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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Besseres wären. Ich sprach mit Nathalie eine ganze Weile, und sie erzählte mir, warum sie eine schlechte Laune gehabt hatte.
    Das war ganz einfach, denn ihr Freund war ihr abhanden gekommen. Besser gesagt, er war abgehauen, nachdem sie sich gestritten hatten. Nun wollte sie sich sinnlos besaufen und ihre ganzen Sorgen, die sie mit ihrem Freund hatte, im Alkohol ertränken. Sie machte es anscheinend genauso wie ich es öfters, besser gesagt, immer gemacht hatte. Ich habe mich auch immer besoffen, wenn ich mit einem Problem nicht fertig geworden bin. Aber was sollte man auch machen, wenn man keinen Menschen hatte, mit dem man über seine Probleme sprechen konnte? Man ist immer alleine und einsam und fast der Verzweiflung nahe. Was bleibt einem noch übrig? Die Flucht in den Alkohol. Ich hatte nur ganz selten jemanden, mit dem ich sprechen konnte, und so kann ich mit anderen Leuten fühlen, denen es genauso geht. Menschen, die überhaupt kein Gefühl in sich haben, die lachen einen aus, wenn man ihnen von seinen Sorgen berichtet. Heute schaue ich mir die Leute zweimal an, bevor ich ihnen etwas von mir erzähle, denn meistens wird es ins Lächerliche gezogen, und man fühlt sich hinterher noch elender, als man sich vorher gefühlt hatte. Wenn das einem ein paarmal passiert, dann wundern sich die Leute, daß man mißtrauisch wird. Dabei ist es ihre eigene Schuld, wenn man sich nicht mehr mit jedem unterhält, der einem über den Weg läuft. Manchmal findet man noch verständnisvolle Menschen, aber diese sind sehr selten geworden und scheinen langsam auszusterben.
    Aber ich hörte mir Nathalies Probleme an und sagte nichts, solange sie sprach. Man soll nie etwas sagen, wenn man nicht weiß, um was es geht.
    Sie hatte Streit mit ihrem Freund, weil sie ihm gesagt hatte, daß er nicht soviel Geld verspielen solle. Sie selber hielt nichts von der Spielerei und allem, was damit zu tun hatte. Lieber hätte sie das Geld für einen wohltätigen Zweck gespendet, als es in ein Kasino zu tragen. Ich selber hielt ebenfalls wenig vom Spiel, und so konnte ich sie gut verstehen. Ich teilte voll und ganz ihre Meinung, daß die ganzen Spielhallen und Kasinos geschlossen werden sollten und das Geld, das dort jährlich verspielt wird, jemandem zukommen zu lassen, der es für etwas Besseres verwenden und dringend gebrauchen konnte.
    Aber diese Gedanken sind nicht ausführbar, so daß man sich darüber nicht den Kopf zerbrechen sollte. Ich wollte zwar an diesem Abend nicht den Seelsorger spielen, aber bevor ich mich richtig versehen hatte, war ich schon mitten im Gespräch und sprach darüber, was ihr Freund und was sie falsch gemacht hatte. Zum Schluß entschied sie sich, daß es besser wäre, wenn sie ihrem Freund keine Chance mehr geben und unter diese Beziehung einen Schlußstrich ziehen sollte. Sie meinte wortwörtlich:
    »Wenn er mich wegen einer Lappalie sitzen läßt, dann läßt er mich auch später wegen irgendwas, das ihn mehr interessiert, einmal sitzen. Für mich ist Schluß, und er braucht nicht zu mir zurückzukommen, denn dann werde ich ihm sagen, daß er sich zum Teufel scheren soll.«
    So schnell kann heutzutage eine Freundschaft zu Ende sein, dachte ich mir dabei.
    Plötzlich stand Salem hinter mir. Er klopfte mir auf die Schulter, legte mir eine Handvoll Jetons auf den Tresen und sagte:
    »Das sind genau dreiunddreißigtausendfünfhundert Francs.«
    Ich dachte, ich habe nicht richtig gehört. Aber als er die Zahl nochmals wiederholte, weil ich ihn danach gefragt hatte, glaubte ich es. Dann sagte er:
    »Das ist dein Anteil. Als du vom Tisch weggegangen bist, kam die Zahl, auf die du gesetzt hattest. Ich glaube, es war die Achtzehn. Und so hast du das Fünfunddreißigfache von dem gewonnen, was du gesetzt hattest.«
    »Das kann aber nicht sein.«
    »Ich habe dir gesagt, daß du mit fünfzig Prozent am ganzen Gewinn beteiligt bist, und das ist die Hälfte vom Pott.«
    Ich konnte nicht glauben, daß er gewonnen hatte. Er hat das Spiel bestimmt irgendwie manipuliert oder beschissen. Davon war ich hundertprozentig überzeugt. Also fragte ich ihn:
    »Da hast du doch bestimmt etwas gedreht. Ich kauf dir nicht ab, daß du dies alles, mir nichts dir nichts, gewonnen hast.«
    »Naja, ein klein wenig habe ich schon lange Finger gemacht.
    Aber das erzähle ich dir später, denn hier sind zu viele Leute, und die haben verdammt gute Ohren, wenn man von einem Spieltisch mit ein paar Moneten aufgestanden ist.«
    Also hatte ich doch recht

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