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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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doch wohl nicht im Ernst behaupten. Genaugenommen wissen Sie doch selbst, daß es Unsinn ist. Um acht Minuten nach acht war es draußen bereits dunkel, und außerdem waren die Vorhänge zugezogen. Nein, es muß irgendeine andere Erklärung geben…«
    »Soviel ich sehe, gibt es nur eine einzige: Gervase Chevenix-Gore war verrückt.«
    Unzufrieden schüttelte Poirot den Kopf. Major Riddle erhob sich.
    »Kommen Sie«, sagte er. »Befragen wir erst einmal die restlichen Anwesenden. Vielleicht kommen wir damit einen Schritt weiter.«

    Nach den Schwierigkeiten, Lady Chevenix-Gore zu einer direkten Aussage zu bewegen, war die Unterhaltung mit einem gescheiten Anwalt wie Forbes eine ausgesprochene Erholung für Major Riddle.
    Mr. Forbes war in seinen Angaben äußerst vorsichtig und beherrscht; seine Antworten bezogen sich jedoch unmittelbar auf die Fragen.
    Er gab zu, daß Sir Gervases Selbstmord für ihn einen großen Schock bedeutet hätte. Er hätte Sir Gervase niemals zugetraut, zu jenen Menschen zu gehören, die sich selbst das Leben nähmen. Von einem Grund für eine derartige Tat war ihm nicht das geringste bekannt.
    »Sir Gervase war nicht nur mein Klient, sondern gleichzeitig ein sehr alter Freund. Seit meiner Jugendzeit kannte ich ihn. Und ich möchte behaupten, daß er das Leben immer genossen hat.«
    »Unter den gegebenen Umständen, Mr. Forbes, muß ich Sie bitten, ganz offen zu sein. Wissen Sie etwas von einer geheimen Sorge oder einem Kummer in Sir Gervases Leben?«
    »Nein. Er hatte kleinere Sorgen, wie jeder sie hat, aber ernsterer Art waren sie nicht.«
    »Auch keine Krankheit? Keine Unstimmigkeiten zwischen ihm und seiner Frau?«
    »Nein. Sir Gervase und seine Frau hingen sehr aneinander.«
    Vorsichtig sagte Major Riddle: »Lady Chevenix-Gore macht den Eindruck, etwas seltsame Ansichten zu haben.«
    Mr. Forbes lächelte – ein nachsichtiges, männliches Lächeln.
    »Damen«, sagte er, »muß man gewisse Launen zugestehen.«
    »Sie erledigten die juristischen Probleme für Sir Gervase?« fuhr der Chief Constable fort.
    »Ja. Meine Firma Forbes, Ogilvie and Spence ist für die Familie Chevenix-Gore seit mehr als hundert Jahren tätig.«
    »Gab es in der Familie Chevenix-Gore jemals irgendwelche – Skandale?«
    Die Augenbrauen des Mr. Forbes waren hochgezogen. »Ihre Frage ist mir, ehrlich gesagt, nicht ganz verständlich.«
    »Monsieur Poirot, würden Sie Mr. Forbes bitte jenen Brief zu lesen geben, den Sie mir bereits zeigten.«
    Wortlos erhob Poirot sich und überreichte Mr. Forbes den Brief mit einer leichten Verbeugung.
    Mr. Forbes las ihn, und seine Augenbrauen wanderten noch mehr in die Höhe.
    »Ein höchst bemerkenswerter Brief«, sagte er. »Jetzt begreife ich auch Ihre Frage. Nein – soweit ich orientiert bin, gab es nichts, was das Aufsetzen eines derartigen Briefes rechtfertigte.«
    »Sir Gervase hat über diese Angelegenheit nicht mit Ihnen gesprochen?«
    »Nicht ein Wort. Ich muß sagen, ich finde es sehr merkwürdig, daß er es nicht getan hat.«
    »Er war es gewohnt, Ihnen zu vertrauen?«
    »Ich glaube, er vertraute meinem Urteil.«
    »Und Sie können sich nicht vorstellen, auf was dieser Brief sich bezieht?«
    »Ich möchte keine übereilten Vermutungen anstellen.«
    Major Riddle gab sich mit dem Sinn dieser Antwort zufrieden.
    »Vielleicht, Mr. Forbes, können Sie uns jedoch sagen, in welcher Weise Sir Gervase über sein Vermögen verfügt hat?«
    »Gewiß. Ich sehe keinen Anlaß, es nicht zu tun. Seiner Frau vermachte Sir Gervase ein jährliches Einkommen von sechstausend Pfund zu Lasten des Grundbesitzes sowie die Wahl zwischen Dower House und der Stadtwohnung am Lowndes Square; je nachdem, welchen Wohnsitz sie vorzieht. Dann gibt es natürlich noch eine Reihe von Legaten und Vermächtnissen, die jedoch keineswegs aus dem Rahmen des Üblichen fallen. Den Grundbesitz und das Vermögen vermachte er seiner Adoptivtochter Ruth unter der Bedingung, daß im Falle einer Heirat ihr Mann den Namen Chevenix-Gore annehmen muß.«
    »Seinem Neffen, Mr. Hugo Trent, ist nichts vermacht worden?«
    »Doch – eine Erbschaft von fünftausend Pfund.«
    »Soweit ich orientiert bin, war Sir Gervase ein reicher Mann?«
    »Er war äußerst wohlhabend. Abgesehen vom Grundbesitz besaß er ein sehr erhebliches Privatvermögen. Natürlich waren seine Verhältnisse nicht mehr ganz so wie früher. Praktisch alle investierten Einkommen sind in Mitleidenschaft gezogen worden. Außerdem hat Sir Gervase eine ganze

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