Auch ein Waschbär kann sich irren
winkte uns zu.
»Aber Nero darf auch mitkommen, gell?«
»Natürlich darf er mit.«
Wir gingen zu meinem Wagen, von der ganzen Kinderschar begleitet. Nero kam hinten hinein und Olivia vom neben mich. Und dann ging’s los.
»Wohin fahren wir denn?« wollte Olivia wissen.
»Ja... wohin fahren wir denn? Spazieren. Irgendwohin. Oder hast du einen besonderen Wunsch? «
»Ach ja!« rief sie und klatschte in die Hände, »in Venice ist ein Mann, hat Barbara gesagt, der hat zahme Affen. Wollen wir nicht dorthin?«
Zahme Affen paßten mir eigentlich nicht ganz ins Programm, aber ich bog links ab und steuerte Richtung Venice.
Ich hatte mir das leichter vorgestellt, oder streng genommen hatte ich mir überhaupt nichts dabei gedacht. Jetzt suchte ich verzweifelt nach einer Idee, wie ich beginnen konnte, aber es fiel mir absolut nichts ein.
Nero legte seine Pfoten zwischen mich und Olivia auf die Lehne.
»Er ist schon sehr alt, nicht wahr«, fragte ich Olivia.
»Ja, er ist schon älter als ich. Viel älter.«
»Hm... ein Hund wird etwa zwölf Jahre alt, denke ich.«
»Ja, das sagt Paps auch. Und wenn Nero einmal tot ist, bekomm’ ich einen kleinen weißen, hat Paps gesagt.«
»Aber... du wärst doch sicherlich sehr, sehr traurig, wenn Nero sterben würde, nicht?«
»Aber Paps hat gesagt«, erklärte sie unbefangen, »daß Nero in den Hundehimmel kommt, und da ist es wunderschön, und dann kriege ich einen kleinen weißen Hund.«
»Ja, ja, natürlich«, sagte ich zerstreut. Damit war’s also nichts. Mir fiel auch nichts Neues ein, bis wir bei dem Mann mit den Affen angekommen waren. Er hatte eine bunte Drehorgel, ein großes Gerüst, an dem sechs kleine, armselige Äffchen herumturnten, und ab und zu nahm er eins davon, zog ihm ein grellfarbenes Kleidchen an, setzte es vor sich auf den Tisch und ließ es Kunststücke machen. Man sah nicht mehr oft etwas so Trostloses.
Olivia brach in helles Entzücken aus. Ich spürte ihre kleine heiße Hand in meiner; das ganze Persönchen zappelte vor Aufregung und Begeisterung. Plötzlich stellte sie sich auf die Zehenspitzen und erklärte strahlend:
»Jetzt weiß ich was! Wenn Nero tot ist, will ich kein weißes Hündchen, sondern so einen kleinen Affen haben. Ob die teuer sind?«
Ein paar Leute schauten uns an und lachten. Ich hätte gern sämtliche Affen gekauft, wenn ich damit meine Aufgabe hätte lösen können.
»Komm, Olivia, wir fahren noch ein Stückchen am Meer entlang. Und später bekommst du Eis. Willst du?«
Ich sah es ihr an, daß sie viel lieber bei den Affen geblieben wäre, aber sie kam doch mit.
»Du, Onkel«, sagte sie, als wir wieder im Wagen saßen, »wie heißt du eigentlich?«
»Jimmy.«
»Bist du ein Klient?«
»Eigentlich nicht«, sagte ich. »Ich bin mit deinem Vater befreundet.«
»Du bist aber noch nie zu uns gekommen. Warum?«
»Weil... ich wohne weit weg, weißt du, und ich komme nur selten in eure Gegend. Übrigens... warst du heute auch in der Kirche?«
»Ja. Im Kindergottesdienst.«
»Ah... dann kennst du doch sicherlich auch die wunderschöne Geschichte vom Herrn Jesus, der gestorben ist und dann wieder auferstand.«
»Ja«, sagte sie, »das hat uns Reverend Cannabith erzählt. Aber das ist schon länger her. Heute früh erzählte er uns von dem armen Schweinehirten, der heimgekommen ist und dann der Sohn von dem reichen Mann gewesen ist.«
»Hm... ja. Aber findest du nicht, Olivia, daß es sehr schön ist, wenn Menschen nach dem Tode auferstehen... äh... ich meine, ich wollte sagen, daß sie in den Himmel kommen zu all den hübschen Engeln und daß sie es dort sehr gut haben...«
Statt aller Antwort deutete sie aufgeregt mit ihrem kleinen Finger auf die bunten Gartenschirme am Strand.
»Dort gibt’s Eis, Onkel Jimmy!« schrie sie. »Wollen wir nicht halten?«
Noch nie in meinem Leben war mir Eiscreme so unangenehm wie jetzt!
Wir hielten, stiegen aus, kauften Eis und setzten uns auf eine Bank. Lind während Olivia leckte und plapperte, zermarterte ich mir mein Hirn.
»Bist du mir böse?« hörte ich Olivia plötzlich fragen.
»Ich dir böse? Aber nein. Warum denn?«
»Weil du mich so wütend angeschaut hast.«
Ich nahm sie in den Arm und drückte sie fest an mich. Und das brachte mir die rettende Idee!
»So«, sagte ich, »und jetzt bringe ich dich zu einer schrecklich netten Tante, die ein wunderschönes Haus und einen riesengroßen Garten hat.«
»Ist die Tante deine Frau?«
»N... nein, n... nicht, nein, das
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