Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
Vom Netzwerk:
grauen Kathedrale verbarrikadiert haben.
    Attila brachte sein Pferd dicht vor den neun Männern zum Stehen. Das Schwert hing ihm locker von der rechten Hand herab.
    «Fürchtet ihr mich nicht, Eunuchenpriester? Ich werde dich gleich schlachten, dort, wo du stehst!»
    Bischof Nicias mimte leises Erstaunen. «Also, zunächst einmal bin ich kein Eunuch, da ich noch völlig intakt bin, so wie Gott mich erschuf.» Bei diesem armseligen Witz lächelten die Ritter um ihn herum sogar. Attila warf ihnen wütende Blicke zu. «Zweitens, wieso um alles in der Welt sollte ich dich fürchten, nur weil du gleich meinen Geist von meinem sterblichen Fleisch trennen wirst? Dadurch wird meine Seele nur befreit und kann endlich himmelwärts steigen und in Christus eingehen. Der Tod ist das Schicksal aller Menschen. Auch deines, großer Herrscher Attila.»
    Attila sah ihn scharf an. «Fürchtest du den Tod wirklich nicht, Alter?»
    «Nein, absolut nicht. Aber Ihr fürchtet ihn, das weiß ich. Und deshalb bin ich hiergeblieben, auf den Stufen zu meiner Kathedrale: Um Euch einzuladen, Euer Schwert von Euch zu werfen und einzutreten und Euch im Namen Jesu Christi taufen zu lassen. Ich bin hier in der Hoffnung, Eure unsterbliche Seele zu retten.»
    Attila riss der Geduldsfaden, er holte mit dem Schwert aus und ließ es herabfallen. Der heilige Mann starb an der Stelle, an der er gestanden hatte, er war keinen Zentimeter gewichen und sank beinahe sanft vor Attila zu Boden. Eine Sekunde darauf bohrten sich Pfeile in die acht Ritter, töteten einige und verwundeten andere tödlich. Selbst in diesem Augenblick griff keiner von ihnen zur Waffe und kämpfte, als wäre das Vorbild des Bischofs auch für sie bindend. Attila selbst beugte sich über sie und tötete sie mit den Hieben seines Schwerts.
    Seine Männer scharten sich um ihn, doch Attila brüllte nur: «Lasst mich!» Er trieb dem Pferd die Sporen in die Flanken und raste über die Stufen durch die große westliche Pforte in die Kirche hinein, über die gemeuchelten Körper hinweg. Gerade als er hindurchgeritten war, fielen die Türflügel hinter ihm zu.
    Seine Männer warteten verstört. Orestes sah im Geiste vor sich, wie Attilas Pferd blutige Fußspuren auf dem Marmorboden hinterließ, während es den Mittelgang entlangtrabte.
    Kurz darauf erschien er wieder, aus dem Sattel heraus zog er die Türen mit einer ungelenken Bewegung auf. Dann blickte er zum Himmel hinauf. «Seltsam», murmelte er.
    «Herr?», fragte Orestes.
    Er blickte noch immer nach oben, als suche er den Sitz Gottes. «Ein Donner aus derart heiterem Himmel!»
    Seine Männer tauschten unruhige Blicke.
    «Großer Tanjou», sagte Chanat, «wir haben keinen Donner gehört.»
    Attilas Reaktion war erschütternd. Er lenkte sein Pferd zu dem alten verehrungswürdigen Krieger hinüber und packte diesen mit seiner mächtigen Linken an der Gurgel. Mit der Rechten hielt er die Schwertspitze an Chanats Kehle. Chanats Pferd wieherte laut und wich zurück, doch Attila hielt Chanat mit eisernem Griff, während sein eigenes Pferd dem anderen wie im Tandem folgte.
    «Ihr lügt!», schrie er, und die prächtigen Gebäude rund um den Platz warfen das Echo zurück: lügt, lügt, lügt. «Ihr habt den Donner gehört! Ihr lügt, um mich glauben zu machen, ich würde Gespenster hören und dass der christliche Gott hier in diesem Beinhaus spukt! Ihr wollt, dass ich mich selbst für verrückt halte, in die Wildnis hinausreite, mich in mein Schwert stürze und Ihr Euren Erstgeborenen auf den Thron der Hunnen setzen könnt!»
    Doch Chanat ließ sich nicht so einfach einschüchtern, auch nicht mit einer Schwertspitze am Hals. «Nein, Herr», sagte er ruhig. «Mein Erstgeborener, der edle Aladar, starb in deinen Diensten unterhalb der Mauern von Konstantinopel. Und wir lügen nicht. Wir haben keinen Donner gehört.»
    Attilas Augen traten hervor, seine Lippen bewegten sich stumm. Dann ließ er Chanat los und sank wieder in seinen Sattel. Lange Zeit sagte niemand etwas. In einer nahen Gasse klappte ein Fensterladen im Wind traurig auf und zu. Endlich riss Attila sein Pferd herum, seine Miene war wieder ausdruckslos und hohl. Er warf sein Schwert von sich, das klappernd auf den ausgetretenen Pflastersteinen landete, und ritt quer über den Platz davon.
    Geukchu warf dem alten Krieger einen neugierigen Blick zu, beinahe voller Sympathie.
    «Noch ertrage ich es», brummte Chanat. Er sagte es, als laste ein Fluch auf ihm.
    Sie ritten hinter Attila her,

Weitere Kostenlose Bücher