Auch Du stirbst einsamer Wolf
aus.
Denise meinte, daß sie wieder Schecks ausfüllen müßte, und so sagte ich zu ihr, da der Betrag nicht hoch war:
»Du könntest dir ruhig einmal angewöhnen, ein wenig Kleingeld bei dir zu haben, damit du nicht für jeden Mist einen Scheck ausfüllen mußt.«
»Das ist doch egal. Meine Schecks sind immer gedeckt.«
»Das glaube ich dir gerne, aber wenn man wegen ein paar Francs einen Scheck ausschreibt und das täglich, dann kommt man sich doch ein wenig idiotisch vor.«
»Ich mache das gerne. Dann wissen die Leute immer gleich, daß ich Geld habe und etwas Besseres bin als sie.«
Dieser Satz war zuviel für mich, und so bekam sie von mir ein saftiges Kontra.
»Du bist nicht besser als ein Clochard, der an der Straße sitzt.
Da hast du dich aber ganz gewaltig in den Finger geschnitten, denn du bist nur ein Weib, das Schecks ausschreiben kann und sonst nichts.«
»Das ist eine Frechheit, was du da sagst.«
»Das ist keine Frechheit, sondern Tatsache. Außer Schecks ausfüllen kannst du noch mit einem Koffer voll Bücher durch die Gegend fahren und einem auf die Nerven gehen.«
Dann drehte ich mich um, griff nach meinem Mantel, zog ihn an und wollte das Lokal verlassen, in dem sich diese Szene abgespielt hatte. Aber ich war so richtig in Fahrt. So drehte ich mich nochmals zu ihr um und sagte:
»Zwischen uns ist es aus. Ich gehe heute in mein Hotel, packe meine Koffer und verschwinde von hier. Adieu!«
Dann drehte ich mich mit einem eleganten Schwung herum und verließ das Lokal. Mir war einfach der Kragen geplatzt, dafür konnte ich nichts. Es war klar, daß mir der Gaul einmal durchgehen würde, da dieses ganze Gehabe eines Menschen, der in eine ganz andere Kategorie gehörte, einmal einem auf den Wecker gehen mußte. Wenn sie nicht gesagt hätte, daß sie etwas Besseres wäre, hätte ich vielleicht nicht so gewaltig auf den Putz gehauen. Aber sie war eben nichts Besseres. Sie vögelte genauso wie die Armen, schob sich das Essen ebenfalls unter der Nase rein und ging auf die Toilette wie die anderen.
Was war also an ihr anders? Nichts, nur daß sie Geld hatte.
Und wieder mußte ich feststellen, daß Geld Macht ist und nicht der Verstand oder sonst etwas. Dieses verdammte Geld regiert die Welt. Man wird immer ein Nichts bleiben, solange man kein dickes Bankkonto besitzt.
Ich fuhr mit dem Taxi zur Wohnung von Denise, packte dort meine Klamotten zusammen und fuhr weiter zu meinem Hotel.
Als der Wagen vor dem Hotel anhielt, fragte mich der Fahrer:
»Soll ich die Rechnung wieder zu Mademoiselle Bounard nach Hause schicken?«
Als ich das hörte, kam mir fast die Galle hoch. Der glaubte anscheinend, daß ich nicht in der Lage war, eine gewöhnliche Rechnung bar zu bezahlen. Da hatte sich der Trottel aber ganz gewaltig geirrt, denn ich war nicht die Schecklilli, und deshalb sagte ich zu ihm:
»Nein, ich bezahle bar, denn Mademoiselle Bounard ist nicht mein Kindermädchen.«
Ich zog einen Geldschein aus der Tasche und gab ihm diesen Fetzen Papier, von dem alles auf der Welt abhängig war. Dann sagte ich zu ihm:
»Stimmt so, den Rest können Sie behalten.«
Im Hotel lief mir der Portier über den Weg, und ich bestellte bei ihm eine Flasche Martini mit allem Drum und Dran. Da ich nicht viel Worte machte, sondern nur die Bestellung aufgab und mich wieder rumdrehte und verschwand, wußte er, daß ich eine miese Laune hatte, oder mir eine Laus über die Leber gelaufen war. In meinem Zimmer setzte ich mich in den Sessel und wartete auf den Martini. Er wurde mir schnell gebracht, und ich schenkte mir ein Glas davon ein und schüttete ihn in mich hinein.
Ich verfluchte in diesem Moment die ganze Welt der Reichen und alles, was damit zu tun hatte. Wie ein Idiot saß ich im Sessel und überlegte, fluchte und soff. Als ich meine erste Flasche Martini leer hatte, bestellte ich noch eine, die ich genauso köpfte wie die erste. Als ich richtig blau war, legte ich mich samt den Kleidern ins Bett und schlief meinen Rausch aus.
Als ich aufwachte, fühlte ich mich wie das Elend persönlich.
Als ich aufgestanden war und an mir heruntersah, wurde es mir noch elender. Meine Kleider waren total zerknautscht, die Knie wackelten, und ich dachte, es wären meine ersten Gehversuche, als ich ins Bad laufen wollte. Der Spiegel zeigte mir noch eine weitere Katastrophe, und der Tag war für mich damit schon so gut wie gelaufen. Meine Augen waren geschwollen, das Haar durcheinander, die Lippen trocken und spröde. Meine
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