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Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Titel: Auch unter Kuehen gibt es Zicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Michalke
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entdeckt. Und endlich ist mir klar, dass ich da drin nichts mehr transportieren kann. Keine Kuh zumindest. Gartenmöbel vielleicht.
    »Wegen mir kannst’ die Stühle schon drinlassen«, sage ich.
    »Naa, naa, ich räum’s scho raus«, sagt sie. Aber dabei nimmt sie meinen Arm in beide Hände, als hätte sie Angst, dass ich tatsächlich davonfahre mit dem Hänger. Und was wird dann mit den Gartenstühlen? Droben geht die Terrassentür auf und Hubert erscheint. Auf und ab marschierend, mit Telefon.
    »Wollt’st ihn überraschen mit den Stühlen?«, frage ich.
    »Naa«, murmelt sie. »Naa, der schimpft, wenn ich schon wieder so viel einkauf.«
    Ich nicke.
    Sie packt den ersten Stuhl an seinen folienumwickelten Beinen. Liebe und Wahrheit, denke ich flüchtig. Ein Siedlungsneubau fällt mir ein. Und dass ich mich entschieden habe, allein zu leben. Single mit Hund. Und wie’s wäre, wenn’s anders gelaufen wäre damals. Und das alles wegen einer Gartenmöbelgarnitur, am Freitagnachmittag.
    »Lass drin.«
    »Naaa.«
    »Mali. Wo willst’n die Stühle sonst hintun?«
    »Äh ...« Sie weiß es nicht.
    Ich telefoniere. Alle meine Mädel, die Pferde haben. Aber keine weiß auf Anhieb einen Hänger, den ich gleich haben kann. Scheibenkleister.
    Ich achte darauf, dass mein Blick nicht auf die Mali fällt. Ich mag die Mali. Es tut mir leid, dass ich sie wegen einem verfaulten Hänger in so eine blöde Situation gebracht habe.
    Vielleicht muss ich ohne Hänger auf die Alm fahren. Und gleich dort eine Entscheidung treffen ...
    Da fühle ich Malis Hand auf meinem Arm.
    »Nimmst halt mein’ Hänger.«
    »Mali... ich weiß nicht.«
    »Der Hubert fährt eh gleich weg, für’s Wochenende. Des passt scho.«
    Der Bus hat 67 PS, und Malis Hänger wiegt 930 Kilo. Laut Schein. Oh, oh.
    Lieber rufe ich ein zweites Mal meinen Mechaniker an.
    »Bist du dir sicher, dass der Bus das packt? 18 Prozent Steigung. Maximal. Forststraße.«
    Er überlegt. Kein gutes Zeichen.
    »Normal schon. Musst halt schaun.«
    »Okay.«
    »Wie g’sagt, wenn was is, rufst halt an.«
    »Ja, danke. Wird schon nix sein.«
    Unser immer gleicher Dialog. Warum ruf ich überhaupt noch an?
    Dann rollt Huberts Defender vom Hof. Schweigend fahren Mali und ich hinter die Reithalle und hängen ihren Hänger an.
    Glanzweiß, Alutop, lautlos zum Boden sinkende Ladeklappe. Ein Raumschiff.
    Mali atmet vier oder fünf Atemzüge. Dann gibt sie mir ihre Hand, aber ich drücke die ganze Mali an mich und steige in meinen Bus. Entschlossener, als ich jemals sein könnte, knallt die rote Fahrertür zu. Motor starten. Gang einlegen. Vorsichtig Gas geben.
    Oh, ja, das ist ein schwerer Hänger.
    In Zeitlupe zittere ich mich quer durch den Pferdehof und über den staubigen Feldweg vor zur Straße.
    Ich fahre auf Asphalt. Der Space-Hänger folgt mir. Nicht ganz freiwillig, habe ich das Gefühl. Ich stottere durch ein paar Dörfer. Ein paar kurze Anstiege über die Hügel. Und die ganze Zeit bete ich. Für mehr PS. Und dass die Polizei heut was anderes zu tun hat, denn ich weiß nicht, ob der Bus eine Stützlast eingetragen hat, die reicht für den Space-Hänger.
    Außerdem sehen wir aus, als hätte ich den Hänger geklaut.
    Die Autobahn. Schnell fließendes Blech links von mir. Die Auffahrt ist lang. Ich hole Schwung. Direkt neben mir tut sich eine große Lücke zwischen zwei Lkws auf. Ich bin drauf. A8 nach Süden.
    Kinder winken aus vorbeifahrenden Heckscheiben zu mir rüber. Handwerker schweben in weißen Lieferwägen an mir vorbei und zwinkern. Sogar ein Schweizer im schwarzen Audi geht vom Gas wegen mir. Ich erhöhe eine gute Stunde lang den Unterhaltungswert auf der Strecke zwischen München-Nord und Holzkirchen um 100 Prozent. Was werden sie erst machen, wenn ein Kuhschwanz hinten aus dem Hänger flattert?
    Ich fahre weiter. Über den Irschenberg im zweiten Gang.
    Und dann bin ich am Wanderparkplatz Mosswies’n.
    Atmen. Beten. Schweißflecken abtrocknen. Sollte ich diesen Hänger versehentlich in eine Schlucht kippen, kann ich mich für den Rest meines Lebens nach Slowenien absetzen.
    »Es hilft ja nix«, murmle ich. Also den untersten Gang rein und Gas.
    Es ist halb sechs am Nachmittag. Die Zeit der Bergjogger, vielleicht überholt uns gleich einer. Dann tut’s mir leid,aber ich kann weder schneller fahren noch anhalten. Gana-Wiesn
    Ganz ruhig weiterkriechen. Stetig wie ein Waldkäfer, der ein Spaceshuttle zieht. Die letzte Kurve. Letztes Steilstück. Weiderost.
    Drüber.
    Der

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