Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
Vom Netzwerk:
ausziehen. Meine Kleider wurden von oben bis unten durchsucht und abgetastet. Als sie alles genau kontrolliert hatten, konnte ich mich wieder anziehen. Danach schloß man mich wieder ein, und Peter kam an die Reihe.
    Ich saß in der kleinen Zelle und wußte einfach nicht mehr weiter. Was würde auf mich zukommen? Wie lange werden sie mich einsperren, und was würde mit mir geschehen? fragte ich mich, als die Zellentüre wieder aufging und ich von zwei Bullen in ein Büro gebracht wurde, in dem vier Typen in Zivil saßen. Ich wußte, daß die vier mich verhören und mich nach Strich und Faden ausquetschen sollten. Der Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand, wurde mir freundlich, was ich für ein Wunder hielt, angeboten, und ich setzte mich hin. Dann ging die Fragerei auch schon los. Man hatte sogar einen Polizisten aufgetrieben, der ein wenig Deutsch sprach. Wenn sie uns gefragt hätten, ob wir Französisch sprechen könnten, dann hätten sie sich die Mühe sparen können. Auf jede Frage, die sie mir stellten, sagte ich das, was ich mit Peter abgesprochen hatte, immer dasselbe, nämlich, daß wir es gemeinsam gemacht hatten. Das wurde ihnen anscheinend zu dumm, denn einer verschwand für kurze Zeit aus dem Büro. Nach einer Weile kam er wieder und flüsterte einem anderen etwas ins Ohr.
    Dann sagte dieser zu mir:
    »Ihr habt euch abgesprochen, denn dein Freund sagt haargenau dasselbe wie du. Das macht aber nichts. Wir wissen, was ihr gemacht habt, und dein Freund ist übrigens ein Deserteur der Fremdenlegion. Den werden wir sowieso übergeben müssen.«
     
    »An wen übergeben?«
    »Natürlich der Legion. Sobald er verurteilt ist.«
    Wer einmal weiß, was die Legion mit Deserteuren macht, der kann sich vorstellen, daß Peter etwas vor sich hatte, das man keinem Menschen wünschen mochte.
    Aber daran konnte ich sowieso nichts mehr ändern, sondern mußte mich nun um mich selbst kümmern und daran denken, was auf mich zukam. Da man nun gemerkt hatte, daß Peter und ich uns nicht gegenseitig die Schuld in die Schuhe schoben, sondern immer dasselbe sagten, brachen sie das Verhör ab.
    Dafür durfte ich dann ein zweites mal für die Polizei Klavier spielen. Man nahm von mir die Fingerabdrücke, und es wurden Bilder gemacht.
    Danach wurde ich in eine Zelle gebracht, die nicht besonders komfortabel war. Die Tür schloß sich mit einem lauten Knall.
    Ich setzte mich auf die Pritsche, die in der Zelle war, schlug die Hände vor das Gesicht und fing an zu weinen wie ein kleines Kind. Als ich mich wieder beruhigt hatte, saß ich nur noch da und stierte auf die dreckige Wand, die ich vor mir hatte. Ich war nicht fähig, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen, denn so durcheinander war ich.

14
    Die ganze Nacht saß ich in der Zelle, auf dieser komischen Pritsche. Einmal brachte mir ein Polizist etwas zu essen, aber da ich keinen Hunger hatte, nahm er es wieder mit.
    Als es draußen langsam hell wurde, legte ich mich hin und schlief ein. Aber lange konnte ich nicht schlafen, denn ich wurde wieder geweckt und aus der Zelle geholt. Man teilte mir mit, daß ich in den Knast gebracht werde. Mir war alles scheißegal, denn ich mußte und hatte mich teilweise schon damit abgefunden, nun einen kleinen Teil meines Lebens hinter Gittern zu verschwinden. Dann legte man mir Handschellen um, und ich wurde in ein Polizeiauto gesetzt. Dort saß schon Peter, der zu mir nur ein müdes »Hallo« sagte. Er war anscheinend genauso fertig wie ich es war. In den Fond des Wagens setzten sich zwei von diesen schieß wütigen Sheriffs, und die Fahrt in dem eleganten, vergitterten Staatswagen begann. Mitten durch die Stadt wurden wir gefahren und jedesmal, wenn wir an einer Kreuzung hielten, glotzten uns die Leute dumm an. Manche drohten uns sogar mit der erhobenen Faust, und ich wäre am liebsten ausgestiegen und hätte demjenigen eine verplettet. Dann waren wir endlich vor dem Knast, und vor uns öffnete sich ein großes Tor, durch das der Wagen in den Hof fuhr. Dort hielt er an, und wir wurden aus dem Wagen geholt. Man nahm uns die Handschellen ab, wir mußten in einem Buch unterschreiben und wurden durch ein weiteres Tor geführt. Nun befanden wir uns erst richtig im Knast, und mir lief ein Schauer den Rücken hinunter, als ich die vielen Gitter sah. Wie Tiere sollten wir in Käfigen gehalten werden, und ich konnte mir dies nicht richtig vorstellen, denn es hört sich abnormal an, wenn man es jemandem sagt, der noch nie im Gefängnis war.

Weitere Kostenlose Bücher