Auch ein Waschbär kann sich irren
Schrei war ihr Mund geöffnet, aber es kam kein Laut aus ihrer Kehle.
»Verzeihen Sie bitte«, sagte ich, »ich wollte Sie nicht erschrecken. Ihr Mann...«
»Sie waren das!« sagte sie atemlos, »Sie waren das also? Sie wagen es auch noch, hierherzukommen? Was wollen Sie von mir? Ich weiß nichts! Ich weiß nichts von der ganzen Sache! — Er hat nie mit mir darüber gesprochen. Lassen Sie mich in Ruhe! Gehen Sie! Gehen Sie doch! Ich verspreche Ihnen, daß ich’s der Polizei nicht sage, aber gehen Sie bitte.«
Die Worte kamen mit überstürzter Hast herausgesprudelt. Sie war schneeweiß im Gesicht und zitterte.
»Um Gottes willen, Mrs. Rogers! Beruhigen Sie sich, ich wollte ja nur...«
»Gehen Sie!« schrie sie auf, »Sie haben meinen Mann in diese einsame Gegend gelockt! Und dort haben Sie ihn erschossen! Aber ich weiß von gar nichts. Ben hat nie mit mir über seine Fälle gesprochen, und...«
»Ich habe Ihren Mann gestern früh zum erstenmal gesehen, und da lag er tot in meinem Wohnzimmer. Ich war verreist und fand ihn, als ich heimkam. Ich habe die Polizei verständigt.«
»Ja, ja!« rief sie hastig, »ja, ja, das ist sicherlich so gewesen. Aber jetzt gehen Sie doch bitte. Was wollen Sie denn noch hier? Bitte... da ist sein Schreibtisch. Hier liegen alle seine Papiere. Suchen Sie, was Sie brauchen, und nehmen Sie es mit, aber lassen Sie mich und mein Kind in Ruhe! Bitte... wir können Ihnen doch nicht schaden, und ich werde bestimmt der Polizei nichts verraten.«
»Sie sagten, Mrs. Rogers, ich hätte Ihren Mann in eine einsame Gegend gelockt?«
»Nein, nein«, stieß sie hastig hervor, »das war ein Irrtum. Bestimmt, ich habe mich geirrt. Ich weiß nichts von einem Anruf.«
»Ein Anruf? Es kam ein Anruf? Sie haben sich nicht geirrt, Mrs. Rogers. Ein Mann hat angerufen und hat Ihren Mann irgendwohin bestellt. So war es doch, nicht?«
»Ja, ja. Das heißt, ganz wie Sie wollen. Ich sage der Polizei bestimmt kein Wort.«
»Wann kam der Anruf?«
»Am Dienstag, abends, kurz vor dem Abendessen.«
»Was sagte der Mann?«
»Ich weiß es nicht mehr. Sicher, ich hab’s vergessen!«
Ihre Hände flogen vor Angst.
»Ich muß das wissen«, sagte ich hart, »und zwar ganz genau. Wer war am Apparat? Sie oder Ihr Mann?«
»Das... wissen Sie... Verzeihung, ich war am Apparat.«
»Und was sagte der Mann?«
»Er... sagte... nein! Ich hab’s vergessen! Ich schwöre Ihnen, ich hab’ alles vergessen.«
»Jetzt setzen Sie sich bitte mal hin, und hören Sie mir eine Minute zu.«
Mechanisch, wie eine Puppe, kam sie meiner Aufforderung nach. Ich bemühte mich, ihr zu erklären, wer ich bin und warum ich hierhergekommen war. Ich erzählte ihr kurz, wie ich ihren Mann entdeckt hatte und warum ich, statt nach Yuma zu fliegen, nach Los Angeles zurückgekehrt war. Ich sagte ihr, daß ich ein Freund von Bill gewesen sei, daß ich nicht an einen Unfall glaube und daß ich nun vermutete, Bill Nicholas und ihr Mann seien vom gleichen Mörder umgebracht worden.
»Ich habe Zeugen dafür«, sagte ich, »daß ich am Dienstag in Arizona war. Ich habe Sie nicht angerufen, aber Sie müssen mir jetzt helfen, herauszubringen, wer Ihren Mann nach San Fernando gelockt hat.«
»Ja«, nickte sie, nicht mehr ganz so erregt, »ja, er sollte nach San Fernando kommen und dort mit einem Manne zusammentreffen, der Warner hieß und sagte, er sei mit Mr. Nicholas befreundet gewesen.«
»Demnach war Mr. Nicholas schon vorher bei Ihrem Mann gewesen?«
»Ja.«
»Wann kam er zum ersten Male?«
»Vor etwa vierzehn Tagen.«
»Wollte er, daß Ihr Mann ihm hilft?«
»Ich denke, ja. Mein Mann sprach wirklich nie mit mir über seine Fälle, wenigstens nicht im einzelnen.«
»Machten Sie sich keine Gedanken, als er nicht zurückkam?«
»Nein, gar nicht. Nach dem Anruf sagte Ben, es sei gut, daß Bill nun auch mit Ihnen gesprochen habe. Mein Mann kannte Sie, wenigstens dem Namen nach. Und später abends, etwa gegen 10 Uhr, rief er nochmals an und sagte, es könne sein, daß er drei oder vier Tage ausbliebe.«
»Erkannten Sie seine Stimme am Telefon?«
Sie rang die Hände und schaute mich unsicher an.
»Ich... ich war ja auf so was nicht gefaßt. Ich dachte, es sei Ben.«
»Hat Sie die Polizei gestern früh vernommen?«
»Ja.«
»Und Sie haben alles erzählt, wie es war?«
»Ja, natürlich.«
»Also auch von Bill und... von mir?«
Sie nickte. Große Tränen rollten langsam über ihr Gesicht.
Ich hatte einen unangenehmen Geschmack im
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