Auch Du stirbst einsamer Wolf
um und schaute ihn an.
»Wenn du zum Chef kommst und der dich fragt, was du einmal werden willst, dann sag ihm, daß du später zum Sicherheitsdienst willst. Das ist wirklich ein schlauer Job.«
»Okay, mach ich.«
Dann ging ich aus dem Zimmer und zurück in unser Gebäude. Ich war kaum im Haus, als zum Appell gepfiffen wurde. Wir mußten alle in einer Viererreihe antreten und eine Vierteldrehung nach rechts machen. Dann kam der Chef aus dem Haus, und ich konnte ein Lachen nicht verkneifen.
Gottseidank stand ich ziemlich in der Mitte, und keiner der Chefs hatte es bemerkt. Der Chef stolzierte mit einem Besenstiel, an dem fünf Unterhosen hingen, vor uns auf und ab.
Die Unterhosen wiesen Bremsspuren auf, und es sah sehr verdächtig danach aus, als wenn jemand hineingeschissen hätte. Wir mußten unsere Unterwäsche selber waschen, und da schienen einige Herren sehr faul gewesen zu sein.
Auf einmal fing der Chef an, vor allen eine Rede zu schwingen: »Meine Herren! Heute bei der Stubenkontrolle habe ich diese Liebestöter unter die Augen bekommen, die bei einigen Herren in den Spinden lagen. So etwas ist eine Schweinerei, und die dulde ich nicht in meiner Kaserne. Die Herren, denen diese Dinger gehören, werde ich nachher noch in mein Büro beordern. Wenn ich so etwas noch einmal zu sehen bekomme, dann hagelt es Strafe für das ganze Haus. Ich kann denjenigen auch seine eigene verschissene Unterhose fressen lassen, wenn es ihm lieber ist. Das ist doch wirklich ein sehr appetitlicher Anblick.«
Als er das gesagt hatte, drehte es mir fast den Magen um, denn ich stellte mir bildlich vor, wie einer seine Unterhose fraß. Dann rief der Chef die Träger dieser eleganten Unterhosen auf, die zu ihm ins Büro mußten. Wir anderen konnten wieder abtreten und in unsere Stuben gehen. Es war also wirklich eine delikate Angelegenheit. Ich wollte nicht an der Stelle der fünf sein, denn der Chef war in punkto Sauberkeit sehr streng. Sie würden wahrscheinlich eine Strafe bekommen, wie zum Beispiel die Böden von Hand wachsen und polieren. Das war eine der Lieblingsstrafen des Chefs, denn er legte sehr großen Wert auf einen glänzenden Boden und besonders vor seinem eigenen Büro.
Am Mittag ging ich am Büro des Chefs vorbei und sah zwei der Hosenkacker die Böden wienern. Als ich den beiden so zusah, merkte ich nicht, daß der Chef hinter mich getreten war.
Erst als er mich auf einmal ansprach und sagte:
»Na, arbeiten ist schön, da kann man stundenlang zusehen!«
»Ich wäre froh, ich könnte wieder einmal richtig schuften.«
Das war für den Chef anscheinend ein Stichwort, denn er sagte:
»Du kannst heute mittag mein Auto waschen. Ich stelle es auch gleich in den Hof, damit du bis zum Abendessen damit fertig bist.«
Jetzt hatte er einen gefunden, der ihm seine verdammte Rostlaube wusch. Ich stimmte seinem Vorschlag zu und verdrückte mich schnell, bevor er noch etwas anderes fand, das ich hätte tun können. Gleich nach dem Mittagessen ging ich an die Arbeit und wusch dem Alten den Wagen. Anfangs machte es mir keinen Spaß, aber als ich einmal bei der Arbeit war, bekam ich doch Lust und machte das Auto innen und außen pikobello sauber. Als der Chef kam, um seinen Wagen anzuschauen, da staunte er nicht schlecht. Er hatte erwartet, daß ich seine schäbige Kiste nur oberflächlich putzen würde.
Ich hatte sowieso Übung im Autowaschen, da ich den Wagen meines Vaters immer sauber gemacht habe. Er sprach mir ein Lob aus, griff in die Tasche und holte aus seinem Geldbeutel einen Fünfzig-Francschein heraus und sagte:
»Hier nimm! Normalerweise bezahle ich keine fünfzig Francs für das Autowaschen, aber du hast es wirklich Spitze gemacht und das auch noch freiwillig, denn du hast nicht gewußt, daß du etwas dafür bekommen würdest. Nur deswegen gebe ich dir das Geld. Und behalte es für dich, denn das braucht nicht jeder zu wissen.«
Ich nahm den Schein dankend an, grüßte militärisch, schnappte das Putzzeug und verschwand, so schnell ich konnte.
Daß der Alte für die Arbeit bezahlt hatte, war für mich ein richtiges Wunder, und für fünfzig Francs täte ich ihm alle zwei Stunden den Wagen waschen. Aber dies war eine einmalige Sache und würde bestimmt kein zweitesmal vorkommen. An diesem Tag war ich richtig arbeitsgeil, und ich wollte unbedingt noch etwas tun. So ging ich zum Sergeanten und fragte ihn, ob es noch etwas Arbeit gäbe. Der schaute mich erst ganz entgeistert an, denn es kam nicht oft vor, daß
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