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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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daß ich romantisch und sentimental veranlagt war, und so träumte ich von einem lodernden Kaminfeuer, einem schönen Zuhause, das ich nie hatte, einer Familie und von all dem, was ich nie hatte und doch begehrte. Aber ich würde es nie erreichen, da mein Weg in die Heimat verbaut war und ich dazu verdammt war, ein Verbrecher zu sein. Nach einer Weile kullerten mir sogar die Tränen herunter, obwohl ich gar nicht weinte. Aber sie kullerten einfach aus meinen Augen, und ich konnte nichts dagegen machen. Nathalie hob ihren Kopf und gab mir einen Kuß auf die Wange. Auf einmal sagte sie im Flüsterton, damit es Salem nicht hören konnte:
    »Du weinst Fritz? Was ist mit dir los?«
    »Ich weine nicht, Kleines, ich weine nicht.«
    Doch plötzlich weinte ich doch, und ich wußte nicht warum.
    Ich drückte Nathalies Kopf sanft an meine Schulter und wischte mir mit dem anderen Arm die Tränen von der Wange.
    Was war mit mir los? Man kann doch nicht weinen, ohne einen Grund zu haben. Ich verstand mich selbst nicht, und so nahm ich Nathalies Kopf in die Hände und küßte sie sanft auf den Mund. Warum ich das tat, wußte ich nicht. Mir war danach zumute, und so machte ich es eben. Nathalie legte ihren Kopf wieder auf meine Schulter, und so fuhren wir weiter, und keiner sagte mehr ein Wort.
    Als ich wieder ganz ruhig und ausgeglichen war, hob Nathalie den Kopf, nahm mein Gesicht in die Hände, drückte mir einen zärtlichen Kuß auf den Mund und legte ihren Kopf wieder auf meine Schulter. Ich fragte sie ganz leise:
    »Für was war der?«
     
    »Weil du ein netter Kerl bist und ich dich irgendwie gerne habe, aber noch nicht weiß, wieviel, weshalb und warum.«
    Nun war ich total durcheinander, denn ich wußte nicht, wie sie es meinte. Aber ich fragte sie nicht, denn ich war mit mir selbst beschäftigt. Ich drückte Nathalie ein wenig fester an mich, als wenn ich Angst hätte, sie zu verlieren. Ich glaubte langsam, daß ich nicht normal sei, denn so dämlich wie an diesem Abend hatte ich mich noch nie verhalten. Mir kam der Gedanke, zu einem Psychiater zu gehen, der einmal in mich hineinschauen sollte, um zu sehen wie es in meinem Kopf aussieht. Aber den Gedanken warf ich schnell wieder zur Seite, denn einen Psychiater braucht man erst, wenn man nicht alle Tassen im Schrank hatte. Und die waren bei mir alle noch vorhanden.
    Dann waren wir endlich in Nice vor dem Kasino und stiegen aus. Ich nahm Nathalie an der Hand und ließ sie erst vor dem Eingang wieder los. Das Kasino war ein wenig größer als das von Cassis und ein bißchen vornehmer. Geld hatten wir genug, und wir konnten es uns leisten, in den Schuppen zu gehen.
    Diesmal sagte Salem zu mir:
    »Ich werde nicht spielen, sondern nur zusehen. Ich habe für heute genug gespielt, aber zuschauen kann ich immer.
    Manchmal macht es mir noch mehr Freude, als wenn ich selber am Tisch sitze.«
    Nathalie und ich schauten uns ein wenig um und steuerten dann die Bar an. Salem blieb an einem Tisch stehen und schaute dem Spiel zu. Wir kümmerten uns nicht weiter um ihn, da uns das Spiel nichts bedeutete. Die Bar war groß, und wir setzten uns in eine Ecke, damit wir nicht wie auf dem Präsentierteller saßen. Es waren nicht viele Leute da, da sie noch alle am Spielen waren und erst später in die Bar kommen würden, wenn sie ihr Geld verloren hatten. Dann würden sie ihr letztes Geld noch für einen Drink ausgeben und nach Hause gehen. Am nächsten Tag stehen sie wieder am Spieltisch und hauen wieder Geld auf den Kopf, bis sie einmal merken, daß sie schon Hunderttausende von Francs verspielt haben, ohne zu gewinnen, außer die Erfahrung, daß sie beim Spiel nur immer verloren hatten.
    Aber es gibt auch Menschen, die nie einsehen, daß sie immer nur verlieren, und diese spielen bis zu ihrem Ruin. Und ruiniert ist man heutzutage sehr schnell.
    Wir bestellten beide einen Martini. Nathalie erzählte mir, daß ihr Vater eine Seifenfabrik hat, besser gesagt, daß er Hygieneartikel herstellte. Ihre Mutter war sehr selten zu Hause, da sie sich immer um geschäftliche Angelegenheiten kümmern mußte. Aber auch wenn ihre Eltern daheim waren, hatten sie keine Zeit für sie. Sie sah sie nur ab und zu, denn sie wurde von einem Kindermädchen aufgezogen und betreut. Wenn ihre Eltern sie nicht gebrauchen konnten, dann wurde einfach das Kindermädchen gerufen. Später, als sie größer war, bekam sie Geld, wenn sie sie loswerden wollten. Dann hatte sie ein paar höhere Schulen besucht, mit denen sie nun

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