Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)
auf, wohin ich gehe, und es ist jetzt voll hier. Ich pralle gegen einenTyp, der sein Bier im Glas kreisen lässt. Ein bisschen Bier wird verschüttet, und er dreht sich zu mir um.
»He! Pass doch auf, du kleiner Saftarsch!«
Er trägt ein Englandshirt, genau wie seine Kumpane. Die Kleiderordnung ist im Laufe des Abends offensichtlich abgerutscht.
»Was machst du überhaupt hier? Sollst du nicht schon längst bei Mamilein zu Hause sein?« Er macht schmatzende Geräusche, als würde er an einem Fläschchen nuckeln. »Raus mit dir!«
Er stößt mich gegen einen seiner Kumpane, der mich zu ihm zurückstößt. »Und noch einmal! Mich einfach anzurempeln!«
Er stößt mich wieder, diesmal kräftiger. Einer seiner Kumpane streckt das Bein aus, ich stolpere und schlage der Länge nach zu Boden. Irgendjemand packt mich, zieht mich hoch und geht an mir vorbei.
»Du willst es wissen, was? Ja, komm schon! Wie schmeckt dir das?«
Rob steht vor mir, die Fäuste geballt. Der Typ läuft direkt in einen blitzschnellen Schlag, einmal, zweimal, so schnell, dass man es kaum sehen kann, außer dass jetzt Blut aus seiner Nase fließt. »Will sonst noch jemand was?« Rob blickt um sich, doch die anderen weichen zurück und ziehen ihren blutenden Kumpel mit sich. »Offenbar nicht.« Er wendet sich mir zu und mustert mich, als wäre ich wieder ein kleines Kind, das er vor den Schlägertypen gerettet hat. »Bist du in Ordnung? Nicht verletzt?«
»Mir geht es gut. Ich bin okay.«
Er legt seinen Arm um mich. Bryn hält sich zurück, die Stirn gerunzelt, mit abwägenden Augen und fragt sich offenbar, ob Rob mich jetzt umarmt oder mir den Hals bricht. Aber das würde ernicht machen. Nicht jetzt. Seine Wut auf mich ist weg. Verflogen, gegen den anderen Kerl gerichtet worden.
»Du kannst wirklich ein kleines Arschloch sein.« Er drückt mich enger an sich. »Aber du weißt doch, du bist immer noch mein kleiner Bruder. Das Mädchen«, er blickt sich um, als wäre sie vielleicht noch hier, »die du so angehimmelt hast? Geh sie suchen. Ja!« Er lacht ein bisschen, als wäre das ein Spaß, den aber nur er versteht. »Warum nicht? Sie könnte gut für dich sein!«
Er schwankt mit seinen Kumpeln davon und ich bleibe allein zurück.
Es war schon immer so. Er konnte mich windelweich prügeln, doch wenn mich irgendwer sonst angriff, sollte der sich besser in Acht nehmen.
Ich gehe die Straße entlang, denke darüber nach und versuche, den Grund dafür herauszufinden. Rob war immer schon unberechenbar. Als wir Kinder waren, konnte er nett und freundlich sein, spielte mit mir und erzählte Geschichten. Und dann war er plötzlich wie verwandelt. Er sagte Dinge, nur um mich zu ärgern. Mich zu verletzen. Er machte Sachen, die mich erschrecken sollten. Schloss mich dort ein, wo es dunkel war. Er sagte mir, ich sollte auf den Dachboden steigen, und dann nahm er die Leiter weg. Er ging mit mir in den Wald, fesselte mich an einen Baum, ging weg, und dachte nicht mehr an mich. Er zwang mich dazu, Dreck zu essen. Er hörte nicht auf, bis ich weinte und um Gnade bettelte. Das Blöde war nur, dass ich das auch tat. Ab und zu habe ich mich gewehrt, aber das endete immer damit, dass ich geschlagen wurde und weinend nach Hause rannte. Manchmal wurde er dabei erwischt. Oder Martha erzählte etwas.Oder irgendjemand fand mich, immer noch mit der Wäscheleine gefesselt und Rotz und Wasser heulend. Mum wollte dann wissen, warum, was in aller Welt passiert war.
»Wir haben ein Spiel gespielt«, antwortete ich dann schluchzend. »Es war bloß ein Spiel.« Niemals hätte ich ihn verraten, und das wusste er.
Ebenso schnell verwandelte er sich wieder zurück. Es war, als wollte er einfach nur sehen, wie weit er bei mir gehen konnte. Wenn er dachte, dass meine Grenze erreicht war, lächelte er und gab mir ein Lieblingsspielzeug. Für diesen Augenblick hätte ich alles gemacht.
Martha war anders. Er ließ sie normalerweise in Ruhe. Sie war zwar klein, konnte ihm aber erheblich schaden, wenn sie alles auf der Stelle Mum berichtete. Oder Großvater. Dann hatte Rob Probleme, weil er gemein zu ihr war. Das lag nicht nur daran, dass sie ein Mädchen war. Ihr war es egal. Das war der Unterschied. Sie wollte gar nicht, dass er sie mochte. Sie wollte nicht zu seiner Bande gehören. Marthas Abneigung ihm gegenüber steigerte sich allmählich zu etwas, das an Hass grenzte.
Sie hält ihn für verrückt. So konnte ich es nie empfinden. Sie meint, das läge daran, dass ich an
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