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Attila - Die Welt in Flammen

Attila - Die Welt in Flammen

Titel: Attila - Die Welt in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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anliegenden Helm, der im Mondlicht glänzte, trug er keinerlei Rüstung.
    Der Kerl konnte nicht ganz bei Trost sein.
    Der Mann spähte nach oben und heftete den Blick seiner funkelnden Augen sofort auf Sabinus, den er offenbar auf Anhieb als Befehlshaber ausgemacht hatte. Er machte einen übernächtigten Eindruck. Sein tief gefurchtes Gesicht mit dem greisenhaft spärlichen Kinnbart war aschfahl, doch aus seinen gelblichen Augen sprühte ein wildes Feuer. Er begann zu sprechen, ohne seine Stimme zu heben, und doch war oben auf dem Turm jedes seiner Worte deutlich zu verstehen.
    «Ich komme nicht als Unterhändler», sagte er. «Ich komme nicht, um Euer Gerede zu hören. Ich komme, um Euch den Tod zu bringen.»
    Sabinus brach der kalte Schweiß aus. Er fror auf einmal. Wie hatte der Hunne dort unten das Wort «Unterhändler» hören können, das eben hier oben gefallen war? Wie konnte das sein? Ihr Besucher schien über übernatürliche Kräfte zu verfügen. War das etwa Attila selbst?
    Sabinus hörte ein Rascheln. Der Armenier, der sich Graf Arapovian nannte, nockte hinter ihm gerade ebenso geschwind wie lautlos einen Pfeil in die Sehne seines Bogens ein. Es war ein kurzer, schlagkräftiger Bogen asiatischer Bauart, ein Verbundbogen, wie ihn auch die Skythen selbst benutzten. Der Legat ließ ihn gewähren.
    Es ging alles blitzschnell. Der Kriegsherr saß ganz ruhig auf seinem Pony. Arapovian trat vor, zielte rasch mit geübtem Blick und ließ die Bogensehne los. Im selben Augenblick sirrte ein anderer Pfeil aus dem Dunkel hervor, ein einziger Pfeil, der durch die Nacht geschwirrt kam und sein Ziel nicht verfehlte. Der Armenier wich mit einem Aufkeuchen zurück, ließ seinen Bogen fallen und umklammerte seinen Unterarm. Der Pfeil war genau zwischen Elle und Speiche eingedrungen und auf der anderen Seite wieder ausgetreten, so säuberlich, dass die Wunde kaum blutete – zumindest so lange, wie der Pfeilschaft noch nicht herausgezogen war.
    Der Pfeil hatte ihn in dem kurzen Moment getroffen, ehe er selbst die Sehne losließ. Eine winzige Bewegung nur, die aber ausreichte, um seine Zielsicherheit zu beeinträchtigen: Sein Pfeil war neben den Hufen des reglos dastehenden Ponys auf der Erde gelandet.
    Arapovian sackte rücklings gegen die Mauer.
    «Schafft ihn ins Lazarett», knurrte Tatullus.
    Zwei Soldaten halfen ihm die Treppe hinunter.
    «Und danach bringt ihn wieder her», rief Tatullus ihnen nach.
    «Ich komme zurück», antwortete die Stimme des Armeniers. «Keine Sorge.»
    «Und alle anderen, versucht nicht, es ihm gleichzutun.»
    Wie als Kommentar, als hätte er alles mit angesehen oder vorausgeplant, drang die Stimme des reglosen Reiters von unten herauf. «Ihr Narren. Das Blut meiner Leute wird auf Euch kommen. Ich bin gekommen, um Euch zu vernichten.»
    Von seinem Rücken zog er einen Speer, den eine einzelne schwarze Feder zierte, und rammte ihn in die harte Erde vor dem Kastell. Dann wendete er sein Pony und zockelte gemächlich davon, bis er vom Dunkel verschluckt wurde.
    Sabinus und sein
primus pilus
wechselten einen Blick. Tatullus legte die Hand auf seinen Schwertknauf. Nun wussten sie, mit was für einem Feind sie es aufzunehmen hatten.
    Bis zum Auftauchen der brennenden Galeere, bis zu der Begegnung mit dem Mann, der eine solche Gräueltat ersonnen hatte, hatte Sabinus noch Hoffnung auf Rettung. Falls alle Landwege abgeschnitten waren, hatte er überlegt, könnten sie Boote losschicken, um stromabwärts nach Ratiaria zu rudern, oder gar nach Marcianopolis, um in wenigen Tagen die östliche Feldarmee mit dreißigtausend Mann hier anrücken zu lassen … Das brennende Schiff aber gab ihnen auf entsetzliche Weise zu verstehen: «Wir kontrollieren auch den Fluss. Ihr werdet niemals durchkommen.»
    Die Hunnen und ihr Attila: Er war der alles lenkende Geist, der nach Belieben Panik und Entsetzen säte. Dieser barbarische Kriegsherr, dieser Fuchs, erhöhte geschickt den Druck, schürte ihre tiefsten Ängste, untergrub ihre Vernunft und höhlte ihre Entschlossenheit aus, indem er ebenso reale wie imaginäre Ungeheuer und Bedrohungen aufbot.
    * * *
    Die verlassene Stadt Viminacium begann hinter ihren lachhaft niedrigen Mauern zu brennen. Einwohner, die vor den Flammen flohen, waren nirgends zu sehen. Längst waren sie alle fort. Die Siebte Legion in ihrem Kastell war völlig allein.
    Abgesehen von ihren Todfeinden ringsum. Fernes Johlen war zu vernehmen, Triumphgeheul. In der Stadt raubten die Wilden gerade

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