Auch Schmetterlinge können weinen (Der romantische Heftroman für den Kindle) (German Edition)
doch sie hielt tapfer die Tränen zurück. Nur nicht vor einem Fremden zu weinen anfangen, sagte sie sich und holte tief Luft. Danach war ihr sogar ein wenig besser.
»Gut, dann gehe ich eben und überlasse Sie Ihrem Schicksal. Morgen...«
»Morgen werden Sie dann in der Zeitung lesen, dass sich eine junge Frau von der Brücke gestürzt hat«, unterbrach Karen ihn heftig.
Werner Bostel schüttelte den Kopf. »0h nein, das werde ich nicht«, widersprach er sanft. »Ich kann nämlich keine Zeitung lesen, weil ich blind bin. « Er konnte ihr Erschrecken fast körperlich fühlen. »Haben Sie das nicht bemerkt? «
»Ich ... Eigentlich habe ich gar nicht darauf geachtet«, gab sie kleinlaut zu. »Ich war zu sehr mit meinem eigenen Kummer beschäftigt. «
»Das kann ich verstehen. Wie heißen Sie überhaupt, Frau…? «
»Karen Fenders ist mein Name, aber der wird Ihnen nichts sagen. Ich bin ein Niemand und nicht verheiratet. « Betroffen senkte Karen den Kopf. Warum hatte sie das noch hinzugefügt? Warum sollte es diesen Fremden interessieren, ob sie verheiratet war? Wie dumm und unbeholfen kam sie sich auf einmal vor.
Sie merkte, wie seine Hand suchend am Geländer entlangtastete, bis sie ihre Hand erreicht hatte.
Karen erschrak, doch sie wich nicht zurück. Sie war plötzlich gar nicht mehr traurig, sondern eher müde. Sie wollte nicht mehr kämpfen und sich nicht am Abend bereits überlegen müssen, wovon sie am nächsten Tag ihr Brot kaufen sollte.
»Wenn ich mich recht erinnere, dann müsste hier irgendwo eine kleine Bank stehen. Wir könnten uns setzen und über Ihre Probleme sprechen. Vielleicht finden wir gemeinsam eine Lösung«, schlug Werner nach kurzer Überlegung vor.
Küren zuckte mit den Achseln. »Das wird zwar nicht viel Sinn haben, doch wenn Sie meinen, dann können wir es ja versuchen. Es besteht immerhin noch die Möglichkeit, dass Sie eine Arbeit für mich wissen. « Es sollte lediglich ein Scherz sein, doch als der Mann leise zu lachen anfing, schaute sie verwundert zur Seite.
»Ich finde das nicht lustig. Sie haben keine Ahnung, wie das ist, wenn einem plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Und wenn man dazu noch ganz allein auf der Welt ist, dann.. . «
» . . . geht man einfach ins Wasser. Hm, auch eine Lösung, zugegeben. Doch ob sie so originell ist, wie sie im ersten Augenblick erscheint, kann ich einfach nicht glauben. Ist es noch weit bis zur Bank? «
Karen schüttelte den Kopf, dann fiel ihr ein, dass er es ja gar nicht sehen konnte. »Wir sind gleich da. Ehrlich gesagt wundere ich mich, dass Sie mit mir reden möchten. Vor zehn Minuten wussten Sie noch gar nicht, dass es mich gibt. Warum haben Sie nicht einfach die Polizei gerufen? Die hätten mich dann bestimmt in die Klapse gesteckt.« Sie bemühte sich, betont burschikos zu reden, um ihre Unsicherheit damit zu überspielen.
»Zehn Minuten später hätte es Sie wahrscheinlich auch nicht mehr gegeben«, entgegnete der Mann trocken. Sein Gesicht drückte keinerlei Gefühlsregung aus.
Langsam tastete er sich mit seinem Stock vorwärts, und Karen entdeckte in seinen Augen jene Ratlosigkeit, die ihr bereits bei dieser ersten Begegnung ins Herz schnitt. Sie merkte gar nicht, dass ihr Arm wie selbstverständlich unter den seinen griff, um ihn zu der Bank zu führen, die am Ende der Brücke unter einer mächtigen alten Kastanie ihren Platz gefunden hatte.
»Wir sind da«, sagte die junge Frau leise. »Aber ich möchte nicht, dass Sie Ihre Zeit meinetwegen vergeuden.«
»Das müssen Sie schon mir überlassen, Karen. «
Vorsichtig setzte sich Werner auf die von der Frühlingssonne gewärmte Bank und lehnte sich dann zurück. Seine Hand tastete suchend nach dem Mädchen, das noch immer zögernd dastand und Werner Bostel ansah.
Der sagte: »Nun setzen Sie sich schon. Ich verspreche auch, dass ich nicht mehr versuchen werde, Sie von Ihrem Vorhaben abzubringen. Es ist ganz allein Ihre Entscheidung, ob Sie Ihr Leben behalten oder wegwerfen. « Nun glitt ein leichtes Lächeln über sein sonst so ernstes Gesicht. Es ließ ihn jünger und netter aussehen, und Karen verlor mit einem Mal ihre Furcht. Sie setzte sich neben den Fremden und fühlte sich auf eine seltsame Weise getröstet, obwohl sie noch gar nicht über ihren Kummer gesprochen hatte.
»Sie haben sie schon beeinflusst«, sagte Karen unsicher, »die Entscheidung, meine ich«, fügte sie noch als Erklärung hinzu. »Wie soll ich jetzt noch von der Brücke
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