Auch Geister haben huebsche Soehne
vor mich hinschlenderte. Wie eine große, miniberockte Null.
Als würde der fürs Wetter Zuständige mir in meiner Annahme, eine Null zu sein, zustimmen wollen, regnete es zu allem Überfluss auch noch. Und es war neblig, wie jeden Morgen an Nordkaliforniens Küste. Die Dunstschleier wallten vom Meer an Land und sammelten sich in der Bucht, bis die Sonne sie schließlich auflöste.
Aber an diesem Tag kam eben ein leichter Nieselregen zum Nebel dazu. Anfangs war es nicht so schlimm, aber ich war gerade mal bis zur Schulpforte gekommen, als meine Haare sich schon wellten. Und das nach all der Zeit und Mühe, die ich am frühen Morgen darauf verwendet hatte, sie zu glätten. Einen Schirm hatte ich natürlich auch nicht dabei. Wie es aussah, würde mir nichts anderes übrig bleiben, als mich die zwei – größtenteils bergauf führenden – Meilen nach Hause zu quälen und dort triefend nass und kraushaarig anzukommen.
Aber falsch gedacht. Denn als ich gerade das Schultor passierte, fuhr ein Auto hindurch und bremste plötzlich ab.
Es war ein hübsches Auto. Ein teures Auto. Ein Auto mit abgedunkelten Scheiben. Auf einmal wurde eins dieser abgedunkelten Fenster herabgelassen und ein vertrautes Gesicht spähte vom Rücksitz zu mir heraus.
»Miss Simon«, sagte Marcus Beaumont freundlich. »Genau zu Ihnen wollte ich. Dürfte ich Sie mal kurz sprechen?«
Er machte die Beifahrertür auf und lud mich ein, aus dem Nieselregen in den Wagen zu wechseln.
Jeder einzelne meiner Mittler-Instinkte war sofort auf hundertachtzig. Gefahr!, schrien sie. Renn weg!
Unfassbar. Tad hatte es also tatsächlich getan. Er hatte seinen Onkel gefragt, was ich wohl mit meiner Bemerkung gemeint hatte.
Und Marcus war, statt die Sache einfach abzutun, in einem Wagen mit abgedunkelten Scheiben hierher an meine Schule gefahren, um mich mal »kurz zu sprechen«.
Ich war ein toter Mann. Beziehungsweise eine tote Frau.
Bevor ich Gelegenheit hatte, herumzuwirbeln und mit fliegenden Fahnen in die Schule zurückzusprinten, um mich in Sicherheit zu bringen, sprangen die anderen Autotüren von Marcus Beaumonts teurem Gefährt auf, und zwei Kerle kamen auf mich zu.
Ich darf zu meiner Verteidigung sagen, dass ich nie angenommen hatte, Tad würde genug Mumm haben, mit seinem Onkel zu sprechen. Ich meine, Tad war ein netter Kerl – und ein guter Küsser –, aber die hellste Leuchte im Lampenladen war er nicht, um es mal so zu formulieren. Deswegen fanden ihn Mädchen wie Kelly Prescott auch so attraktiv: Kelly war es gewohnt, selbst die hellste Leuchte zu sein, und sie fand es nicht gerade prickelnd, auf diesem Gebiet Konkurrenz zu haben.
Aber offenbar hatte ich Tad unterschätzt. Nicht nur dass er seinen Onkel, wie von mir angeregt, angesprochen hatte. Nein, er hatte es wohl auch geschafft, Marcus' Verdacht zu wecken, dass ich mehr wusste, als ich sagte. Sehr viel mehr, wenn man den beiden Möchtegerngorillas nach urteilte, die mich nun umkreisten und mir jeden Fluchtweg abschnitten.
In meinen Fluchtplänen so von diesen Clowns behindert, blieb mir nichts anderes übrig, als mich einem Kampf zu stellen. In dieser Hinsicht war ich beileibe keine Memme. Im Gegenteil, ich mochte körperliche Konfrontationen – nur für den Fall dass das nicht längst schon klar sein sollte. Natürlich hatte ich es kampftechnisch meist mit Geistern zu tun, nicht mit Menschen. Aber so große Unterschiede würde es da ja wohl nicht geben. Ich meine, eine Nasenscheidewand ist und bleibt eine Nasenscheidewand. Ich war bereit, einen Versuch zu wagen.
Das kam für die beiden Witzfiguren, die so aussahen, als würden sie häufiger Biergläser stemmen als Leute, wohl ziemlich überraschend. Doch sie wollten natürlich ihren Big Boss beeindrucken.
Was in dem Moment passé war, als ich meine Schultasche auf den Boden warf, einen Fuß in die Kniekehle eines der Marcus-Männchen hakte und den Typen mit einem erderschütternden Rumsen auf den nassen Asphalt niederkrachen ließ.
Während Strolchi 1 also rücklings auf der Erde lag und verblüfft zum wolkenverhangenen Himmel hochblickte, verpasste ich Strolchi 2 einen herrlichen Tritt. Er war zu groß, als dass ich ihn an der Nase hätte erwischen können, aber ich donnerte ihm meinen Knappfünf-Zentimeter-Absatz in den Brustkorb, dass ihm alle Luft aus den Lungen entwich. Das musste echt wehgetan haben, denn der Typ schwankte und ging stöhnend zu Boden.
Amateur.
Jetzt stieg Marcus höchstselbst aus dem Wagen. Er baute sich
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