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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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überlegte.
    »Nein – ich glaube nicht. Ein bißchen – ja, ›versponnen‹ könnte man es vielleicht nennen.«
    »Aber über irgendeine bestimmte Angelegenheit schien er sich keine Sorgen zu machen?«
    »Nein.«
    »Und wie war es mit – finanziellen Sorgen irgendwelcher Art?«
    »Beunruhigen taten ihn nur die Vorkommnisse bei einer ganz bestimmten Firma – um genau zu sein: bei der Paragon Synthetic Rubber Company.«
    »Was hat er im einzelnen darüber geäußert?«
    Wieder erschien plötzlich Godfrey Burrows’ mechanisches Lächeln, und wieder wirkte es einigermaßen unwirklich.
    »Mein Gott – genaugenommen sagte er ungefähr folgendes: ›Old Bury ist entweder ein Idiot oder ein Schuft. Eher wahrscheinlich ein Idiot. Aber um Vandas willen kann ich ihm nicht an den Kragen.‹«
    »Und weshalb sagte er das – um Vandas willen?« fragte Poirot.
    »Sie müssen das verstehen: Lady Chevenix-Gore hat Colonel Bury sehr gern, und er verehrt sie. Wie ein Hund folgt er ihr überallhin.«
    »Und Sir Gervase war überhaupt nicht – eifersüchtig?«
    »Eifersüchtig?« Burrows stutzte und lachte dann los. »Sir Gervase und eifersüchtig? Er hätte gar nicht gewußt, was er damit hätte anfangen sollen! Und es wäre ihm auch nie in den Kopf gegangen, daß irgend jemand einen anderen lieb haben könnte als ihn. So etwas war völlig unmöglich – verstehen Sie?«
    Höflich sagte Poirot: »Ich glaube, Sie mögen Sir Gervase nicht allzu sehr?«
    Burrows wurde rot.
    »O doch – das schon. Aber heutzutage kommt einem das alles doch ein bißchen lächerlich vor.«
    »Was alles?« fragte Poirot.
    »Wie soll ich es ausdrücken – zum Beispiel dieses feudale Gehabe. Diese Verehrung der Vorfahren und diese persönliche Arroganz. Sir Gervase war in vieler Hinsicht ein fähiger Mann und hatte ein interessantes Leben geführt; aber er selbst wäre noch viel interessanter gewesen, hätte er sich nicht immer so hinter sich und seinem Egoismus versteckt.«
    »Stimmte seine Tochter in diesem Punkt mit Ihnen überein?«
    Wieder wurde Burrows rot – diesmal puterrot.
    »Soweit ich mir ein Urteil erlauben darf, gehört Miss Chevenix-Gore ganz zu den modernen Menschen! Über ihren Vater habe ich mich mit ihr natürlich niemals unterhalten.«
    »Aber moderne Menschen unterhalten sich doch in Wirklichkeit sehr ausführlich über ihre Väter!« sagte Poirot. »Es entspricht doch dem Geist der Moderne, die eigenen Eltern zu kritisieren!«
    Burrows zuckte die Schultern.
    »Und sonst gab es nichts…?« fragte Major Riddle. »Keine sonstigen finanziellen Sorgen? Hat Sir Gervase Ihnen gegenüber nie erwähnt, daß er betrogen worden war?«
    »Betrogen?« Burrows schien verblüfft zu sein. »Nein.«
    »Und Sie selbst kamen gut mit ihm aus?«
    »Selbstverständlich. Warum auch nicht?«
    »Ich frage Sie das in allem Ernst, Mr. Burrows.«
    Der junge Mann machte ein verdrossenes Gesicht.
    »Wir kamen großartig miteinander aus.«
    »Wußten Sie, daß Sir Gervase einen Brief an Monsieur Poirot geschrieben und ihn aufgefordert hatte, hierher zu kommen?«
    »Nein.«
    »Schrieb Sir Gervase seine Briefe üblicherweise immer selbst?«
    »Nein – fast immer hat er sie mir diktiert.«
    »Aber nicht in diesem besonderen Fall?«
    »Nein.«
    »Was mag ihn wohl dazu veranlaßt haben?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    »Sie können keinen Grund nennen, warum er diesen Brief selbst geschrieben hat?«
    »Nein, das kann ich nicht.«
    »Aha!« sagte Major Riddle und fügte sanft hinzu: »Ziemlich merkwürdig. Wann haben Sie Sir Gervase zum letztenmal gesehen?«
    »Kurz bevor ich mich zum Abendessen umzog. Ich brachte ihm einige Briefe zur Unterschrift.«
    »Wie war er zu dem Zeitpunkt?«
    »Völlig normal. Ich glaube sogar, daß er wegen irgendeiner Sache sehr zufrieden war.«
    Poirot rutschte in seinem Sessel hin und her.
    »Ach?« sagte er. »Das also war Ihr Eindruck? Daß er wegen irgendeiner Sache zufrieden war? Und trotzdem erschoß er sich gar nicht so viel später. Merkwürdig ist das!«
    Godfrey Burrows zuckte die Schultern.
    »Ich habe nur von meinen Eindrücken gesprochen.«
    »Ja, sicher – und sie sind auch sehr wertvoll. Schließlich gehören Sie vermutlich zu den letzten, die Sir Gervase noch lebend gesehen haben.«
    »Als letzter hat Snell ihn gesehen.«
    »Gesehen – ja. Aber nicht mit ihm gesprochen.«
    Burrows erwiderte nichts.
    »Um welche Zeit«, fragte Major Riddle, »gingen Sie nach oben, um sich umzuziehen?«
    »Etwa um fünf nach

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