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Attentage

Attentage

Titel: Attentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Bartl
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sind seine Freunde? In welche Moschee geht er? Mit wem und wie lang schläft er? Was …“
    „… träumt er?“, unterbricht Purront.
    „Wann und wie oft geht er auf die Toilette“, ergänzt Leconte ungerührt und Purront ist nicht sicher, ob das jetzt ernst gemeint ist oder nur einer von Lecontes seltsamen Scherzen.

MONTAG, 26. MÄRZ, 9.30 UHR | ZAANSTAAS, GEFÄNGNISZELLE
    Als sich die Zellentür öffnet und Bruno eintritt, wird Ahmed klar, wie sehr er sich darauf freut, mit jemandem reden zu können. Die Wachen wechseln kein Wort mit ihm und auch sonst dringt kein Ton zu ihm. Ahmed fühlt sich seit Tagen wie lebendig begraben. Er ist klug genug, zu ahnen, dass dies Teil der psychologischen Kriegsführung seiner Feinde ist, aber das Verlangen, mit jemandem zu reden, ist so stark, dass es ihn große Willensanstrengung kostet, die freundliche Begrüßung zu ignorieren.
    Ahmed marschiert seit einer Stunde die längste Strecke, die in seiner Zelle möglich ist, hin und her – zwischen den gegenüber liegenden Ecken, immer vier Schritte. Bruno setzt sich auf seine Pritsche und lässt wie immer die Tür offen.
    „Es gibt einen Verräter unter euch“, sagt Bruno ansatzlos, „und er hat uns die beiden nächsten Attentate verraten. Allerdings sagt er uns in seinen Botschaften nicht, wo sich das Lager im Jemen genau befindet.“
    „Ich glaube euch Lügnern kein Wort“, zischt Ahmed zwischen den Zähnen hervor. Er hasst es, dass es seinem Besucher binnen Sekunden gelungen ist, ihn aus der Reserve zu locken.
    „Ich weiß. Darum erzähle ich es dir auch im Vorfeld. Am 4. April wollen sie eine Bombe auf dem Wiener Filmball zur Explosion bringen und am 5. April im Wachsfigurenkabinett in London. Wir werden die Attentäter diskret im Vorfeldliquidieren. Und dann der Reihe nach alle anderen, die kommen. Du könntest das verhindern, aber du wirst das vermutlich erst tun, wenn wir die ersten getötet haben. Ich werde dir als Beweis Zeitungen aus der ganzen Welt bringen, die darüber berichten, und einige Fotos. Vielleicht kennst du die Toten ja sogar.“
    Ahmed schweigt. Er hält es für unmöglich, dass es so gut informierte Verräter gibt. Niemand weiß, welche Attentate wann und wo geplant sind, als nur die Führer selbst. Sein Besucher scheint sich seiner Sache aber ziemlich sicher zu sein.
    Für Bruno ist das Thema erledigt. „Wie gut kennst du den Koran?“, fragt er wie beiläufig und fährt, ohne darauf eine Antwort zu erwarten, fort. „Wusstest du, dass die Suren gar nicht nach ihrer Entstehungszeit, sondern nach ihrer Länge geordnet sind?“
    „Jedes Kind weiß das“, sagt Ahmed verächtlich. Bruno nickt. „Und hast du in den Hadith gelesen, dass jedes Kind im Schoß seiner Mutter von einem Engel besucht wird, der ihm seine Bestimmung verkündet: wie es seinen Lebensunterhalt verdient, seine Lebenslänge, seinen Wandel, sein Ende und ob es glücklich oder unglücklich wird?“
    Ahmed antwortet nicht. Er begreift nur, dass sich sein Besucher schon lange intensiv mit dem Islam beschäftigt und ihn verunsichern will.
    Bruno fährt fort. „Weiters steht dort, dass einige Menschen handeln wie die Leute des Paradieses und doch nur eine Elle vom Höllenfeuer entfernt sind, denn dafür sind sie bestimmt. Andere handeln böse und dann kommt die Bestimmung und sie handeln wie die Leute des Paradieses.“
    Ahmed hört konzentriert zu. Er steht mitten in der Zelle und blickt auf Bruno hinab, fühlt sich aber nicht überlegen,sondern durch seine eigenen Waffen bedroht. Dieser ungläubige Teufel will nur die Worte des Propheten verdrehen.
    „Es stellt sich die Frage“, sagt Bruno, „warum es denn dann keinen Verräter geben sollte? Vielleicht ist er von Geburt an dazu bestimmt gewesen, so wie bei dir das Scheitern bei deinem Auftrag und dein Tod in dieser Zelle.“
    Bruno steht auf und sieht Ahmed direkt ins Gesicht. „In zehn Tagen komme ich wieder und berichte dir. Dann kannst du noch deine anderen Brüder vor dem Versagen bei ihrem Auftrag und vor einem sinnlosen Tod retten, indem du uns sagst, wo das Lager ist und wer die Führer sind. Mehr wollen wir nicht wissen. Und danach gebe ich dir die Möglichkeit …“
    Er beugt sich vor und spricht unhörbar für die Wache vor der Tür leise in Ahmeds Ohr: „… dich selbst zu töten.“ Bruno registriert noch Ahmeds verstört-erstaunten Blick, bevor er sich zum Gehen wendet.
    Draußen bleibt er noch einige Minuten in seinem Wagen sitzen, um seine Gedanken zu

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