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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Meinung, daß ich in meinem ganzen Leben noch keinem merkwürdigeren Menschen begegnet war. Miss Chevenix-Gore hingegen war völlig normal, und später stellte ich dann auch fest, daß Lady Chevenix-Gore in Wirklichkeit eine äußerst freundliche nette Frau war. Kein Mensch hätte freundlicher und netter zu mir sein können als sie. Sir Gervase – ich bin beinahe überzeugt, daß er tatsächlich verrückt war. Seine Egomanie – nennt man es nicht so? – wurde von Tag zu Tag unerträglicher.«
    »Und die anderen?«
    »Ich kann mir vorstellen, daß Mr. Burrows es nicht leicht hatte. Ich glaube, daß er froh war, durch unsere Arbeit an dem Buch eine kleine Verschnaufpause zu bekommen. Colonel Bury war immer sehr charmant. Er hing sehr an Lady Chevenix-Gore, und mit Sir Gervase kam er ausgezeichnet zurecht. Mr. Trent, Mr. Forbes und Miss Cardwell sind erst seit einigen Tagen hier, so daß ich über sie natürlich nicht viel weiß.«
    »Vielen Dank, Mademoiselle. Und was ist mit Captain Lake, dem Vermögensverwalter?«
    »Oh – er ist wirklich reizend. Jeder mag ihn.«
    »Einschließlich Sir Gervase?«
    »Aber ja. Einmal hörte ich, wie er sagte, Lake sei der beste Verwalter, den er bisher gehabt habe. Natürlich gab es zwischen Sir Gervase und Captain Lake auch Schwierigkeiten – aber alles in allem kam er doch sehr gut zurecht. Auch wenn es nicht einfach war.«
    Poirot nickte nachdenklich. Dann murmelte er: »Da war noch irgend etwas – irgend etwas – das ich Sie fragen wollte – irgendeine Kleinigkeit… Was war es denn nur?«
    Geduldig blickte Miss Lingard ihn an.
    Verstört schüttelte Poirot den Kopf. »Ja – und dabei liegt es mir förmlich auf der Zunge!«
    Major Riddle wartete eine Weile; als Poirot jedoch weiterhin nur verwirrt die Stirn runzelte, führte er die Vernehmung fort.
    »Wann haben Sie Sir Gervase zum letztenmal gesehen?«
    »Beim Tee – hier im Zimmer.«
    »Und wie war er dabei? Normal?«
    »So normal wie immer.«
    »Fiel Ihnen auf, daß zwischen den Anwesenden eine gewisse Spannung herrschte?«
    »Nein. Soweit ich mich erinnere, war jeder anscheinend wie immer.«
    »Wohin begab sich Sir Gervase nach dem Tee?«
    »Wie gewöhnlich ging er mit Mr. Burrows in sein Arbeitszimmer.«
    »Und später haben Sie ihn nicht mehr gesehen?«
    »Nein. Ich ging in das kleine Frühstückszimmer, in dem ich arbeitete, und tippte nach den Notizen, die ich mit Sir Gervase durchgesehen hatte, ein Kapitel des Buches. Das dauerte bis sieben Uhr. Anschließend ging ich nach oben, um mich auszuruhen und mich zum Abendessen umzuziehen.«
    »Soweit ich orientiert bin, haben Sie den Schuß gehört?«
    »Ja. Ich war in diesem Zimmer. Ich hörte ein Geräusch, das wie ein Schuß klang, und ging in die Halle. Mr. Trent stand draußen, und Miss Cardwell auch. Mr. Trent fragte Snell, ob es zum Essen denn Champagner gäbe, und machte dabei noch Witze. Leider sind wir gar nicht auf den Gedanken gekommen, den Knall ernst zu nehmen. Wir waren überzeugt, daß es die Fehlzündung eines Autos gewesen war.«
    Poirot meinte: »Haben Sie gehört, wie Mr. Trent sagte, Mord käme überall vor?«
    »Ich glaube schon, daß er so etwas gesagt hat – wenn auch natürlich nur im Spaß.«
    »Was geschah dann?«
    »Wir sind dann hierher gegangen.«
    »Können Sie sich noch erinnern, in welcher Reihenfolge die anderen zum Abendessen herunter kamen?«
    »Miss Chevenix-Gore kam, glaube ich, zuerst, und dann Mr. Forbes. Anschließend Colonel Bury und Lady Chevenix-Gore gemeinsam und Mr. Burrows unmittelbar nach ihnen. Das muß ungefähr die Reihenfolge gewesen sein, obgleich ich mir nicht so ganz sicher bin, weil mehr oder weniger alle auf einmal hereinkamen!«
    »Veranlaßt durch das erste Gongen?«
    »Ja. Jeder beeilte sich, wenn gegongt wurde, denn abends achtete Sir Gervase immer besonders auf Pünktlichkeit.«
    »Um welche Zeit kam er selbst gewöhnlich herunter?«
    »Er selbst war fast immer schon vor dem ersten Gong in seinem Arbeitszimmer.«
    »Überraschte es Sie, daß er bei dieser Gelegenheit nicht unten war?«
    »Sehr sogar.«
    »Jetzt habe ich es!« rief Poirot.
    Als die beiden anderen ihn fragend ansahen, fuhr er fort:
    »Jetzt ist mir wieder eingefallen, was ich fragen wollte. Heute abend, Mademoiselle, als Snell gemeldet hatte, daß die Tür zum Arbeitszimmer abgeschlossen wäre, und wir alle daraufhin nachschauten, bückten Sie sich und hoben irgend etwas auf.«
    »Habe ich etwas aufgehoben?« Miss Lingard schien sehr

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