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Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Titel: Auch unter Kuehen gibt es Zicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Michalke
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Mehr Pelz als Hund. »Wuua-wwuaa-uaa-uaaa.« Aufstehen. Haustür aufmachen. Zum Gartentor fetzen und dreimal ums Haus rum.
    Es schneit. Im August. Ich stelle mich barfuß auf meinen nagelneuen Fußabstreifer und warte, bis Nika ihre Runden gedreht hat und Billy mit seinem Kontrollgang fertig ist. Tor – check. Thujenhecke – check.
    »Billy!
    »Wwffff.«
    »Billy. Rein ins Haus!««
    »Grwf. Wuff! Wuff-wuff!«
    Ich bin mir nicht sicher, ob unsere Nachbarn uns lieben werden.
    Schau ma mal.
    Wir wohnen in einem kleinen Bungalow am Waldrand. Der Billy, die Nika und ich. Um den Garten verläuft ein schiefer Zaun, vor dem Wohnzimmerfenster stehen eine Eibe und ein Vogelhäuschen. Im Schuppen auf der Schattenseite vom Haus stapeln sich sieben Ster Brennholz. Schöne, trockene, dicke, von mir selber auf 33 Zentimeter Länge gesägte Buchenscheitl. Eine Reihe Fichte auch, zum Anzünden. Frieren wird’s uns nicht.
    Glück g’habt.
    Ich koche Kaffee in meiner kleinen Küche mit dem großen Fenster. Mein Nachbar kehrt den Schnee von seiner Terrassentür weg und nickt ein »Guten Morgen« rüber. Ich winke zurück.
    Ich trage meine Kaffeeschüssel zur Couch, schau aus dem Fenster und tu so, als könnte ich ein bisschen im Milchschaum versinken.
    Auf dem moosbewachsenen Baumstumpf im Garten liegt eine Haube aus Schnee. Von diesem Baumstumpf aus kann ich runter ins Dorf und am Kirchturm vorbei übers Tal schauen, bis zur Aiplspitz. Hinter dem Kirchturm sieht man den Miesing und die Rotwand. Meine Berge.
    Drei Jahre sind vergangen seit meinem ersten Almsommer.
    Ich bin ein bisschen herumgekommen ...
    Nach Indien zum Beispiel, um die Liebe hinter mir zu lassen. Und ins Tierheim, um mir jemanden zu suchen, der immer bei mir bleibt, treu und ergeben, egal, was kommt. Billy. Ein großer schwarzer, schwer erziehbarer Nicht-Labrador.
    Dann in eine neue Wohnung, weil die alte zu klein war.
    Von dort einen Winter allein auf eine Berghütte, weit hinter Oberaudorf, weil ich dachte, ich bin nicht mehr fähig zu einem Leben mit anderen Menschen. Mit so vielen Regeln. Zwängen. Lebensplänen. Vorstellungen, denen ich niemals gerecht werden kann. Autark wollte ich leben. Niemanden brauchen. Kein Strom. Keine Zufahrt im Winter. Keine Mitmenschen. Nur mein Hund, meine Motorsäge und sieben Kilo Haferflocken. Es hat reingeregnet in die Hütte, der Boden war verfault und die Kellertreppe weiß vom Schimmel.
    Und von der Hütte direkt in den vorläufigen finanziellen Ruin. Der Immobilienmakler Klonk hat mich von vornherein ausgelacht. Das hab ich nur nicht gleich gemerkt. Er ist ein weiser Mann. Einer, der das Geld und die Erfahrung am eigenen Leib sprechen lässt. Nicht die Worte.
    Dann, über einen Bandscheibenvorfall zurück ins Dachgeschoss meiner Eltern, und jetzt sind wir hier. Glück g’habt.
    Das Telefon klingelt. Nika nützt die Gelegenheit und schleift einen nassen, schleimigen Ast ins Wohnzimmer.
    »Hallo?«, sage ich in meinen Hightech-Hörer.
    Es ist der Hias.
    Er hat dieses Zögern in der Stimme.
    »Jaa, oiso, die Nelly ...«
    Donnerschwarze Wolken bauen sich vor mir auf.
    »... es schaut nimmer so guad aus.«
    Wenn ich den Hias noch richtig übersetzen kann, dann kann das alles heißen, auch, dass die Nelly notgeschlachtet werden muss.
    »Was is denn?«, frage ich, leise, aber drängend.
    »Jaaaa, sie konn hoit gor nimmer geh …«
    »Soll ich ’n Tierarzt anrufen?«
    »Jaaa, der war scho do. Sein Latein ist auch zu Ende, sagt er.«
    Was mach ich jetzt? Hias verlangt eine grundlegende Entscheidung von mir. Und zwar sofort.
    Ich rufe meine Tante an. … »Habt’s ihr eventuell Platz für die Nelly?«
    »Ja, freili. Konnst’ scho bringa.«
    Ein Hauch von Licht dringt durch die schwarzen Donnerwolken.
    »Danke!«
    »Geh, is doch logisch. Is halt leider bloß derweil, weil mir d’ Kiah hergeben. Aber da findst dann scho’ an Platz.« Sie klingt, als könnte gar nichts schiefgehen. Ich kann wieder anfangen zu atmen. Und höre, wie ich zu mir selber sage: »Des kriang ma scho.«
    Okay. Was als Nächstes?
    Einen Hänger.
    Mein Vater besitzt einen Pferdeanhänger. Der ist auf Malis Reiterhof geparkt. Die Mali ist meine Vorzeige-Großcousine. Sie ist nicht viel älter als ich, blond und immer mit Sommerfrische im Haar. Sie hat den beliebtesten Westernreitstall im Umkreis von 30 Kilometern, fünf eigene Pferde, drei Ziegen, die sie vor dem Schlachter gerettet hat, einen Hund, einen Haufen Katzen und Hühner und einen tollen Mann, der

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