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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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aufgeschlitzt, stämmige Ponyleiber durchbohrt, und nirgends eine Möglichkeit zur Flucht, nicht einmal genug Platz gab es, um im Getümmel einen Pfeil einzulegen und abzuschießen. Die Wolfskrieger stellten sich in den Steigbügeln auf, zogen ihre mächtigen Beidhänder aus der Scheide auf ihrem Rücken und droschen auf die hilflose Menge ein. Die beiden Hunnentrupps auf der anderen Seite des Sees hielten in ihrem Beschuss inne, um nicht die eigenen Leute zu treffen. Bestürzt verfolgten sie das grässliche Gemetzel am Ufer gegenüber.
    Schließlich war das blutige Scharmützel entschieden: Alle Hunnen, die sich nicht hatten in Sicherheit bringen können, waren tot. Von einem Felsvorsprung aus, hoch über ihnen, blickte der Anführer auf seinem Pony auf die siegreiche Schar der Goten hinab. Aëtius zügelte sein Pferd und spähte durch den nachlassenden Regen in die Höhe. Die Wangen des ungerührt blickenden Kriegsherrn waren von Schmucknarben überzogen, sein eisengrauer Pferdeschwanz triefte vor Nässe. War das etwa …? Nein, ausgeschlossen. Der Kriegsherr zog ein kurzes, schimmerndes Schwert und deutete mit der Spitze direkt auf Aëtius. Aëtius hielt seinem Blick gelassen stand. Dann wendete der Kriegsherr sein Pony, steckte sein Schwert wieder fort und verschwand in den Bergen.
    Nun endlich ritten wir zum See hinunter, um unsere Pferde in Ruhe trinken zu lassen. Auch die Männer löschten ihren Durst und tranken weit im Sattel zurückgelehnt aus ihren Feldflaschen. Danach saßen sie ab und sammelten in einem spärlich bewaldeten Tal ganz in der Nähe trockenes Holz, Gestrüpp und dergleichen, um einen Scheiterhaufen aufzuschichten. Auf diesem verbrannten sie ihre toten Kameraden nach heidnischer Art, murmelten dabei aber Gebete an den Gott der Christen. Der Regen ließ nach und hörte schließlich ganz auf, und die Strahlen der untergehenden Sonne übergossen den stillen See mit kupferfarbenem Licht. Auch das Feuer des Scheiterhaufens spiegelte sich im Wasser wider, dunkler Rauch zog davon über die grünen Hügel. Schließlich stiegen die verbliebenen Wolfskrieger, vierundvierzig an der Zahl, wieder auf ihre Pferde, zusammen mit ihren beiden Prinzen und dem unerschrockenen römischen General, der nunmehr ihre höchste Achtung genoss. Die Kolonne setzte sich in Bewegung, hinauf in die Hügel oberhalb der dahinziehenden Rauchschwaden. Um einem weiteren Angriff der restlichen Hunnen zu entgehen, mit dem jederzeit zu rechnen war, würden sie ihren Ritt bis tief in die Nacht fortsetzen müssen.

13. AZIMUNTIUM
    E s war bereits tiefe Nacht, als wir zu einem verlassenen Gehöft auf einer Hochebene kamen, das von einer halb zerfallenen Mauer umgeben war. Aëtius befahl uns abzusteigen und auszuruhen und ließ Wachposten aufstellen. Wir entzündeten ein einzelnes kleines Feuer an der Mauer und rollten uns in unsere Decken.
    Als wollten sie ihre Toten ehren, rezitierten die Wolfskrieger mit tiefer Stimme die Gesänge ihres Volkes. Lange schon ließ ihr tragisches Schicksal sie umherziehen, ihre Heimat im eisigen Thule hatten sie verlassen müssen, weil ein noch kriegerischeres Volk, die Sweotheoden, sie vertrieben hatte. Eine namenlose Horde aus dem Osten hatte ihnen in Hrefnawude oder auch in Ravenswood beinahe den Garaus gemacht, in einer großen Schlacht, bei der sich in den dortigen Kiefernwäldern ein Sturm aus Pfeilen in ihre Schilder gebohrt hatte. Für immer hatte sich ihnen diese Schlacht ins Gedächtnis gebrannt, ihre traurigen Lieder besangen diese Schmach. Sie flohen ostwärts und dann, wie Herbstblätter, wieder nach Westen, bis sie schließlich ihre Heimat im sonnenerwärmten südlichen Wales fanden.
    Im Morgengrauen, nach nur zwei, drei Stunden Schlaf auf dem harten Boden, standen wir auf, traten das Feuer aus und ritten weiter. Als wir an den Rand des Hochplateaus gelangten, schauten wir nach Osten weit über die glühende Ebene unter uns hinweg. Im flirrenden Morgendunst lag eine Stadt auf einem goldenen Felsen, der aus dem wasserlosen Flachland emporragte.
    Azimuntium.
    Wir hatten geglaubt, hierherzukommen und mit Attila Frieden geschlossen zu haben, obwohl Aëtius nur zu gut wusste, dass es dazu nie kommen würde. Der Kaiser dachte, wir würden unbehelligt nach Azimuntium gelangen, nachdem wir Attila gemeuchelt und so die Hunnen für alle Zeiten geschlagen hätten. Ich konnte immer noch nicht fassen, wie töricht und einfältig wir uns verhalten hatten! Wir hatten versucht, Attila umzubringen!

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