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Auch sonntags Sprechstunde

Auch sonntags Sprechstunde

Titel: Auch sonntags Sprechstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Regenrinne vorhanden ist.«
    Es gab keine Regenrinne. Und das Fenster war viel zu schmal.
    Ich blickte hinauf und dann die Straße entlang, um nach einem Fensterputzer, Handwerker oder Dekorateur Ausschau zu halten.
    Die Straße lag verlassen da, nur eine alte Frau lief langsam mit einem Einkaufswägelchen entlang, von ihr konnte ich allerdings keine Hilfe in meiner mißlichen Lage erwarten.
    Geschlagen ging ich wieder die Treppe hinauf, ein Messer in der Hand. Ich versuchte, es durch den Türspalt zu drücken, um den Riegel zu bewegen. Es war unmöglich.
    »Sie brauchen eine Eisensäge«, sagte Mrs. Glossop neunmalklug.
    »So etwas habe ich nicht, Mrs. Glossop.«
    »Mein Arthur besitzt eine. Arthur ist sehr geschickt, gar nicht wie sein Vater.«
    »Und wo ist Ihr Arthur?« Ich war schön auf dem Wege zum Telefon.
    »Auf dem Lande. Er mußte Ferien machen wegen seiner Schwindelanfälle.«
    Ich kratzte mich am Kopf. »Was sollen wir nur tun? Ich kann Sie doch nicht hier drinlassen. Es ist niemand da, der das Telefon abnimmt.«
    »Sonst wäre es Ihnen wohl egal?«
    »Nein. So habe ich es nicht gemeint, überhaupt nicht so gemeint, Mrs. Glossop, wirklich nicht.«
    »Am besten rufen Sie die Feuerwehr.«
    »Die Feuerwehr?«
    »Jawohl. Dazu ist sie da.«
    »Ich dachte, nur bei Feuer.«
    »Nein. Es brennt doch kaum noch. Die Feuerwehr ist Mädchen für alles. Wenn Leute eingesperrt sind oder ihre Köpfe in einem Gitter festgeklemmt oder Schlüssel verloren haben. Mein Nachbar -er hat einen Lungenschaden von einem Schrapnell, das noch in seiner Lunge sitzt, kann kaum atmen, der arme Mensch -, andererseits ist er wirklich... «
    Ich wählte bereits neun neun neun.
    »Unfallstation!«
    »Hallo! Es handelt sich nicht um einen Unfall.«
    »Was wünschen Sie?«
    »Die Feuerwehr, bitte. Sagen Sie ihnen aber, daß es nicht brennt.«
    Dem Feuerwehrmann, der die aufregenden Einzelheiten des Falles notierte, schien sich kein Haar zu sträuben; es gab jedoch einige Schwierigkeiten, bis er die genaue Adresse niedergeschrieben hatte. Er sagte, sie kämen sofort.
    Ich wartete, nervös an den Nägel kauend, am Eßzimmerfenster, während Mrs. Glossop sich’s vermutlich gemütlich gemacht hatte. Zu meiner größten Überraschung erschien keine vier Minuten später unter Glockengeläut der größte Feuerwehrwagen, den ich je in unserer Straße erlebt hatte. Verteilt auf die verschiedenen Löschgeräte, hockte mindestens ein Dutzend behelmter und mit Beilen bewaffneter Feuerwehrmänner. Der Wagen hielt vor dem Haus. Innerhalb weniger Augenblicke war die bisher so einsame Straße bevölkert von neugierigen Menschen, die wie Kaninchen aus ihren Löchern gerannt kamen.
    »Haben Sie die Nachricht richtig erhalten?« fragte ich den Chef, einen wild aussehenden Feuerwehrmann, dem ich die Haustür geöffnet hatte.
    Er nahm ein Notizbuch aus der Brusttasche und blätterte dessen zerdrückte Seiten um. »Eine Person in einer Toilette eingesperrt.«
    »Ja, das stimmt.« Ich fragte mich, wozu er wohl all die Leitern und Wasserschläuche benötigen würde, die er mit sich führte.
    Ich ging, gefolgt von einem halben Dutzend Feuerwehrmännern, die Treppe nach oben.
    Ich zeigte auf die Tür, hinter welcher Mrs. Glossop saß. Der Chef rüttelte an der Klinke, »Feder futsch.«
    »Ich weiß.«
    Er befeuchtete seinen Bleistift mit Spucke und trug eine Notiz in sein Büchlein ein.
    »Wir werden die Kurbelleiter nehmen.«
    »Das Fenster ist zu schmal«, erwiderte ich geduldig. »Es ist eigentlich nur ein Oberlicht.«
    Er nahm überhaupt keine Notiz von mir. »’arry«, er deutete auf einen Mann seiner Kohorte, »geh mal ’raus und sieh dir das Fenster an.«
    ’arry und seine Kameraden liefen im Gänsemarsch mit ihren schweren Stiefeln die Treppe wieder hinunter. Die Minuten bis zu ihrer Rückkehr schienen endlos zu sein.
    »Zu schmal!« berichtete ’arry. »Wirklich nur ein Oberlicht.«
    »Wie wäre es mit einer Eisensäge?« schlug ich vor.
    »Nicht bei dieser Tür. Das schafft man nicht. Keine Säge würde den Riegel durchkriegen. Weiß wirklich nicht, warum so gebaut wird.«
    »Und was wollen Sie tun?«
    »Es tut mir leid, Sir, aber wir müssen Gewalt anwenden. Ich wende nicht gern Gewalt an, weil man nie weiß, welcher Schaden dadurch entsteht. Aber Gewalt müssen wir an wenden. Charlie!«
    Charlie, ein furchterregender Klotz, dem ich nicht im Dunklen hätte begegnen wollen, trat vor.
    »Jetzt bist du an der Reihe, Charlie!«
    »Wie heißt die Person?«

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