sie die Knochen in Augenschein nahm, fiel Corrie etwas auf: einige kaum erkennbare Spuren am aufgerissenen Brustkorb. Sie kniete sich hin und schaute sie sich genauer an, versuchte, sie zu identifizieren. Verdammt, sie brauchte ein Vergrößerungsglas. Sie schaute sich um, und da sah sie – auf dem Oberschenkelknochen – eine weitere, ähnliche Spur. Sie streckte den Arm aus, um den Knochen in die Hand zu nehmen.
    »Nein, bitte nicht anfassen!«
    »Ich muss mir das nur ein wenig genauer anschauen.«
    »Nein«, sagte Chief Morris. »Wirklich, das reicht jetzt.«
    »Geben Sie mir eine Sekunde Zeit«, bettelte Corrie.
    »Tut mir leid.« Er schob den Deckel wieder auf den Sarg. »Dafür ist später noch genügend Zeit.«
    Corrie stand auf. Sie war perplex, überhaupt nicht sicher, was sie da gesehen hatte. Vielleicht hatte ihr die Einbildung einen Streich gespielt. Wie auch immer, die Spuren waren mit Sicherheit antemortem: nichts Geheimnisvolles. Roaring Fork war in jenen Tagen ein rauhes Pflaster. Vielleicht hatte der Bursche ja eine Messerstecherei überlebt. Sie schüttelte den Kopf.
    »Wir gehen jetzt besser wieder raus«, sagte Chief Morris.
    Sie traten in den hellen Sonnenschein, der Glast der glitzernden Schneedecke blendete sie fast. Aber sosehr Corrie sich auch bemühte, sie konnte sich eines Gefühls der Beunruhigung nicht erwehren.

6
    A m nächsten Morgen kam der Anruf. Corrie saß in der Stadtbücherei von Roaring Fork und las sich in die Historie der Stadt ein. Die ausgezeichnete Bibliothek war in einem modernen Gebäude im Stil eines aktualisierten Viktorianismus untergebracht. Die Innenausstattung war gediegen: enorm viel poliertes Eichenholz, Rundbogenfenster, dicke Teppichböden und eine Beleuchtungsanlage, die alles in warmes Licht tauchte.
    Der Bereich Geschichte war auf dem neuesten Stand. Der zuständige Bibliothekar, Ted Roman, war sehr hilfreich gewesen. Ein gutaussehender Mittzwanziger, schlank und fit, der kürzlich sein Studium an der Universität von Utah abgeschlossen und sich ein paar Jahre freigenommen hatte, um seinem Hobby nachzugehen: dem Skilaufen. Corrie hatte ihm von ihrem Forschungsprojekt und ihrem Zusammentreffen mit Polizeichef Morris erzählt. Ted hatte aufmerksam zugehört, intelligente Fragen gestellt und ihr gezeigt, wie

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