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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sieben.«
    »Was machte Sir Gervase?«
    »Er war noch in seinem Arbeitszimmer.«
    »Wie lange brauchte er gewöhnlich zum Umziehen?«
    »Gewöhnlich brauchte er dazu eine Dreiviertelstunde.«
    »Wenn das Abendessen um Viertel nach acht begann, wird er demnach spätestens wohl um halb acht hinaufgegangen sein?«
    »Das ist anzunehmen.«
    »Sie selbst gingen schon vorher nach oben?«
    »Ja. Ich wollte mich umziehen, um anschließend noch in die Bibliothek zu gehen und einige erforderliche Hinweise nachzuschlagen.«
    Poirot nickte gedankenvoll.
    »Ich glaube, das ist im Augenblick alles«, sagte Major Riddle.
    »Würden Sie dann bitte Miss – wie heißt sie doch noch – diese Miss herschicken?«

    Die kleine Miss Lingard kam fast unmittelbar danach in das Zimmer getrippelt. Sie trug mehrere Ketten, die ein wenig klirrten, als sie sich hinsetzte, und blickte die beiden Männer abwechselnd fragend an.
    »Das ist alles sehr – äh – betrüblich, Miss Lingard«, begann Major Riddle.
    »Wirklich sehr betrüblich«, sagte Miss Lingard schicklicherweise.
    »Wann sind Sie eigentlich hierher gekommen?«
    »Vor etwa zwei Monaten. Sir Gervase hatte an einen Freund geschrieben, der im Britischen Museum tätig ist – Colonel Fotheringay war es –, und Colonel Fotheringay empfahl mich. Ich habe schon eine ganze Menge historischer Nachforschungen durchgeführt.«
    »War es für Sie schwierig, für Sir Gervase zu arbeiten?«
    »Eigentlich nicht. Natürlich mußte man ihm einiges zugute halten. Aber das muß man, wie ich festgestellt habe, bei den meisten Männern.«
    Mit dem unbehaglichen Gefühl, daß Miss Lingard in diesem Augenblick auch ihm wahrscheinlich einiges zugute hielt, fuhr Major Riddle fort: »Ihre Arbeit bestand darin, Sir Gervase bei dem Buch, an dem er schrieb, behilflich zu sein?«
    »Ja.«
    »Was gehörte alles dazu?«
    Für einen Moment sah Miss Lingard richtig menschlich aus. Ihre Augen zwinkerten leicht, als sie erwiderte: »Wenn ich ganz genau sein will, gehörte es zu meinen Aufgaben, das Buch zu schreiben. Ich besorgte sämtliche Informationen, machte Notizen und ordnete das Material. Und später überarbeitete ich dann das, was Sir Gervase geschrieben hatte.«
    »Dazu war auf Ihrer Seite sicherlich eine Menge Takt erforderlich, Mademoiselle«, sagte Poirot.
    »Takt und Festigkeit. Man braucht beides«, sagte Miss Lingard.
    »Sir Gervase nahm Ihnen Ihre – Festigkeit nicht übel?«
    »Nein – überhaupt nicht. Natürlich redete ich ihm ein, daß er seine Zeit nicht mit allen Einzelheiten zu vergeuden brauchte.«
    »Ah ja – ich verstehe.«
    »Es war wirklich ganz einfach«, sagte Miss Lingard. »Mit Sir Gervase kam man ausgezeichnet zurecht, wenn man es verstand, ihn richtig zu nehmen.«
    »Jetzt, Miss Lingard, hätte ich gern erfahren, ob Ihnen etwas bekannt ist, das ein Licht auf diese Tragödie werfen könnte.«
    Miss Lingard schüttelte den Kopf.
    »Ich fürchte, dabei kann ich Ihnen nicht helfen. Sie müssen verstehen, daß ich nicht zu jenen gehörte, denen er derartige Dinge anvertraute. Praktisch war ich für ihn eine Fremde. Jedenfalls glaube ich, daß er viel zu stolz war, um mit irgend jemandem über familiäre Sorgen zu sprechen.«
    »Sie glauben jedoch, daß familiäre Sorgen ihn veranlaßten, sich das Leben zu nehmen?«
    Miss Lingard machte einen ziemlich überraschten Eindruck.
    »Aber natürlich! Gibt es denn eine andere Möglichkeit?«
    »Sie sind überzeugt, daß familiäre Sorgen ihn bedrückten?«
    »Ich weiß, daß ihn irgend etwas schrecklich bedrückte.«
    »Ach, das wissen Sie?«
    »Aber natürlich.«
    »Sagen Sie, Mademoiselle – hat er mit Ihnen darüber gesprochen?«
    »Nicht unmittelbar.«
    »Was sagte er denn?«
    »Lassen Sie mich einen Moment überlegen. Zum Beispiel merkte ich, daß er manchmal anscheinend gar nicht begriff, was ich ihm erzählte…«
    »Einen Moment. Pardon. Wann war das?«
    »Heute nachmittag. Gewöhnlich arbeiteten wir von drei bis fünf.«
    »Erzählen Sie bitte weiter.«
    »Wie ich schon sagte, fiel es Sir Gervase anscheinend schwer, sich zu konzentrieren – er erwähnte es sogar selbst und fügte noch hinzu, daß verschiedene ernste Angelegenheiten ihn stark beschäftigten. Und er sagte – warten Sie – er sagte ungefähr folgendes (genau kann ich seine Worte natürlich nicht wiedergeben): ›Es ist entsetzlich, Miss Lingard, wenn eine Familie, die zu den stolzesten des Landes gehörte, plötzlich mit Schande bedeckt wird.‹«
    »Und was sagten

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