Auch Du stirbst einsamer Wolf
kein einziges Wort. Später erzählte mir Denise von den Leuten und ihren Villen. Die meisten waren Bonzen und hatten Villen, die die reinsten Paläste waren. Ich hörte ihr nicht richtig zu, sondern schaute mir die Landschaft und das Meer an. Da wir auf einem Berg spazieren gingen, konnte man wunderbar über ganz Nice hinwegsehen. Es war ein Panorama, wie ich es nur aus Zeitschriften kannte. Mir wurde wieder einmal bewußt, daß die Reichen alles hatten. Sie besaßen sogar die schönsten Flecken der Erde, und die Armen haben gar nichts. Nicht einmal vor der Natur machen die halt. Erschreckend, aber wahr. Aber ich schob diese Gedanken beiseite, denn ich wollte mir dadurch nicht den Genuß des schönen Anblickes versauen lassen, indem ich mich mit den Bonzen auseinandersetzte.
Auf einmal fing ich an zu fantasieren. Ich stellte mir vor, daß ich auf der höchsten Stelle des Berges ein kleines bescheidenes Häuschen stehen hätte, dort ein zufriedenes Leben führte, mit Rita und meinem Kind, ohne Sorgen, Streß und Ärger, wie ein kleiner Fürst in seinem eigenen Paradies. Ich sah es schon richtig vor mir, als ich da stand und das Panorama in mich hineinsog. Aber Denise riß mich aus meinen Träumereien in die Realität zurück, denn sie hatte ihre Arme um meine Hüfte gelegt und mir einen Kuß auf die Wange gedrückt. Ich legte meinen Arm ebenfalls um ihre Hüfte, und so spazierten wir wieder weiter. Nice war ein kleines Paradies. Über zwei Stunden gingen wir durch die Gegend, als ich merkte, daß ich Hunger hatte. Also gingen wir in das nächste Café. Ich wollte mir den Bauch mit Kuchen vollschlagen, denn ich hatte Lust auf etwas Süßes.
Denise bestellte sich einen Obstkuchen, der nicht viel Kalorien hatte. Ich hingegen bestellte mir drei Stück Torte, die die reinsten Kalorienbomber waren. Denise schaute mich zwar skeptisch von der Seite an, aber sagte kein Wort, denn sie hatte schon gelernt, daß ich mir beim Essen keine Vorschriften machen ließ. Im Nu hatte ich die drei Stück verputzt. Zwar aß ich nicht immer in diesem Tempo, aber ich machte es trotzdem, da ich nicht essen wollte, wie es die feinen Pinkel machen.
Nach jedem Bissen eine Pause machen und sich mit der Serviette dann den Mund abwischen. Solche Zeremonien mochte ich nicht, auch wenn man sie manchmal anwenden muß. Den ganzen Firlefanz hatte ich schon gelernt, in der Hotelfachschule und in der Praxis, wo ich gearbeitet und gelernt hatte.
Als ich meine Kuchenstücke vertilgt hatte, trank ich einen Kognak, der der Verdauung diente. Dann bezahlten wir, aber nicht bar, denn Denise schrieb einen Scheck aus. Sie hatte kein Kleingeld oder so etwas in der Tasche, um eine kleine Rechnung zu bezahlen. Für jeden Scheißdreck schrieb sie einen Scheck aus oder ließ sich die Rechnung nach Hause schicken.
Als ich mich anbot zu bezahlen, meinte sie, daß ich ihr Gast sei und sie alles übernehmen würde. Jedesmal wenn ich so etwas sah, wurde mir in Erinnerung gerufen, daß ich in eine ganz andere Welt gehörte. Immer wieder wurde mir dadurch auch klar, daß ich bald von dieser Frau verschwinden mußte, da dies keine Zukunft für mich war. Ich mußte immer etwas zu tun haben, und wenn ich meinen Lohn dafür bekam, konnte ich zumindest sagen, daß ich dieses Geld mit meinen eigenen Händen verdient habe und es dementsprechend auch ausgeben kann. Ich arbeitete gerne und besonders in meinem Beruf, da er mir Spaß machte und sehr viel Abwechslung bot. Mein Chef sagte ab und zu zu mir einen Spruch, den ich nie vergessen werde:
»Jeder Koch ist ein Künstler, aber nicht jeder Künstler ein Koch.« Er hatte etwas Wahres an sich, denn es ist wirklich eine Kunst, ein Essen so zu machen, daß es schmeckt und das Auge reizt, denn dieses ißt bekanntlich mit.
Das war mein Beruf, und ich hätte vieles darum gegeben, ihn wieder ausüben zu können, statt hier mit einem reichen Weib durch die Gegend zu schlendern und die Zeit mit Gewalt tozuschlagen und andere Leute zu beklauen. Aber mein Beruf war nur noch ein Traum.
Eine ganze Woche hielt ich dieses Weibsbild aus, das nur mit Schecks um sich warf. Deshalb hatte ich sie auch schon im Geheimen Schecklilli getauft. Ab und zu ging ich in mein Hotel, aber die meiste Zeit verbrachte ich mit ihr in ihrer Villa.
Diese eine Woche kostete mich Nerven, wie ich sie mein ganzes Leben noch nicht gebraucht hatte. Eines Abends krachte es dann eben, was auch kommen mußte, denn ein normaler Mensch hält sowas nicht lange
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