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Auch ein Waschbär kann sich irren

Auch ein Waschbär kann sich irren

Titel: Auch ein Waschbär kann sich irren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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June Tresker. Junes Ambitionen erstrecken sich nicht bis zu so kleinen Tagelöhnern herunter, wie Bill und ich es sind. Und Sie waren doch eifersüchtig.«
    »Nein. Bestimmt nicht. Aber — es hat mich gekränkt.«
    »Das kommt aufs gleiche heraus. Ist’s jetzt wieder besser?«
    »Danke, ja. Das heißt, ich weiß nicht. Vielleicht ist’s jetzt noch schlimmer. Jetzt weiß ich, daß ich unrecht hatte.«
    »Sie können nichts dazu.«
    Sie warf mir einen raschen Blick zu und entzog mir ihren Arm.
    »Nett von ihnen«, sagte sie, »aber das ist zu billig. Ich muß selbst damit fertig werden. Wollen Sie mir — wissen Sie wirklich nicht mehr, als Sie uns sagten?«
    »Nein. Noch nicht. Ich sehe zwar einige Zusammenhänge, aber nicht mehr. Ich verspreche Ihnen, daß ich alles tun werde, um hinter Bills Geheimnis zu kommen. Und wenn ich herausbringe, daß er ermordet wurde, dann werde ich erst recht alles tun, um ihn zu rächen. Übrigens — hat Billy jemals den Namen Oliver Marton erwähnt?«
    Sie blickte mich überrascht, beinahe erschrocken an.

5

    »Oliver Marton?« fragte sie gedehnt, »ja, den Namen habe ich von ihm gehört. Wie war denn das? Oliver Marton — ach ja, daran habe ich gar nicht mehr gedacht, aber jetzt weiß ich’s wieder: vorige Woche — ich glaube, es war Donnerstag — oder nein, Freitag, da war er nachmittags hier, und als wir Tee tranken, sagte er zu Betty, das ist unser Mädchen, falls ein gewisser Oliver Marton ihn am Telefon verlange, soll sie ihm ausrichten, er sei bereits wieder weggegangen, werde ihn aber abends an der vereinbarten Stelle treffen. Ich hielt das für eine berufliche Angelegenheit und fragte nicht einmal danach. Ich wäre auch jetzt nicht darauf gekommen, wenn Sie nicht diesen Namen erwähnt hätten. Hat das etwas mit — mit dem — Unglück zu tun?«
    »Das weiß ich auch noch nicht«, sagte ich so ruhig wie möglich. »Ich fand nur diesen Namen in seinem Notizbuch. Das war also am Freitag abends, sagten Sie?«
    »Ja. Das heißt, der Anruf kam am Nachmittag.«
    »Und wann haben Sie Billy wieder gesehen? Am Samstag?«
    »Nein, erst am Sonntag.«
    »Am Sonntag also. Und da war er doch so aufgekratzt, zeigte Ihnen das Zeitungsinserat und sagte, nun würde bald eine große Sache in die Luft fliegen. War es so?«
    Ihre Augen hingen wie gebannt an mir.
    »Ja, ja«, sagte sie, »genauso war es.«
    »Schauen Sie mich nicht so erwartungsvoll an, Mary-Ann«, sagte ich lächelnd. »Ich weiß immer noch nicht mehr als vorhin. Gehen Sie mal ein trockenes Flußbett entlang, und suchen Sie einen Kieselstein, der genau drei Unzen wiegt! Es gibt bestimmte Hunderte oder Tausende solcher Steine, aber — finden muß man sie. Ich habe nun schon eine ganze Anzahl Steinchen beieinander, aber die einen sind zu leicht, die anderen zu schwer. Ich brauche einen, der genau drei Unzen wiegt. Darf ich Sie wieder anrufen?«
    »Jederzeit gern.«
    »Und — darf ich auch wieder vorbeikommen?«
    Das hätte ich vielleicht nicht sagen sollen, jedenfalls faßte sie es falsch auf. Ihr Gesicht verschloß sich vor mir.
    »Bitte«, sagte sie kühl, »wenn Sie das für richtig halten, dann ebenfalls jederzeit.«
    Gewiß, meine Frage war womöglich nicht sehr geschickt gewesen. Es kann auch sein, daß sie in meinem Blick mehr gesehen hatte, als von mir aus dringewesen war, aber ich ärgerte mich plötzlich darüber, wie dieses Mädchen darauf reagiert hatte.
    »Sie irren sich schon wieder, Mary-Ann«, sagte ich. »Ich habe nämlich absolut kein Bedürfnis, ein kleines Mädchen zu verführen, sondern ich habe nur den Wunsch, den Tod meines einzigen Freundes aufzuklären.«
    Ich drehte mich brüsk um, ging, ohne mich noch einmal umzublicken, durch den Garten und pfiff vor mich hin.
    Was mich aber in Wahrheit so ärgerte, war die Tatsache, daß ich in diesem Augenblick, als ich sie anschaute, tatsächlich an etwas gedacht hatte, was eigentlich nicht mit Bill zusammenhing. Es waren sehr private Gedanken gewesen, und Mary-Ann hatte das sofort gemerkt. Man ist manchen Frauen gegenüber immer ein Anfänger.
    Langsam zuckelte ich durch Beverley Hills. Ich hatte einen guten Grund dafür, weshalb ich Lennox nicht alles sagte: er war ein Mann mit festen Grundsätzen, und er hätte sofort die Polizei verständigt. Dann aber wäre die Behördenmühle langsam angelaufen, vielleicht gar nicht. Und wenn sie wirklich einen Mörder erwischt hätten, konnte er immer noch mildernde Umstände bekommen, ein paar Jahre Zuchthaus

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