Auch sonntags Sprechstunde
und suchte nach dem versteckten Eingang.
Schließlich fand ich ihn, einen Katzensprung von meinem Wagen entfernt und unbeleuchtet. Verärgert und noch immer voller Shampoon nahm ich meine Tasche aus dem Wagen und stieß gegen die Tür.
Augenblicklich ging ein Fenster auf. »Können Sie nicht leise sein?«
»Nein, das kann ich, verdammt noch mal, nicht.« Ich war bereit, midi mit irgend jemandem zu streiten. »Wo ist die Nummer 2a?«
»Guter Himmel, das ist wieder sie! An der Ecke dort drüben. Na, dann viel Vergnügen!«
»Ich bin der Arzt!« sagte ich mit gekränkter Würde, während in meinem Magen das Shampoon blubberte.
»Und ich bin der Schah von Persien«, sagte die Stimme, und das Fenster wurde zugeknallt.
Ich läutete bei Nummer 2a. Einen Moment blieb alles still, dann kam jemand mit merkwürdigen, schnellen, leichten Fußtritten die Treppe herunter. An der Klinke ein Geräusch, Toto war offenbar betrunken oder schläfrig, oder gar beides, dann ging die Tür einen Spalt auf, nicht weiter. Das Gefühl von etwas Unheimlichem, Schleichendem, stieg in mir auf; schließlich ging ich manchmal ins Kino! Die Halle, Größe zwei mal vier Meter, war leer.
»Toto!« sagte ich.
Hinter der Tür kam ein Schäferhund hervor, den Kopf zur Seite gelegt.
Ich stand einen Augenblick da und dachte an das Shampoon und ob es wohl irgendwelche toxische Bestandteile enthielt, die geeignet waren, Visionen hervorzurufen. War es tatsächlich drei Uhr früh, stand ich wirklich in einer dunklen, fremden Behausung an einer Tür, die mir von einem Hund geöffnet worden war?
»Komm, Toto! Komm! Guter Hund!« sagte die Stimme, die ich am Telefon vernommen hatte. Es war also keine Halluzination.
Ich folgte hinter Toto die Treppe hinauf, er wartete jedesmal alle paar Stufen höflich auf mich, bis ich nachgekommen war, und führte mich an eine Tür, die er mit der Schnauze aufstieß.
Es war nicht wie in Sylvias Buch. Sie trug kein Versandhaus-Neglige. Sie trug überhaupt nichts. Sie lag in einem Rundbett, über ihr eine Spiegeldecke, auf einem schwarzen Fell.
»Guter Toto!« sagte sie. Dann schaute sie mich prüfend an.
»Es war wirklich sehr ungezogen von Herbert«, sagte sie, »mir nicht zu sagen, daß er verreisen würde.« Augenscheinlich machte sie sich über meine Person keine Gedanken, und ich hätte ihr gern erklärt, daß ich mich nach dem Shampoon-Getränk nicht eben wohl fühlte. »Ich hätte sterben können.«
»Sie werden vermutlich an dieser Entblößung sterben«, sagte ich warnend.
Sie holte sich vom Nachttischchen ein Diamantenhalsband und legte es sich um den Hals. »Ich wußte doch, daß etwas fehlte.«
Sie nickte mir aufmunternd zu. »Sie müssen keine Angst haben. Ich beiße nicht. Nun, nicht sehr, jedenfalls.«
Ich blieb, wo ich war. »Und was ist nun, Mrs... er...?«
»Du Bery. Sie dürfen Poppy zu mir sagen. Und Miss. Heiraten ist so ermüdend. Ich meine, sich wieder scheiden zu lassen und dann wieder zu heiraten. Schwierig und teuer, hat keinen Sinn, damit überhaupt erst anzufangen, wenn Sie wissen, was ich damit sagen will.«
Ich sah, was sie sonst noch sagen wollte und wußte nicht, wo ich mit meinen Augen hin sollte.
»Wollen Sie nicht Ihre Tasche abstellen?«
»Vielleicht brauche ich sie.«
Sie räkelte sich behaglich. »Was ich brauche, Liebling, befindet sich nicht in Ihrer Tasche.«
Ganz das hatte ich befürchtet.
»Miss Du Bery... «
»Poppy!«
»Also gut: Poppy. Warum haben Sie mich hergerufen?«
»Seien Sie nicht böse mit Poppy. Gay ist in Beirut, Pierre ist in einem dieser Sanatorien, er wurde tatsächlich zu dick, Jojo hat seinen Arm beim Polo gebrochen, Freddie hat eine kleine Bestie gefunden. Was sollte ich also tun?«
»Schlafen!«
»Ich war so unruhig. Und ich habe keine Schlaftabletten.«
»Oh, die kann ich Ihnen geben«, sagte ich erleichtert und öffnete meine Tasche. Der Inhalt rollte zu Boden. Ein halbes Dutzend Schulhefte, ein Springseil, einige Schokoladenpapiere und ein Regen von Bleistiftspitzern. Wie oft hatte ich den Kindern gesagt, nicht ihre Taschen in der Halle stehen zu lassen!
Sie kugelte sich vor Lachen, Tränen in den Augen.
Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. »Sie sind wirklich sehr nett. Ich wußte, daß Herbert mich nicht im Stich lassen würde.« Sie streckte mir ihre Arme entgegen.
»Kommen Sie, lassen Sie uns keine Zeit verlieren. Kommen Sie und behandeln Sie meinen schlimmen alten Schmerz.«
Ich sammelte die Schulhefte und das
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