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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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billig, daß Ruth und Hugo heiraten und Hugo dann den Namen Chevenix-Gore annähme. Wie Hugo und Ruth darüber dachten, spielte keine Rolle.«
    »Und war Mademoiselle Ruth einverstanden, sich diesem Arrangement zu unterwerfen?«
    Colonel Bury lachte leise vor sich hin.
    »Sie nicht! Dazu ist sie viel zu temperamentvoll!«
    »Ist Ihnen bekannt, daß Sir Gervase kurz vor seinem Tod ein neues Testament aufsetzen ließ, nach dem Miss Chevenix-Gore das Erbe nur unter der Bedingung antreten durfte, daß sie Hugo Trent heiratete?«
    Colonel Bury pfiff vor sich hin.
    »Dann hatte er also doch Wind von der Sache zwischen ihr und Burrows…«
    Kaum hatte er dies gesagt, biß er sich auf die Lippen; aber es war zu spät. Poirot griff dieses Eingeständnis sofort auf.
    »Es war etwas zwischen Mademoiselle Ruth und dem jungen Monsieur Burrows?«
    »Wahrscheinlich hatte es nichts zu bedeuten – gar nichts zu bedeuten.«
    Major Riddle hüstelte und sagte: »Ich glaube, Colonel Bury, Sie sollten uns alles erzählen, was Sie wissen. Vielleicht ergibt sich daraus eine Erklärung für Sir Gervases Geistesverfassung.«
    »Möglicherweise«, sagte Colonel Bury bedächtig. »Also gut – die Sache ist folgende: Der junge Burrows ist ein gutaussehender Bursche, zumindest in den Augen der Frauen. In letzter Zeit scheinen er und Ruth sich mächtig angefreundet zu haben, und das paßte Gervase nicht – gar nicht paßte es ihm. Um nichts zu überstürzen, wollte er Burrows aber auch nicht fristlos auf die Straße setzen. Immerhin kannte er Ruth. Sie hätte sich keine Vorschriften machen lassen. Meiner Ansicht nach ist er deshalb auf diesen Plan verfallen. Ruth gehört nicht zu jenen Mädchen, die um der Liebe willen alles opfern. Sie sitzt nun einmal gern vor vollen Fleischtöpfen, und Geld verachtet sie auch nicht.«
    »Haben Sie selbst irgend etwas gegen Mr. Burrows einzuwenden?«
    Der Colonel äußerte die Ansicht, daß Godfrey Burrows nicht ganz astrein sei – ein Ausspruch, der Poirot völlig unverständlich war, während Major Riddle sich ein Lächeln nicht verbeißen konnte.
    Es wurden noch einige weitere Fragen gestellt und beantwortet, und dann ging Colonel Bury wieder.
    Riddle warf Poirot einen Blick zu; Poirot war in Gedanken versunken.
    »Was halten Sie von dieser Geschichte, Monsieur Poirot?«
    Der kleine Mann hob abwehrend beide Hände.
    »Irgendwie taucht langsam ein Muster, ein ganz bestimmter Zweck hinter dem Ganzen auf.«
    »Verdammt schwierig«, sagte Riddle.
    »Ja, schwierig ist es. Aber ein einziger Ausspruch, der ganz nebenbei und leichthin geäußert wurde, gewinnt in meinen Augen immer mehr an Bedeutung.«
    »Und das wäre?«
    »Dieser von Hugo Trent lachend ausgesprochene Satz: Mord käme überall vor…«
    »Ja«, sagte Riddle scharf, »ich habe schon die ganze Zeit gemerkt, daß Sie in diese Richtung zielen.«
    »Sind Sie denn nicht auch der Meinung, mein Freund, daß das Motiv für einen Selbstmord immer schwächer wird, je mehr wir in dieser Angelegenheit herausbekommen? Und für einen Mord besitzen wir mittlerweile eine überraschende Kollektion von Motiven!«
    »Trotzdem dürfen Sie bei allem die reinen Tatsachen nicht außer acht lassen: die abgeschlossene Tür und der Schlüssel in der Tasche des Toten. Schon gut – ich weiß selbst, daß es auch dafür Erklärungen gibt: gebogene Haarnadeln und ähnliche Scherze. Möglich wäre es wahrscheinlich schon… Aber funktionieren diese Tricks wirklich? Gerade das möchte ich doch sehr stark bezweifeln.«
    »Auf jeden Fall sollten wir den Fall einmal so untersuchen, als handele es sich um Mord – nicht um Selbstmord.«
    »Gut, einverstanden. Da Sie selbst am Tatort erschienen sind, dürfte es sich vermutlich um Mord handeln!«
    Für einen Augenblick lächelte Poirot. »Ich kann nicht sagen, daß mir Ihre Bemerkung gefällt.«
    Dann wurde er wieder ernst.
    »Ja, untersuchen wir also den Fall vom Standpunkt eines Mordes aus. Der Schuß wurde gehört; vier Leute – Miss Lingard, Hugo Trent, Miss Cardwell und Snell – befinden sich zu diesem Zeitpunkt in der Halle. Wo aber waren die übrigen?«
    »Burrows befand sich, entsprechend seinen eigenen Angaben, in der Bibliothek. Überprüfen läßt sich diese Behauptung nicht. Die anderen befanden sich vermutlich auf ihren Zimmern – aber wer weiß, wo sie sich tatsächlich aufhielten? Jeder scheint allein für sich herunter gekommen zu sein. Sogar Lady Chevenix-Gore und Bury trafen sich erst in der Halle. Lady

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